MacBest
Magrat.
»Es waren Thespisjünger«, stellte die junge Hexe fest. Ihre Stimme brachte dabei ein so hohes Maß an Anerkennung zum Ausdruck, daß der König automatisch nickte.
»Oh«, sagte er. »Gut.«
»Im Ernst?« flüsterte Nanny. »Sie sahen überhaupt nicht wie Thespisjünger aus.«
»Du solltest deine Unwissenheit besser verbergen, Gytha Ogg«, schniefte Oma Wetterwachs und wandte sich wieder dem Geist des Königs zu. »Entschuldige bitte, Euer Majestät. Es ist nur ihre Angeberei. Sie weiß nicht einmal, wo Thespis liegt.«
»Wo auch immer Thespis liegen mag – ich hoffe, dort versteht man sich darauf, jemanden mit der Kunst des Krieges vertraut zu machen«, sagte Verence. »Ich kenne Felmet. In den nächsten zehn Jahren gräbt er sich hier wie eine Kröte ein.«
Der König musterte die Hexen nacheinander. »In welches Königreich kehrt mein Sohn dann zurück? Ich höre schon jetzt, was daraus wird. Wollt ihr tatenlos beobachten, wie es sich verwandelt, wie es schäbig und gemein wird?« Verences schemenhafte Gestalt verblaßte.
Seine Stimme hing noch immer in der Luft, leise wie das Flüstern einer Brise.
»Denkt daran, gute Schwestern«, raunte es. »Das Land und der König sind eins.«
Dann verschwand er.
Das verlegene Schweigen endete, als sich Magrat die Nase putzte.
»Eins was?« fragte Nanny Ogg.
»Wir können nicht einfach die Hände in den Schoß legen«, sagte Magrat leidenschaftlich. »Die magischen Regeln spielen in diesem Zusammenhang keine Rolle mehr.«
»Es ist alles sehr ärgerlich«, gab Oma Wetterwachs zu.
»Ja, aber was willst du unternehmen?« fragte die junge Hexe.
»Ich werde nachdenken und mir alles gründlich durch den Kopf gehen lassen«, antwortete Oma.
»Schon seit einem Jahr denkst du darüber nach«, erwiderte Magrat.
»Eins was?« wiederholte Nanny Ogg. »Das Land und der König sind eins was?«
»Es nützt nichts, einfach nur zu reagieren«, murmelte Oma. »Man muß …«
Ein Karren rumpelte über den Weg von Lancre. Oma Wetterwachs achtete nicht darauf.
»… die Situation sorgfältig prüfen und alle Aspekte in Erwägung ziehen.«
»Du weißt gar nicht, was es jetzt zu tun gilt, oder?« meinte Magrat.
»Unsinn. Ich …«
»Da kommt ein Karren.«
Oma Wetterwachs zuckte mit den Schultern. »Ihr jungen Leute begreift nicht …«, begann sie.
Hexen verschwendeten keinen Gedanken an Verkehrssicherheit. Der auf den Straßen von Lancre herrschende Verkehr wich ihnen entweder aus oder wartete, bis sie zur Seite traten. Oma Wetterwachs war mit der unerschütterlichen Überzeugung aufgewachsen, daß es sich um ein ehernes Prinzip handelte. Sie starb nur deshalb nicht mit der Erkenntnis, einem Irrtum erlegen zu sein, weil Magrat über bessere Reflexe verfügte und sie in den Graben stieß.
Es war ein interessanter Graben. Er enthielt sich hin und her windende korkenzieherartige Dinge – direkte Nachkommen von Wesen, die in der primordialen Schöpfungssuppe gelebt hatten. Wer Grabenwasser für langweilig hielt, hätte hier eine erbauliche halbe Stunde mit einem leistungsstarken Mikroskop verbringen können. Brennesseln wuchsen dort. Und jetzt lag Oma Wetterwachs darin.
Sie kroch durchs Gestrüpp und bebte vor Zorn. Wie eine Venus Anadyomene kletterte sie aus dem Graben; der einzige Unterschied bestand nur darin, daß sie älter war und daß mehr Wasserlinse an ihr klebte.
»T-t-t«, sagte sie und richtete einen zitternden Zeigefinger auf den davonratternden Karren.
»Der junge Nesheley von Tintenkappe saß auf dem Kutschbock«, meinte Nanny Ogg, die in einem nahen Busch hockte. »Stammt aus einer recht wilden Familie. Seine Mutter war eine Wippel.«
»Er hätte uns fast überfahren!« entfuhr es Oma.
»Vielleicht wäre es besser gewesen, rechtzeitig zur Seite zu treten«, sagte Magrat.
»Zur Seite treten?« wiederholte Oma. »Wir sind Hexen! Die Leute weichen uns aus!« Sie platschte auf den Weg und zeigte noch immer zum fernen Karren. »Bei Hoki, ich werde dafür sorgen, daß er sich wünscht, nie geboren zu sein …«
»Ich weiß noch, daß er ein ziemlich großes Baby war«, murmelte der Busch. »Seine Mutter hatte es sehr schwer.«
»So etwas ist mir noch nie zuvor passiert.« Oma zitterte noch immer wie die gespannte Sehne eines Bogens. »Ich zeige ihm, was es bedeutet, die Fahrt einfach fortzusetzen, so als seien wir, als seien wir, als seien wir gewöhnliche Leute.«
»Er weiß es bereits«, erwiderte Magrat. »Bitte hilf mir jetzt, Nanny aus dem
Weitere Kostenlose Bücher