Mach doch - Roman
noch etwas Zeit schinden. Und darauf hoffen, dass Brody, der an der Schlafzimmertür stand, nicht gleich seine Waffe auf Jason richtete, wenn dieser kam.
Sie schauderte bei dem Gedanken und sah zwischen Brody und ihrer Schwester, die sich in die Lektüre des Tagebuches vertieft hatte, hin und her.
»Na, was ist?«, fragte Brody und verlieh damit Laurens Gedanken eine Stimme. »Irgendwelche Hinweise auf das Versteck der Diamanten? Wir sollten jetzt nämlich schleunigst abhauen.« Beth schüttelte frustriert den Kopf. »Das meiste kann man nicht mehr lesen, aber ich habe etwas über den Fluch und eine Opfergabe gefunden, und etwas weiter unten auf derselben Seite steht ›im Herzen des Hauses‹.«
Lauren unterließ es lieber, sie darauf hinzuweisen, dass sie ihr das bereits erzählt hatte.
Beth hob den Kopf. Ihr Blick war entrückt. »Denk nach. Denk nach!«, befahl sie sich selbst und hämmerte mit der Faust gegen ihre Stirn.
Brody richtete die Waffe auf Laurens Herz. »Ich schlage vor, wir nehmen Lauren alle Wertsachen ab, die sie bei sich hat, und verdünnisieren uns, solange es noch geht.«
Lauren brach der kalte Schweiß aus. Dann erspähte sie hinter Brody plötzlich Jason. Er blickte ihr eindringlich in die Augen, als wollte er ihr Mut machen, ehe er geräuschlos wieder verschwand.
»Also, was ist jetzt? Sie kann uns ohnehin nicht weiterhelfen«, knurrte Brody.
»Hör endlich auf, meine Schwester zu bedrohen«, kreischte Beth aus heiterem Himmel auf. Sie ließ das Tagebuch fallen und griff nach dem Schürhaken, der am Kamin lehnte. Lauren und Brody starrten sie wie vom Donner gerührt an.
Wie in Trance verfolgte Lauren, wie sich Beth auf Pittman stürzte und den Schürhaken auf seinen Schädel niederdonnern ließ. Ein grauenhaftes Knacksen zerriss die Stille, und eine Sekunde später sank Brody zu Boden.
Lauren musterte ihre Schwester entsetzt. Wer war diese Fremde, von der sie einmal gedacht hatte, sie würde sie kennen?
»Ich hatte ihn gewarnt«, murmelte Beth mit monotoner Stimme.
Lauren schluckte schwer. Wenn das Beths Art und Weise war, sich um sie zu kümmern, dann konnte sie darauf verzichten. Ihr Blick fiel auf die Pistole, die neben Brody auf dem Boden lag. Sie wollte sich danach bücken.
»Lass sie liegen!«, bellte Beth.
Lauren erstarrte in der Bewegung.
Dann richtete sie sich bedächtig auf, die Arme weit von sich gestreckt. »Ganz ruhig«, sagte sie. »Siehst du? Ich rühre mich nicht vom Fleck.«
»Aber ich.« Jason machte sich das allgemeine Durcheinander zunutze und hechtete ins Zimmer. Die Schusswaffe war für ihn außer Reichweite, also schnappte er sich stattdessen das Tagebuch, das Beth so verzweifelt gesucht hatte.
Mit einem schrillen Schrei hob Beth den Schürhaken über den Kopf, bereit, sich auf Jason zu stürzen. Dieser zögerte.
Rüstete er sich für den Schlag?
Oder würde er versuchen, Beth zu entwaffnen?
Er hätte es ohne weiteres mit ihr aufnehmen können – groß und stark genug war er allemal.
»Beth, nicht!«, rief Lauren, um zu verhindern, dass noch jemand verletzt wurde.
Als sie die Stimme ihrer Schwester vernahm, wandte sich Beth zu ihr um. »Warum nicht?«, fragte sie, als wäre das eine berechtigte Frage. »Er steht allen im Weg. Und außerdem ist er ein Corwin .«
»Aber ich liebe ihn«, stieß Lauren ohne nachzudenken hervor. Sie musste Beth davon abhalten, auf Jason loszugehen.
Doch ihre Worte hatten nicht den erhofften Effekt. Im Gegenteil. Beth heulte auf, als hätte man sie attackiert, und ging mit dem Schüreisen in der Hand auf Jason los.
Lauren warf sich ihr reflexartig vor die Füße, um sie zu Fall zu bringen. Der Schürhaken landete auf dem Boden. Jason hatte derweil das Tagebuch in den Kamin geworfen, in dem die Glut noch nicht ganz verglimmt war.
»Nein!« Beth rappelte sich auf und holte es mithilfe des Schürhakens hastig wieder heraus.
Doch es war zu spät. Die dünnen Seiten hatten bereits Feuer gefangen. Hastig schleuderte Beth das Buch von sich.
Es landete unter dem Fenster, und im Nu griffen die Flammen auf die alten, bodenlangen Vorhänge und Volants über. Lauren beobachtete das Geschehen mit Schrecken.
»Das Tagebuch!«, kreischte Beth und kroch auf allen vieren auf das Tagebuch zu.
»Halt!« Jason näherte sich ihr mit der Pistole in der Hand.
Lauren hatte gar nicht bemerkt, dass er sie an sich genommen hatte, so sehr hatte das Geschehen ihre Aufmerksamkeit gefesselt. Beth war es offenbar ebenfalls entgangen, und
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