Mach doch - Roman
hintere Verandatür stand sperrangelweit offen und schwang im Wind hin und her. Jemand hatte eine der Glasscheiben eingeschlagen, um durch das Loch zu greifen und sich auf diese Weise Einlass zu verschaffen.
Lauren fröstelte, und es hatte nichts mit den eisigen
Temperaturen im Haus zu tun. Sie konnte sich schon vorstellen, wer in das Haus eingebrochen war.
»Beth.« Lauren schüttelte den Kopf, bestürzt und wütend zugleich, weil sie ihre Schwester erneut falsch eingeschätzt hatte. Sie hatte nicht ernsthaft damit gerechnet, dass Beth herkommen würde.
Plötzlich – und, wie Lauren hoffte, unnötigerweise – bekam sie es mit der Angst zu tun. Sie musste hier raus. Allerdings nicht durch den Hintereingang. Der Boden war mit Glassplittern übersät, das Knirschen würde sie verraten. Außerdem fürchtete sie, sie könnte sich verletzen. Sie beschloss, zur Vordertür zu schleichen. Und sobald sie draußen war, würde sie Jason einweihen und mit ihm überlegen, was sie tun sollten.
Sie machte zwei Schritte rückwärts, ohne sich umzudrehen, und kreischte auf, als sie gegen jemanden prallte, der hinter ihr stand.
»Schnauze.« Sogleich wurde ihr der Mund zugehalten, so fest, dass ihr der Schmerz Tränen in die Augen trieb.
Sie zog in Erwägung, in die Hand zu beißen, die mit eisernem Griff ihr Kinn umklammerte, brachte aber den Mund nicht weit genug auf.
»Ich lasse jetzt los, und Sie werden gefälligst nicht mehr schreien, klar?«
Das war die Stimme von Brody Pittman! Lauren nickte.
Er ließ vorsichtig die Hand sinken.
Sie drehte sich zu ihm um und rieb sich die schmerzenden Wangen. »Wo ist Beth?«
»Im Schlafzimmer.« Pittman schob sie zur Seite und drückte ihr einen harten Gegenstand in die Seite. »Kommen Sie bloß nicht auf die Idee zu türmen.«
Er hatte eine Waffe.
Lauren kämpfte gegen die Übelkeit an, die in ihr aufstieg. Beth war ganz in der Nähe. Sie würde nicht zulassen, dass ihr etwas geschah. Woher willst du das wissen? , fragte eine leise Stimme in ihrem Kopf. Das waren doch alles nur Spekulationen.
Als sie an der Schlafzimmertür angekommen waren, verpasste Brody ihr einen unsanften Schubs. »Sieh mal, wen ich da draußen aufgegabelt habe.«
Lauren taumelte über die Schwelle. »Beth!«
»Lauren, warum musstest du unbedingt noch einmal zurückkommen?«, rief Beth. Sie hatte sich die Haare rot gefärbt.
»Ich habe mein Handy vergessen.« Lauren sah sich im Zimmer um. Die beiden hatten alles durchwühlt. Schubladen waren aufgerissen, ihre Sachen lagen über den gesamten Fußboden verstreut. »Was sucht ihr denn?«
»Das Tagebuch«, sagte Beth. »Gib mir einfach das Tagebuch, von dem du mir erzählt hast, und dann geh. Vergiss, dass ich hier war.«
Lauren blinzelte verblüfft. »Das kann ich nicht.«
»Natürlich kannst du. Dir bleibt gar nichts anderes übrig.«
»Sag mir erst, was so Wichtiges in diesem Tagebuch steht«, bat Lauren. Ihr schwirrten so viele offene Fragen durch den Kopf. »Warum hast du dich so aufgeregt,
nachdem ich es gefunden hatte? Und was hast du hier im Haus gesucht?«
Brody stöhnte verärgert auf. »Allmählich habe ich dieses Gelaber satt. Ihr Lover wartet draußen im Auto. Geben Sie uns einfach das Tagebuch, Lauren!« Er schwenkte die Knarre, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen.
Lauren sah zitternd zu ihrer Schwester.
»Nimm die Waffe runter, du Idiot!«, befahl ihm Beth in strengem Tonfall.
Brody ließ folgsam die Pistole sinken, war aber sichtlich auf der Hut.
Beth sah ihrer Schwester in die Augen. »Hör zu, ich weiß, dass du sauer bist … «
Lauren stieß unwillkürlich ein schrilles Lachen hervor. »Du weißt gar nichts über mich, denn sonst hättest du mich nicht Monat für Monat den seelischen Qualen ausgesetzt, dich in der geschlossenen Abteilung besuchen zu müssen. Ich dachte, du wärst für immer geistig weggetreten.« Ihr stiegen Tränen in die Augen. Lauren wischte sie mit dem Jackenärmel ab.
Beth zuckte beinahe entschuldigend die Achseln. »Tja, falls es dich tröstet, bis vor zwei Monaten war ich tatsächlich geistig weggetreten. Aber sobald ich einigermaßen klar denken konnte, wurde mir klar, dass ich mich um mich und meine Zukunft kümmern muss. So wie ich mich immer um dich und deine Zukunft gekümmert habe.«
Lauren dröhnte plötzlich der Kopf, und mit jedem Wort ihrer Schwester wurde das Pochen in ihren
Schläfen schlimmer. »Du glaubst, du hättest dich um mich gekümmert?«
»Natürlich! Du hast doch ständig
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