Mach doch - Roman
auseinandersetzen.
Und was wäre dazu besser geeignet als eine versöhnliche Geste gegenüber Edward? Das hätte er schon viel eher tun sollen. Und vor allem hätte er nicht
versuchen sollen, Clara als Puffer zu missbrauchen, nur weil er so ein Feigling war. Weil er sich seit Jahren scheute, das Gespräch mit seinem Bruder zu suchen. Thomas hatte Clara vorhin im Crescent Moon gesehen; er würde Edward also allein zu Hause antreffen.
Während er der langen Einfahrt folgte, stellte er erfreut fest, dass die Jujus, die sein Bruder als Schutz vor dem Fluch in den Bäumen aufgehängt hatte, verschwunden waren. Daraus schloss er, dass die medizinische Behandlung und die Therapie Wirkung zeigten und Edward auf dem Weg der Besserung war.
Thomas hielt den Wagen an, stieg aus und ging auf die Haustür zu. Aber noch ehe er die Klingel betätigt hatte, trat Edward auf die Veranda – »bewaffnet« mit seinem Stinktier.
»Hau ab«, befahl er und hielt den Skunk wie ein Schutzschild vor sich in die Höhe.
Stinky Pete, so hieß der schwarz-weiße Vierbeiner, war Edwards Geheimwaffe, um ungebetene Gäste zu vertreiben. Doch Thomas zeigte sich wenig beeindruckt, wusste er doch, dass man dem Tier die Analdrüsen entfernt hatte. »Nimm den armen Kerl runter und lass mich rein.«
»Den Teufel werde ich tun.« Edward musterte seinen Bruder mit einem überraschend wachen Blick. Er war rasiert, und sein Haar war ordentlich geschnitten und gekämmt.
Thomas fand es betrüblich, dass Edward glaubte, sich gegen ihn mit einem Stinktier schützen zu müssen, aber er schwor sich, nicht klein beizugeben.
»Ich möchte dir etwas sagen, und ich werde nicht gehen, ehe du mich angehört hast.« Thomas verschränkte die Arme vor der Brust. »Du kannst mich also reinlassen und mir zuhören, oder wir können meinetwegen den ganzen Tag hier draußen herumstehen. «
Edward runzelte die Stirn.
»Je eher du eine Entscheidung triffst, desto schneller bist du mich wieder los«, fügte Thomas hinzu. Etwas anderes wollte ihm partout nicht einfallen, um Edward zu überzeugen.
»Komm rein«, knurrte Edward, machte auf dem Absatz kehrt und marschierte zur Tür. An der Schwelle setzte er das Stinktier ab, das zu Thomas’ Erleichterung sogleich wie der Blitz nach draußen spurtete.
Thomas folgte seinem Bruder hastig, bevor dieser es sich noch einmal anders überlegen konnte.
Als er eintrat, stach ihm sogleich die ungewohnte Ordnung ins Auge, die im Haus herrschte. Er war zwar nicht oft hier gewesen, aber er erinnerte sich, dass Edwards Heim bis obenhin mit allerlei Kram aus der Vergangenheit vollgestopft gewesen war. So war es jedenfalls bei Jasons Rückkehr nach Stewart im Juni dieses Jahres noch gewesen, und selbst Clara hatte es nicht geschafft, für etwas mehr Ordnung zu sorgen. Bis jetzt.
»Hier hat sich ja einiges getan«, bemerkte er vorsichtig.
»Clara hat im ganzen Haus Kerzen und Duftkram aufgestellt«, brummelte Edward.
Thomas nickte. »Hat sie auch aufgeräumt?«
»Nicht nur sie; eine ganze Menge ging auf mein Konto. Du weißt ja, hin und wieder muss man sich von seinem alten Krempel trennen«, sagte Edward mit einer ausholenden Handbewegung. In der Tat waren Tische und Regale nicht mehr zugemüllt, sondern fast leer. »Aber du bist bestimmt nicht hergekommen, um über meine Fähigkeiten als Hausmann zu reden. Was willst du?«
Er dachte offenbar gar nicht daran, Thomas den Mantel abzunehmen. »Ich möchte … mich entschuldigen. Für so einiges.«
»Die Vergangenheit lässt sich nicht ungeschehen machen«, brummte Edward.
Thomas nickte, wiederum erstaunt über die neu gewonnene geistige Klarheit seines Bruders.
Ein Funke Hoffnung regte sich in ihm. Vielleicht bestand ja doch eine Chance auf Versöhnung. »Stimmt. Aber ich möchte die Zukunft ändern.«
»Wie denn? Indem du Clara nachsteigst?« Edward wandte sich mit steifen Schultern um und ging ins Wohnzimmer, als wollte er etwas Distanz zwischen ihnen schaffen.
»Nein, das habe ich nicht vor«, entgegnete Thomas.
»Was dann? Willst du mich in den Wahnsinn treiben, indem du Interesse an ihr simulierst?« Edward vergrub die Hände in den Hosentaschen.
Thomas schnaubte ungläubig in Anbetracht der Ironie, die der Frage seines Bruders innewohnte. »Ich hatte genau das Gegenteil beabsichtigt. Du lebst mit
Clara unter einem Dach. Sie kümmert sich um dich, und in meinen Augen ist es ganz offensichtlich, dass du etwas für sie empfindest. Du reagierst eifersüchtig, aber wenn es
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