Mach doch - Roman
einzige Bemerkung von seinem alten Herrn hatte gereicht, um all seine Unsicherheiten und den Frust über seine Fehlentscheidungen auf einen Schlag wiederaufleben zu lassen.
Nicht dass er nicht ohnehin täglich daran dachte, wie kläglich er versagt hatte. Aber seit Laurens Rückkehr
hatte er es geschafft, den Gedanken daran wenigstens zeitweise zu verdrängen.
Bis jetzt. »Was gibt es da wohl groß, auf das man stolz sein könnte? Welche tollen Entscheidungen habe ich getroffen, die dir Grund zu der Annahme liefern sollten, dass ich geeignet wäre, auf dich aufzupassen? Ich habe mich von einer Frau austricksen lassen und mir damit die Möglichkeit verbaut, mein allergrößtes Ziel zu erreichen. Ich habe mein halbes Leben damit zugebracht, auf meinen großen Moment hinzutrainieren, und dann habe ich die Chance vertan. Und alles nur, weil ich nicht mit dem Kopf gedacht habe, sondern mit meinem … Ach, egal.« Er erhob sich und ging zu dem Fenster, an dem sie vorhin gestanden hatte.
»Warum machst du dir solche aus der Luft gegriffenen Selbstvorwürfe? Hast du je mit Drogen gehandelt oder selbst welche konsumiert? Hast du gelogen und betrogen? Nein! Ich lasse nicht zu, dass du dich so schlechtmachst«, echauffierte sich Lauren. »Wo kommt denn plötzlich diese negative Einstellung her?«
»Sie war immer da. Seit das olympische Komitee meinen Einspruch abgewiesen hat … Und seit mir klar ist, dass mir nie wieder jemand glauben wird. Ich habe es mir nur nicht anmerken lassen.« Er starrte aus dem Fenster, in die Dunkelheit hinaus. »Ich habe es ja sogar vor mir selbst verleugnet.«
Lauren ging zu ihm und legte ihm eine Hand auf die Wange. »Jason, du warst immer der ehrlichste
und zielstrebigste Mensch, den ich kenne. Die Entschlossenheit in Person. Ich würde dir mein Leben anvertrauen. Wie kann es sein, dass du dir selbst nicht mehr vertraust?«
Doch statt ihn zu trösten, erinnerten ihn ihre Worte nur erneut an seine Fehler. Daran, dass er kein Ziel, keinen Traum mehr hatte.
»Ich habe den Glauben an mich verloren, weil ich zugelassen habe, dass man mir meine Ziele genommen hat, und ich habe es nicht geschafft, mir neue zu stecken.« Damit drehte er sich um und ging hinaus.
Zwei Tage lang herrschte angespanntes Schweigen zwischen ihnen. Um die Zeit zu überbrücken, bis sie etwas Neues von Beth hörten, arbeiteten sie wie besessen. Der Versicherungsgutachter kam, machte ein paar Fotos, die er bei den Zuständigen einreichen wollte, und versprach, sich bald zu melden. Laurens Nerven lagen blank, aber irgendwie schaffte sie es weiterzumachen. Der Gedanke an Paris trieb sie an. Sie musste sich auf den ersten großen Auftritt ihrer Kollektion konzentrieren, denn hier in Perkins war das Leben völlig aus den Fugen geraten.
Seit der Unterhaltung nach dem Besuch in Bricksville hatte sich Jason zurückgezogen. Sie schliefen im selben Bett, doch er startete keinerlei Annäherungsversuche, und wenn sie sich im Schlaf auf ihn rollte, schob er sie von sich. Sie hätte ihm dankbar sein sollen, dass er ihr den Freiraum ließ, um den sie ihn gebeten hatte.
Doch sie war es nicht.
Er war ein Mann, der von seinen eigenen Dämonen verfolgt wurde. Dämonen, die er lange hinter einer tapferen Fassade versteckt hatte. Der Kommentar seines Vaters hatte die Illusion platzen lassen, mit der Jason gelebt hatte.
Sein Kummer schmerzte Lauren, und sie war überrascht, weil er nicht wahrhaben wollte, dass die Worte seines Vaters hundertprozentig den Tatsachen entsprachen.
Ganz abgesehen davon ärgerte sie sich über sich selbst. Darüber, dass sie sich nun doch auch auf emotionaler Ebene mit Jason eingelassen hatte. Es würde ihr die Trennung von ihm nur umso schwerer machen.
Als Jason am darauffolgenden Morgen in die Küche kam, wartete Trouble schon ungeduldig auf sein Frühstück. Jason konnte beim besten Willen nicht verstehen, wieso sich der Kater mit derartigem Heißhunger über sein Dosenfutter hermachte. »Na, besser du verdrückst das Zeug als ich«, brummte er.
Er trommelte seine Crew zusammen und verteilte die anfallenden Aufgaben. Er selbst wollte die Verhandlungen mit dem Sachverständigen der Versicherung führen. Je eher sie eine Einigung erzielten, desto rascher konnten sie die Arbeit in dem vom Feuer zerstörten Bereich angehen. Wenn sie fristgerecht fertig waren, würde Lauren das Haus verkaufen, und dann war sie aus seinem Leben verschwunden.
Das Ende nahte.
Er machte sich nichts mehr vor. Und er war Lauren
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