Mach doch - Roman
hatte. Stundenlang hatte sie ihrer Schwester Vorträge gehalten und nie bemerkt, dass sie ihr etwas vormachte.
Lauren straffte die Schultern und machte sich auf den Weg in die Vorhalle. »Lass nur, Jason, er hat ja Recht. Alle haben Recht.«
Jason warf ihr einen dankbaren Blick zu. »Lauren übt sich in Nachsicht; du solltest dasselbe tun.«
Lauren lächelte. »Nun, wie ich sehe, haben Sie beschlossen, dieses Haus doch noch zu betreten. Woher der Sinneswandel?«
Thomas errötete.
Hank dagegen schien keine Scham zu kennen. »Wir wollten mal sehen, wie es Jason geht. Man stelle sich vor, wenn diese Verrückte hierherkommt und herausfindet,
dass ihr zwei ein Paar seid! Diese Erkenntnis lässt sie womöglich vollends überschnappen. Falls sie nicht ohnehin schon übergeschnappt ist.«
Bei seinen Worten bekam Lauren eine Gänsehaut. »Oh, Gott, Jason, was ist, wenn sie dich erkannt hat? Wenn sie es bereits weiß?«
»Erkannt? Wie sollte sie?«, wunderte sich Thomas.
Jason legte Lauren beschwichtigend eine Hand auf den Arm, und diesmal war seine Berührung eindeutig eine Wohltat.
»Lauren und ich haben ihre Schwester im Gefängnis besucht«, erklärte er.
Hank riss die Augen auf. Dann streckte er ruckartig den Arm aus und verpasste Jason einen Klaps auf den Hinterkopf. »He, womit hab ich das verdient?« Jason rieb sich den Schädel.
»Wie konntest du nur so dämlich sein und eine Perkins im Gefängnis besuchen?«, zeterte Hank.
Lauren spürte, wie das Blut in ihren Schläfen pochte. »Hören Sie, wir haben Jasons Nachnamen nicht erwähnt, es ist also durchaus möglich, dass … «
»Vergesst es! Als die Polizei hier voriges Jahr eine Hausdurchsuchung gemacht hat, hat man Akten über fast alle Bewohner der Stadt gefunden, insbesondere über die Corwins. Glaub mir, Jason, sie weiß, wer du bist.«
Lauren hatte das dumpfe Gefühl, dass Hank Recht hatte.
»Kann es sein, dass euer Besuch sie so aufgeregt hat, dass sie ausgebrochen ist?«, fragte Thomas, der wie
üblich die Höflichkeit in Person war und versuchte, die Angelegenheit von der rationalen Seite anzugehen.
Lauren zuckte die Achseln. »Macht das einen Unterschied? Sie läuft frei herum, und sie hat offensichtlich irgendetwas vor, auch wenn ich keine Ahnung habe, was. Sie hat ja nie ein Wort mit mir gewechselt.« Sie schwieg einen Augenblick und überlegte, was sie über ihre Schwester wusste. »Zweierlei kann ich allerdings ganz sicher sagen.«
Sechs Augenpaare starrten sie gespannt an.
»Erstens«, fuhr Lauren mit einer entsprechenden Handbewegung fort, »würde mir Beth kein Haar krümmen, und sie ist bestimmt nicht so dumm, hierherzukommen. Und zweitens … «
»Das Mädel hat ja ganz schön viel Vertrauen in diese … «
»Schluck es einfach runter, Onkel Hank.« Jason packte seinen Onkel am Ellbogen und bugsierte ihn zur Tür. »Danke, wir wissen es zu schätzen, dass du vorbeigekommen bist, aber wie du siehst, geht es uns bestens, und außerdem sind draußen zwei Polizisten stationiert.« Er deutete auf das Stück Straße, das durch das Fenster neben der Tür zu sehen war. »Ihr könnt also beruhigt nach Hause fahren und ins Bett gehen.«
»Aber … «
»Kein Aber. Ich rufe euch morgen früh an, damit ihr wisst, dass es uns gutgeht«, sagte Jason mit fester Stimme.
Thomas nickte. »Er hat Recht. Lass uns gehen.«
Die beiden Männer waren schon an der Tür, da drehte sich Jasons Vater noch einmal um. »Miss Perkins?«
»Ja?«, sagte Lauren überrascht.
»Sie können ganz beruhigt schlafen gehen. Bei Jason sind Sie in guten Händen. Er wird schon alles richtig machen.« Thomas nickte seinem Sohn zu, dann führte er seinen Bruder hinaus.
Als die beiden gegangen waren, kehrte Lauren ins Wohnzimmer zurück. Jason folgte ihr und setzte sich auf das Sofa.
Während sie sich neben ihm niederließ, sann sie darüber nach, was Thomas Corwin gesagt hatte, und über die Zuneigung, die sich dabei in seinen Augen gespiegelt hatte. Bedingungslose Liebe und Akzeptanz, das war etwas, das sie von ihren Eltern nie erfahren hatte, und sie brauchte auch in Zukunft nicht darauf zu hoffen. Lauren war froh, dass Jason in dieser Hinsicht mehr Glück gehabt hatte als sie.
Sie lächelte. »Dein Dad ist stolz auf dich.«
Jason wandte den Blick ab. »Ich wüsste nicht, weshalb er stolz auf mich sein sollte.«
Sie blinzelte verblüfft. »Was? Warum nicht? Auf einen Sohn wie dich wäre doch jeder stolz.«
Er legte den Kopf schief und suchte nach Worten. Eine
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