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Mach mal Feuer, Kleine - Roman

Mach mal Feuer, Kleine - Roman

Titel: Mach mal Feuer, Kleine - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Smaus
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hat’s gut, dessen Mutter betteln geht, sie bringt ihm das Brot, zur Arbeit muss er nicht   … Auch war die Narbe auf Anetkas Bauch noch zu frisch, und jedes neue Kind würde weitere Narben hinterlassen, hässliche Male |291| über ihrem Schamhügel. Diese Narbe ging Andrejko durch den Kopf, diese Narbe, der Prager Hauptbahnhof und Imro und Marián, die seine Liebste hatten verkaufen wollen, das sagte er sich, wenn ihn wieder einmal die Traurigkeit überfiel. Er wollte keine Hunde essen, er wollte kein
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sein, er wollte nicht betteln. Der Lärm der Motorsägen, der Rauch, der ihm aus den brennenden Ästen in die Augen stieg, und die Schreie der verzweifelten Vögel, die in den Kronen der gefällten Bäume ihre Nester suchten, taten ihm von Freitag zu Freitag, wenn er auf seine Lohntüte wartete, etwas weniger weh.
    Nur manchmal, wenn er erschöpft am Waldrand stehen blieb, wenn über dem Kyčera die Sonne blutrot unterging und im Tal die Kirchenglocke von Poljana läutete, wenn er an einer Quelle kniete und sich Wasser ins müde Gesicht spritzte, wenn er die Augen schloss und dem Wind lauschte, wie er durch das hohe Gras auf der Hochweide pfiff, nur dann wurde ihm schwer ums Herz, dass er sich so billig hatte kaufen und anketten lassen, dass er so schnell das Atmen und das Leben aufgegeben hatte   …
    Aber er war Papa geworden, und für seine beiden Mädchen hätte er alles getan. Jetzt brach er jene Brücken ab, die ihn mit Onkel Štefan und den beiden Cousins verbanden, erneut tastete er seine Seele ab, an welcher Stelle damals seine Wurzeln gekappt und die Fäden zerrissen worden waren, und er fühlte, dass er auf dem richtigen Weg war. Die Kleine besaß das teuerste Spielzeug, das sich auftreiben ließ, in Snina hatten sie ihr den schönsten Puppenwagen und die hübschesten Kleidchen gekauft. Auch wenn sie sich häufig das Abendessen vom Munde absparen mussten, für Spielzeug und Kinderkleider war ihnen kein Geld zu schade   …
    Manchmal, wenn Anetka es erlaubte, rollte sich Andrejko |292| nach dem Liebemachen in ihren Armen zusammen, spielte mit ihren prallen Brüsten, drückte und knetete sie, herzte sie mit seiner Zunge und kostete die süße Milch. Anetka streichelte seine Locken und spürte, wie er an ihr saugte, sie spürte die Nässe in ihrem Schoß, und sie lächelte glücklich   …
     
    Andrejko hatte niemandem erzählt, dass bei ihnen eingebrochen worden war. Als wäre der Einbruch etwas, wofür er sich schämen müsste, als hätte er selbst etwas Schlimmes getan. Daher war er wie vom Donner gerührt, als ihn eines Tages der junge Lipčak beiseite nahm: Du, Dunka   … neulich hat einer rumerzählt   … frag nicht, wer’s war   … bei Zigeunern einbrechen macht man nicht!   … Wir haben ihn ins Gebet genommen   … das hier ist für dich, sagte er und steckte ihm ein Bündel Banknoten zu, das von einem Gummiband zusammengehalten wurde. Er schien noch etwas sagen zu wollen, aber dann überlegte er es sich anders und ging davon. Andrejko brachte kein Wort heraus und wollte seinen Augen nicht trauen, denn er hielt viel mehr Geld in der Hand, als ihnen damals gestohlen worden war.
    Am nächsten Tag, als die Männer vor dem Regen Unterschlupf suchen mussten, tauchte eine neue Petroleumlampe auf. Die gehört dir, sagte einer, und Andrejko sah sich um und wusste nicht, bei wem er sich bedanken sollte. Schließlich steckte er sie unter seinen Pullover und stellte sie abends auf den Tisch. Anetka und er hatten wieder Licht. Alle beobachteten anerkennend, wie Andrejko jeden Morgen zur Arbeit ging, und eines Tages wurde ihm ein Körbchen mit Windeln und Kleidern für die Kleine zugeschoben, für Anetka fanden sich Erdbeermarmelade und Honig darin, man fing an, ihren Gruß zu erwidern   …
    |293| Auf der Arbeit lagen die Männer Andrejko in den Ohren: Mochte er auch mit Anetka in wilder Ehe leben und mochten sie nur ein Mädchen haben, er sei trotzdem zum Mann geworden und Familienoberhaupt, sagten sie, und das müsse gefeiert werden. Am Freitag, gleich nach der Lohnauszahlung, musste er mit in die Schenke. Du solltest sie taufen lassen, sagte Paľo Jasenčák unterwegs und bot sich gleich als Patenonkel an. Andrejko wurde schwindelig, Paľos Angebot machte ihn sprachlos, aber in die Kirche wollte er nicht. Er spürte immer noch die bohrenden Blicke im Rücken, er sah immer noch den ledernen Beutel mit den goldenen Quasten vor seiner Nase baumeln   …
    Die Männer hatten noch nicht mal

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