Mach mal Feuer, Kleine - Roman
Platz genommen, und schon bestellten sie Wacholderschnaps, sie kippten ein Gläschen nach dem anderen herunter und Andrejko musste mithalten, von Zeit zu Zeit aßen sie eine Scheibe Brot mit Speck dazu, wie sie es gewohnt waren. Andrejko sah alles gestochen scharf und lichtdurchflutet, am liebsten hätte er die ganze Welt umarmt, aber der ungewohnte Schnaps stieg ihm rasch zu Kopf, machte seine Zunge schwer und ließ aus dem gleißenden Licht eine trübe Dunkelheit werden. In Poljana trank man schnell, wortlos und bis zur Neige, wie die Muschiks in der alten Rus unter Väterchen Zar, unter dem Schutz des strengen, aber gerechten
Bog gospodin
, des Herrgotts. Einmal hatte ihm Paľo erklärt, warum sie Schnaps tranken: um nicht ins Schwitzen zu geraten, wenn sie in ihren Stiefeln durch den Schlamm stapften, und dann in den feuchten Hemden zu frieren; um sich nicht wochenlang mit schmerzendem Rücken im Bett zu quälen, deswegen mussten sie ausgetrocknet sein, deswegen tranken sie weder in der Schenke noch zu Hause Bier …
Alles drehte sich um ihn, und auf einmal, als hätte man |294| ihm mit einem Beil eins übergezogen, brach Andrejko zusammen und kippte vom Stuhl wie ein frisch gefällter Baum. Die Holzfäller richteten ihn auf, spritzten ihm kaltes Wasser ins Gesicht und brachten ihn nach Hause, damit er nicht im Gebüsch einschlief, denn die Nacht war kalt und bis zum Morgen war es noch weit.
Nachdem sie der erschrockenen Anetka ihren Andrejko in die Arme gelegt hatten und wieder in die Schenke zurückgekehrt waren, empfing sie gleich an der Tür Geschrei und Gejohle. Saša Jankura, Miro Lipčak und Ivan Bielčik amüsierten sich auf ihre Kosten, was seien das für Waldarbeiter, die nicht mal ein Schnäpschen abkonnten … Nicht jeder ist ’n Schmied, der verrußt herumrennt, höhnten sie. Die Holzfäller setzten sich ruhig hin und tranken wortlos weiter, auf ihr Wohl und auf das Andrejkos, aber als Ivan Bielčik ihnen ein Glas Milch bringen ließ, lief das Fass über.
Paľo Jasenčák stand auf. Er war der Älteste und musste als Erster aufstehen, er wankte zum Nebentisch, wartete kurz, bis sich sein Gleichgewicht wieder eingefunden hatte, und dann hob er das Glas und kippte es in das erstbeste Gesicht. In der Schenke wurde es still, für so etwas wurde mit Blut bezahlt. Jankura und seine Freunde standen auf, auch die Holzfäller erhoben sich langsam, sie standen sich alle mit blutunterlaufenen Augen gegenüber, schnaubten vor Wut und waren außer sich vor Zorn. Und dann trat einer gegen einen Stuhl. Während die Scheiben in den Fenstern barsten, Aschenbecher, Schnapsgläser und abgebrochene Stuhlbeine auf erhitzte Köpfe niedersausten, Männerarme durch die verrauchte Luft wirbelten und Blut über Paľos vom Schnaps ausgedörrtes Gesicht lief, saß Anetka trotzig in einer Ecke des Wohnwagens und Andrejko stöhnte leise im Bett.
|295| Eines Tages brachte Andrejko einen kleinen Kater mit, eine flauschige Kugel mit blauen Augen. Sie stellten ihm einen Schuhkarton unters Bett, den sie mit Stofffetzen und Heu ausgelegt hatten, aber der schreckhafte kleine Kater verzog sich lieber hinter den Schrank und machte vor lauter Angst dort sein erstes Pfützchen. Erst als er Hunger bekam, gelang es Anetka, ihn mit warmer Milch hervorzulocken, er sträubte sich nicht mehr und tapste vorsichtig zum Schüsselchen, das er erst verließ, nachdem er es leer geleckt hatte.
Bald hatte er sich eingelebt. Er rieb sich gerne an Anetkas Beinen und sprang auf ihren Schoß, ließ sich hinter den Ohren kraulen. Auch die Kleine mochte er, vielleicht, weil auf ihrem Teller die besten Sachen liegen blieben, vielleicht auch, weil sie die Kleinste war und so wunderbar duftete, manchmal machte er sogar ein Nickerchen in ihrem Bettchen oder nahm ein Sonnenbad in ihrem Kinderwagen. Als Anetka zum ersten Mal sah, wie der Kater in den Kinderwagen sprang und ihn ins Wanken brachte, wäre sie fast ausgeflippt, sie schrie Andrejko an, das Vieh erdrückt die Kleine oder es zerkratzt sie, Andrejko solle das dreckige Monster schleunigst dahin zurückbringen, wo er es herhatte. Aber je länger sie sich um den Kater kümmerte, desto nachsichtiger wurde sie, der Kater lief fröhlich hinter ihr her, spielte mit ihrem Schatten und jagte nach ihrem Rockzipfel; wenn sie ihn hinter den Ohren kraulte, schnurrte er vor Behagen, und wenn sie wegging, begleitete er sie ein Stück des Weges. Manchmal stromerte er umher, suchte im Gebüsch nach
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