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Mach mal Feuer, Kleine - Roman

Mach mal Feuer, Kleine - Roman

Titel: Mach mal Feuer, Kleine - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Smaus
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lauerte die Strafe, die Stöcke,
čagany
, die einem den Rücken weich klopften, und lodernde Flammen, die aufs Dach ihrer Hütten sprangen. Für diese Strafe brauchte man keine Gendarmen, keine Gerichte und kein überflüssiges Gerede, die Strafe folgte dem Verbrechen auf dem Fuße, damit sich die Dunkas die Verbote besser merkten.
    Nur ein einziges Mal hatten die Dunkas einen Gendarmen geholt, sie sagten, ihr Gejza sei vom alten Jankura zusammengeschlagen und verstümmelt worden, ihr Gejza, der niemals jemandem auch nur ein Haar gekrümmt hatte, über seinem Kopf schwebte ja fast ein Heiligenschein, so gütig sei er, und der Jankura hätte sich nur deswegen an ihm vergriffen, weil er die Zigeuner nicht mochte, sagten sie. Die Gendarmen kamen, aber der alte Bauer erwiderte ruhig, ja, er habe jemanden mit dem Stock verdroschen, aber keinen Zigeuner, sondern einen Dieb, und die Wachmänner legten schweigend die Hände an die Mützen und machten sich davon.
    Der alte Laco sagte:
Te den, olja, ten maren, denaš   …
Wenn man dir gibt, nimm, wenn man dich schlägt, lauf weg   … Aber die Gadsche in Böhmen waren so dumm. Sie schlugen niemanden, und häufig reichte es, die Hand auszustrecken, und sie gaben lieber was, nur damit man sie in Ruhe ließ.
    Wenn im Park die kleinen Dunkas einen erschrockenen Gadsche-Knirps umringten, waren sie sich in dem Moment |75| auch hundertprozentig sicher, dass sie den Ball nur ganz kurz behalten würden, sie wollten nur schauen, wie er sprang, klar kriegte der Kleine sein Fahrrad sofort wieder, sie testeten es nur kurz, machten eine kleine Probefahrt, um die Parkbank hier   … und dann fuhr einer kurz herum, nach ihm sprang ein anderer in den Sattel, dann noch einer, es wurde dunkel, und das Fahrrad war nirgendwo zu sehen, auch der Fußball war weg, und als der kleine Gadsche weinend nach Hause ging, waren die Dunkas gerade dabei herauszufinden, auf welcher der steilen Žižkover Straßen sie in voller Fahrt anhalten konnten und wie viele von ihnen auf eine Fahrradstange passten. Die Fahrräder hielten ohnehin nicht lange. Zuerst brach die Klingel weg, die Schutzbleche rissen sie selbst ab, damit es auf dem holperigen Pflaster nicht so laut schepperte, und da sie zu zweit oder auch zu dritt über die Bordsteinkante fuhren, sprangen bald die Speichen, und die Räder waren völlig verbeult. Sie fuhren auf den Felgen, weil niemand die durchgewetzten Mäntel flickte, sie mussten mit den Füßen bremsen, weil sich niemand fand, der die Bremsklötze gewechselt und die ausgefransten und zerrissenen Bremsseile erneuert hätte. Einmal wurden sie von einer Polizeistreife erwischt, man brachte sie samt Fahrrad gleich den Berg hoch nach Vinohrady zum rechtmäßigen Besitzer, aber das Rad war schon dermaßen zugerichtet, dass es nicht mal der Papa wiedererkannte, der es ein paar Wochen zuvor seinem kleinen Sohn fürs gute Zeugnis gekauft hatte   … Und als es endgültig auseinanderfiel, gab es im Park zuhauf andere Gadsche-Kinder mit anderen Fahrrädern, und die kleinen Dunkas sahen sie so aufrichtig und flehend an, sie schworen hoch und heilig, nur eine ganz kleine Probefahrt machen zu wollen   …
    Auch die Tante hatte bald ihren Gadsche-Trick heraus. Sie zahlte beim Einkaufen mit einem Zwanziger, wollte aber auf |76| fünfzig oder hundert zurück. Hinter ihr stand immer jemand, der mit eigenen Augen gesehen haben wollte, wie die Frau mit einem Hunderter gezahlt hatte, und da legte Ida schon los, man wolle sie betrügen, sie, eine arme Zigeunerin, dafür sei man mutig genug   … und die kleine Anetka hielt sich an Mamas Rockzipfel fest und machte so große, traurige und hungrige Augen, dass es zum Steinerweichen war, die Menschen in der Schlange hinter ihnen traten ungeduldig von einem Fuß auf den anderen und zischten, bis der armen Verkäuferin die Nerven versagten und sie das Wechselgeld auf den Tresen legte, auf fünfzig oder hundert Kronen, sie wusste ja gar nicht mehr, was für einen Schein sie noch vor ein paar Sekunden in der Hand gehalten hatte. Ida suchte sich immer ganz junge Verkäuferinnen aus, denen man schon von der Tür aus ansah, dass sie nicht lange kämpfen würden, das Minus in der Kasse entdeckte man erst abends, und es musste von der verweinten Verkäuferin ersetzt werden, während das verlorene Geld, Idas Moneten, schon längst über alle Berge war   …
    So also erledigte die Tante ihre Einkäufe. Und als ihr in Žižkov das Pflaster zu heiß wurde, versuchte

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