Mach mich Glücklich!
ein kleines bisschen ehrerbietiger war als das bittere Lachen, das seine Gefangene jetzt hören ließ.
»Heute Nacht nicht, mein Freund«, sagte sie. »Sonst vermutlich schon, es passiert mir schließlich nicht alle Tage, dass mich jemand mit vorgehaltener Waffe verschleppt. Aber dieser ganze Abend war eine einzige Katastrophe.«
Seine schöne Drohung sollte sie in Angst und Schrecken versetzen - wie kam sie zu dieser frechen Antwort? Aber nicht einmal die Weigerung der puta, ihm zu geben, was ihm gebührte, konnte ihm die Laune verderben - er fühlte sich einfach zu gut, zu stark. Er, Miguel Hector Javier Escavez, hatte sein Ziel erreicht. Wenn er daran dachte, dass er beinahe aufgegeben hätte!
Er konnte sich das nur damit erklären, dass ihm an diesem Nachmittag infolge des ewigen Nichtstuns seine Kampfmoral verloren gegangen war. Er hatte es satt gehabt, Tag für Tag für Tag herumzusitzen und auf etwas zu warten, das nicht passierte. Aber das spielte jetzt keine Rolle mehr, denn als der Oberfeldwebel und seine Frau plötzlich in dem schwarzen Jeep des Comandante in der Einfahrt aufgetaucht waren, war das wie ein Fingerzeig von Dios höchstpersönlich. Er musste zugeben, dass er noch kurz Zweifel an der göttlichen Vorsehung gehegt hatte. Aber wer konnte ihm das verübeln? Mehr als einmal war er genau in dem Moment enttäuscht worden, als er gedacht hatte, sein Ziel sei in greifbare Nähe gerückt.
Aber von nun an würde er nie mehr an seinem Erlöser zweifeln, denn entgegen seinen Befürchtungen, auch diesmal wieder einen Fehlschlag zu erleiden, war seine Geduld schließlich in einer Weise belohnt worden, die seine kühnsten Erwartungen übertraf. Er hatte abwechselnd in seinem Auto gesessen und war vor dem Hotel herumgeschlichen, ohne auch nur eine Sekunde Taylors Jeep und die Haupteingangstür aus den Augen zu lassen. Und zu guter Letzt, als er sicher gewesen war, dass diese quälende Warterei niemals ein Ende haben würde - wer kam da ganz allein aus der Tür des schicken weißen Hotels? Taylors Frau.
Wahrhaftig ein Zeichen. Er summte ein paar Takte eines Schlagers vor sich hin, der in seiner Heimat gerade sehr beliebt war.
Seine gute Stimmung wurde allerdings etwas getrübt, als er den Horseshoe Highway erreichte und sich für eine Richtung entscheiden musste. In diesem Augenblick ging ihm auf, dass er eigentlich gar nicht wusste, was er mit der Frau anfangen sollte, jetzt, da er sie in seiner Gewalt hatte. Mit einem gewissen Unbehagen wurde ihm klar, dass er nie weiter geplant hatte als bis zu dem Moment, in dem er sie dem ach-so-tollen Marine wegschnappte.
Ersetzte den linken Blinker und beschloss, auf direktem Weg zum Hafen zu fahren, um mit der nächsten Fähre diese Insel zu verlassen. Da die Frau zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich noch nicht vermisst wurde, schien ihm das das Klügste. Als ihm jedoch einfiel, wie lang er an dem Tag, an dem er auf die Insel gekommen war, auf dem Festland auf die Fähre gewartet hatte, wurde er unsicher. Es wäre nur dann klug, wenn er sofort auf die Fähre fahren und von hier verschwinden könnte. Wenn er dagegen auf einem überfüllten Kai festsäße, wäre es nicht mehr so klug, weil der Fährhafen vermutlich der erste Ort war, an dem Taylor suchen würde.
Also bog er nach rechts in Richtung Moran-State-Park ab. Er musste von der Hauptstraße runter und ein stilles Plätzchen finden, wo er in Ruhe nachdenken konnte.
Lily konnte nicht verhindern, dass ihr ein kalter Schauder über den Körper jagte, als ihr Entführer das Auto wenig später auf einen abseits gelegenen Zeltplatz lenkte. Das hatte allerdings mehr mit der Erinnerung an ihren letzten Aufenthalt in diesem Park zu tun als mit der Angst vor dem Mann, der sie gefangen hielt. Als sie sich zu ihm umdrehte, fragte sie sich, warum sie eigentlich nicht mehr Angst hatte. So ruhig zu sein kam ihr ziemlich dumm vor, schließlich befand sie sich hier mitten in einem dieser verdammten Wälder, über die jetzt rasch die Nacht hereinbrach, in der Gewalt eines jungen Mannes, der Gott weiß was vorhatte.
Sie war zwar nervös, aus irgendeinem unerfindlichen Grund hatte sie jedoch keine Angst. Vielleicht weil der Entführer eher wie ein Kind auf sie wirkte und sie nicht den Eindruck hatte, dass er sie umbringen oder vergewaltigen wollte. Oder vielleicht hatte das auch mit ihrer Vermutung zu tun, ausgetrickst worden zu sein. Sie hatte ihm geglaubt, als er sagte, er habe eine Waffe, und sich deshalb in diesen
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