Mach sie fertig
will gehen.«
Beshar schüttelte den Kopf. Mahmud dachte: Was er auch sagt, er ist dennoch froh, mich hier nicht rumführen zu müssen.
Sie gingen über den Marktplatz von Skärholmen. Der Verkauf an den Ständen war in vollem Gange. Die Händler schrien ihre Angebote für den angeblich garantiert niedrigsten Preis heraus.
Sie hatten vor, Jamila von ihrem Job im Solarium in Axelsberg abzuholen. Mahmud musste an die Drohung der Jugos denken.
Papa sagte: »Weißt du, was aus Jamilas Freund geworden ist? Hat er aufgehört, sie zu behelligen?«
Mahmud fand, dass er manchmal ziemlich altmodische arabische Worte benutzte. Was sollte denn »behelligen« bedeuten?
»Er ist nicht ihr Freund. Er war ihr Typ. Ich glaub, sie haben Schluss gemacht, und er belästigt sie nicht mehr. Hoffe ich jedenfalls.«
Beshar wusste keine Details über den Vorfall vor einigen Monaten, als Jamilas Nachbar in die Wohnung gestürmt war und ihren Typen grün und blau geschlagen hatte. Weder Jamila noch Mahmud wollten darüber reden. Der Typ hatte acht Tage lang im Krankenhaus gelegen, nachdem sein Kiefer operiert worden war – hatte Frühstück/Mittagessen/Abendbrot mit dem Strohhalm zu sich nehmen müssen. Dennoch weigerte er sich, mit den Bullen zu sprechen, die auftauchten und ihn vernehmen wollten. Trotz allem, was er Jamila angetan hatte – er war ein Ehrenmann.
»Weißt du, was aus ihrem Nachbarn geworden ist?«, fragte Beshar.
Mahmud hatte keine Ahnung. Der Typ wirkte lebensgefährlich.
Ein Mann mit dunkel gelocktem Haar, dreckigem Strickpulli und Bart teilte kleine Zettel aus. Ein Bild von einem Jungen in Embryohaltung. Der Text:
Mein Bruder ist immer noch in Rumänien. Er ist nicht reisefähig. Er hat eine sehr schwere Gelenkerkrankung, die ihn unerhört leiden lässt und aufgrund der er ärztliche Pflege benötigt. Meine Familie hat kein Geld, um ihm zu helfen. Wir bitten um Ihre Gabe. Möge Gott Sie beschützen!
Beshar legte dem Bettler ein Zehnkronenstück in die Hand, als er vorbeiging, um die Zettel wieder einzusammeln. Mahmud sah ihn an.
»Was machst du denn da? Du kannst so einem doch nichts geben.«
»Man soll immer großzügig sein.«
Beshar wandte sich Mahmud zu.
»Ein würdevoller Mann ist großzügig. Das ist das Einzige, was ich dir vermitteln will, Mahmud. Du musst dein Leben lang deine Würde wahren. Dich wie ein Mann benehmen.«
»Das tue ich doch, Papa.«
»Nein, nicht wenn du weiterhin diese Pillen da verkaufst und dich mit der Polizei und dem Gericht anlegst. Wirst du dich wohl jemals ändern?«
»Ich bin auf ’nem guten Weg. ’nem sehr guten. Ich mach so was inzwischen nicht mehr. Das war vor dem Gefängnis.« Mahmud konnte die Enttäuschung in seiner Stimme kaum verbergen. Wann würde er endlich sein eigenes Leben leben können? Alle Scharmutas loswerden, die ihn abfuckten. Syrer, Jugos, die Bewährungshilfe.
»Du sollst respektvoll gegenüber den Leuten auftreten, die es verdienen. Die Älteren respektieren und immer großzügig sein, wie zu dem armen Mann, der gerade vorbeiging. Und dann sollst du dich um deine Schwester kümmern. Ich bin zu alt dafür. Denk daran, was ihr zugestoßen ist. Hast du dich bei ihrem Nachbarn bedankt?«
»Natürlich. Ich hab mich sofort danach bedankt. Ich glaub, er hat sich gefreut. Aber er scheint ’n bisschen verrückt zu sein.«
»Das spielt keine Rolle. Weißt du, was Allahs Bote, Segen und Friede sei mit ihm, dazu sagt?«
»Wozu?«
»Über die Frau.«
Mahmud erinnerte sich an diverse Aussprüche, die sein Vater ihm vor hundert Jahren beigebracht hatte. »Sie ist eine Rose.«
»Genau. Du musst sie gut behandeln. Der Prophet sagt auch, dass die Besten unter euch diejenigen sind, die ihre Frauen gut behandeln. Er sagt, dass keiner außer einem rechtschaffenen Mann einer Frau würdig ist. Verstehst du? Denk an deine Mutter.«
Mahmud dachte an Mama. Die Erinnerung verblasste von Jahr zu Jahr. Ihre Augen, ihre Küsse vorm Einschlafen. Das Kopftuch, das sie in den letzten Jahren nicht mehr getragen hatte, das aber als Erinnerung für jeden sichtbar aufgehängt war. Ihre Märchen von Räubern und Kalifen. Er fragte sich, was sie eigentlich für eine Person gewesen war. Was geschehen wäre, wenn sie mit nach Schweden gegangen wäre. Dann wäre vielleicht nicht alles so fuckmäßig in die Hose gegangen.
Sie waren kurz vor Jamilas Solarium. Beshar flippte seinen Rosenkranz zwischen Daumen und Zeigefinger.
Mahmud konnte nicht umhin, sich die Ironie des
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