Mach sie fertig
Silvesternacht schritt voran. Kurz bevor er reingekommen war, hatte sich das Wetter endlich beruhigt – Åsa würde einen perfekten Ausblick aufs Feuerwerk haben. Thomas war drinnen, er alleine – einsam gegen die Mächtigen. Allein gegen diejenigen, die ihm das Leben sauer machten. Jetzt war es an ihm, ihnen zu zeigen, wer den längeren Atem hatte.
Hägerström hatte anfänglich geschockt ausgesehen. »Sie arbeiten also nebenher bei einem Stripclub?« Doch sein Erstaunen legte sich schnell – der Fall war wichtiger. Dennoch riet er ihm ab. Redete davon, dass sie bis morgen warten sollten, in der Zwischenzeit Kontakt zu einem ihrer Vorgesetzten aufnehmen oder direkt mit einem Staatsanwalt sprechen sollten. Ihm die Papiere vorlegen, Bericht erstatten über alles, was sie hatten. Über Rantzells Verbindung zum Palme-Mord und Bolinders Konzern. Einen formalen Hausdurchsuchungsbefehl erwirken.
Thomas reagierte ziemlich erbost. »Sie wissen genauso gut wie ich, dass das, was wir haben, nicht ausreicht. Was haben wir denn eigentlich für Beweise? Der Rantzellheini hat Zahlungen erhalten, die faul sind. Sie haben mit der Waffe zu tun, da bin ich mir sicher. Aber in welcher Weise deuten unsere Informationen eigentlich darauf hin, dass irgendwer mit dem Mord zu tun hat? Und sie deuten erst recht nicht auf den Mord an Olof Palme. Aber wenn wir das, was Ballénius uns über Rantzell erzählt hat, und die Zahlungen, denen Sie auf die Schliche gekommen sind, zusammennehmen, dann wissen wir doch, dass wir auf der richtigen Spur sind.«
Hägerström kniff die Augen zusammen. Sah abgespannt aus. Er wusste wahrscheinlich, dass Thomas recht hatte. Dennoch sagte er: »Nun kommen Sie schon, Andrén. Wir haben die Sache hier lange genug unter der Hand betrieben. Wir müssen endlich zurück auf den formalen Weg. Die Dinge in einer angemessenen Art und Weise angehen. Ansonsten kann es passieren, dass alles in die Hose geht. Oder?«
Thomas betrachtete ihn eine Weile. »Ich will ehrlich zu Ihnen sein. Ich halte nicht besonders viel von Polizisten, die gegen andere Polizisten vorgehen. Solche Leute sind in meinen Augen keine richtigen Polizisten.«
Hägerström erwiderte seinen Blick.
Thomas fuhr fort: »Außerdem sind Sie ein kleiner Besserwisser, der eine etwas zu hohe Meinung von sich selbst hat. Sie quatschen über Unwesentliches, haben keine Ahnung von allgemeiner Kollegialität, und ich bin sicher, dass Sie nicht mal mit ’ner Sig-Sauer umgehen können.«
Hägerström starrte ihn jetzt regelrecht an.
»Aber andererseits« – Thomas machte eine Kunstpause – »sind Sie der beste und schnellste Bulle, den ich je getroffen hab. Sie sind in Bezug auf diese private Voruntersuchung loyal gewesen. Sie sind trotz allem, was geschehen ist, loyal mir gegenüber gewesen. Sie haben Humor, ich muss über jeden Witz, den Sie reißen, lachen. Sie sind rücksichtsvoll und mutig. Ich kann mir nicht helfen – ich mag Sie sehr.«
Immer noch Stille.
»Ich verstehe Sie«, sagte Thomas. »Sie haben bedeutend mehr zu verlieren als ich. Ich stehe bereits außerhalb des Systems. Ich muss selber sehen, wie ich klarkomme, während Sie Ihren Job verlieren können. Und rein praktisch gesehen, ist da noch was. Sie werden zu dieser Party da niemals reingelassen. Ich hingegen vielleicht schon. Ich hab vor, diesen Mist hier zu Ende zu bringen. Heute Abend. Egal, ob Sie mitkommen oder nicht.«
Hägerström stand auf. Sagte nichts. Thomas versuchte seinen Gesichtsausdruck zu deuten. Hägerström ging in Richtung Flur. Wandte sich um. »Also, ich hab mir Folgendes gedacht. Mein Abend wird so verlaufen, dass ich nach Hause fahre und mich umziehe, dann ins Half Way Inn fahre und dort den Rest des Abends herumhängen werde. ’ne Menge Bier und vielleicht ein paar Gläser Sekt trinken werde. Gegen zwei Uhr bin ich dann so besoffen, dass ich den Jahreswechsel schon wieder vergessen habe. Was hab ich also zu verlieren? Mit einem solchen Silvesterabend kann man nicht gerade hausieren gehen. Ich komme mit. Sie werden nichts ohne mich tun.«
Sie saßen jeder in seinem Wagen auf dem Weg raus nach Dalarö. Kaum Verkehr. Es war nahezu heimelig. Warme Luft aus der Klimaanlage und die wärmende Sitzheizung. Das Motorengeräusch des Wagens wie eine entspannende Geräuschkulisse im Hintergrund. Das Scheinwerferlicht wurde von den Schneeverwehungen reflektiert, die hohe Dämme am Straßenrand bildeten. Hägerström fuhr vorneweg, hatte die Adresse in sein
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