Mach sie fertig
Büro/Fitnessraum. Ein Hometrainer und eine gepolsterte Bank auf dem Fußboden. Einige Hanteln und eine Scheibenhantel zusammen mit Ordnern, einer Nähmaschine, Stoffen und Trainingsklamotten in einem Schrank. Ein Schreibtisch mit ’nem Computer drauf und einigen Stoffmustern für Kleider, die auf einem Stapel lagen. Ein Bürostuhl, den Thomas mit nach Hause hatte nehmen dürfen, als der Bezirk umorganisiert worden war. Ansonsten leer. Thomas mochte es nicht, lauter Mist anzuhäufen.
Er nannte es Puppenstubengefühl. Das Haus besaß nicht mal einen Hobbyraum oder richtigen Keller. Der Platz würde nicht reichen, besonders dann nicht, wenn sie mehrere Kinder adoptierten. Wo zum Teufel sollten sie das Kinderbett, die Wickelkommode, die Tischtennisplatte hinstellen?
Nach dem Essen setzte er sich an den Computer. Schloss die Tür hinter sich. Stellte die Kiste an. Das Windowslogo hüpfte wie ein unseliger Geist auf dem Bildschirm auf und ab.
Klickte auf das Icon des Explorers. Wurde an seine schlimmsten Befürchtungen erinnert – dass Åsa eines Tages zumindest so weit mit dem Computer umgehen könnte, dass sie begriff, dass sein Surfen auf den Pornoseiten im Verlauf des Explorers nachzuvollziehen war. Er musste jemanden auf der Arbeit fragen, ob man sie löschen konnte.
Aber deswegen saß er im Augenblick nicht hier. Er griff in seine Hosentasche. Holte einen USB -Stick heraus. Thomas: so weit entfernt davon, ein Computerfreak zu sein, wie nur möglich, aber es war ein besseres Gefühl, das, was er benötigte, in physischer Form bei sich zu tragen, anstatt es zu mailen. In regelmäßigen Abständen hatte er nervös nach dem Stick getastet und sich vergewissert, dass er noch dort lag. Wenn er ihn verlieren sollte und jemand ihn finden und nachsehen würde, was darauf gespeichert war, und schließlich feststellte, dass der Stick ihm gehörte –, würde er mit Fragen bombardiert werden wie beim schlimmsten Kreuzverhör vor Gericht.
Er steckte ihn in die Buchse am Computer. Ein Klicken. Auf dem Bildschirm öffnete sich ein neues Fenster. Eine Datei auf dem Stick, Name: Obd.-bericht.
Der Computer surrte. Der Adobe Reader wurde geöffnet. Der Obduktionsbericht war knapp drei Seiten lang. Zuerst scrollte er bis runter ans Ende – korrekt unterschrieben von Bengt Gantz, dem Rechtsmediziner. Er begann ihn von Anfang an zu lesen. Kam nur langsam voran. Er las ihn noch einmal.
Und noch mal.
Irgendetwas war faul. Verdammt faul – im Obduktionsprotokoll wurde nichts von den Einstichen im Arm erwähnt oder davon, dass sie die Leiche auf erhöhte Werte im Hinblick auf Drogen oder anderes Zeug untersucht hätten.
Das konnte kein Zufall sein. Als Thomas seinen Bericht bei Hägerström eingesehen und kapiert hatte, dass die letzten Zeilen über die potentielle Todesursache fehlten, hatte er sich gewundert. Hatte es merkwürdig gefunden, aber nicht weiter darüber nachgedacht. Aber jetzt – Rechtsmediziner verbockten so etwas normalerweise nicht. Die Einstichlöcher waren offensichtlich. Entweder wollte der Arzt sie aus irgendeinem Grund nicht erwähnen, oder – der Gedanke traf ihn wie ein Blitz und setzte sich sofort fest – jemand anderes hatte den Abschnitt gelöscht. Und dieser jemand hatte offensichtlich dasselbe mit seinem eigenen Bericht gemacht.
Er musste sich wieder beruhigen. Überlegen, was zu tun war. Wie er reagieren sollte. Während seiner Laufbahn als Polizist war ihm so etwas noch nie passiert.
Åsa räumte die Küche auf. Schaute nicht mal auf, als er die Haustür öffnete und nach draußen zur Garage ging. Sie war daran gewöhnt. Thomas pusselte an seinem Cadillac herum, so oft er nur konnte. Außerdem war der Wagen eine Investition. Einen Teil der zusätzlichen Gelder, die er draußen auf der Straße einnahm, konnte er ohne weiteres in den Wagen stecken, ohne dass jemand nachfragte. Aber noch wichtiger: Die Kiste war seine Art von Meditation. Der Ort, an dem er neben der Schießanlage entspannen konnte. Sich zu Hause fühlen konnte. Sein ganz persönliches kleines Nirwana.
Es gab noch etwas anderes in der Garage: den großen grauen, verschlossenen Metallschrank. Er und Åsa nannten ihn Werkzeugschrank, aber im Gegensatz zu ihm glaubte sie, dass er tatsächlich Werkzeug enthielt. Natürlich bewahrte er auch etwas Werkzeug und einige Ersatzteile für den Wagen darin auf, aber zu achtzig Prozent war der Schrank gefüllt mit wichtigeren Dingen: Marihuana, das er von einer Gang aus Fittja
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