Mach sie fertig
Kollegen an, den er kannte. Wenn man etwas zu verbergen hatte, musste man zumindest gegenüber den Berufskollegen mit offenen Karten spielen.
Es war nicht okay. Er musste mit jemandem reden. Mit wem? Jörgen Ljunggren war schon mal ausgeschlossen. Der Typ war ja fast noch dämlicher als ein Bimbo in ’ner Dokusoap. Hannu Lindberg, einer der Männer, mit denen Thomas Schicht hatte, würde ihn vielleicht verstehen, aber die Frage war, ob er auch hinter ihm stehen würde. Denn Hannu war alles, was nicht in irgendeiner Weise mit Geld oder seiner Würde als Polizist zusammenhing, relativ egal. Die anderen Kollegen, die ihm einfielen, erschienen ihm weder zuverlässig genug noch standen sie ihm besonders nahe. Sie waren allesamt in Ordnung, so war es nicht, aber sie waren nicht gerade die Sorte Männer, die sich allzu viele Gedanken machten. Er musste an Hägerströms Kommentar denken: »Die Schreibtischleute und diejenigen, die sich draußen auskennen, sollten gemeinsame Sache machen. Heutzutage gehen so viele wertvolle Informationen verloren.«
Thomas hatte keine Lust, noch länger darüber nachzudenken. Er knipste die Stirnlampe aus. Blieb noch drei Minuten liegen, bevor er wieder unter dem Wagen hervorrollte.
Er stand auf. Wusch sich die Hände unter einem Schlauch in der Garage.
Nahm das Handy zur Hand. Er hatte Hägerströms Nummer gespeichert.
»Hägerström«, meldete sich Martin Hägerström.
»Hej, hier ist Andrén. Stör ich gerade?«
Thomas nahm das Interesse in Hägerströms Stimme wahr.
»Nein, gar nicht, sind Sie nicht auf Streife?«
»Nein, ich hab frei. Ruf von zu Hause aus an. Ich muss eine Sache mit Ihnen besprechen.«
»Schießen Sie los.«
Thomas rappelte sein Anliegen mit monotoner Stimme herunter. Wollte bei Hägerström nicht den Eindruck erwecken, dass er ihm freundlich gesonnen wäre.
»Ich hab den Obduktionsbericht mit nach Hause genommen. Ich weiß, dass man während der laufenden Ermittlungen kein Material außer Haus schaffen darf, aber auf so was pfeife ich. Ich wollte es nicht ausdrucken und auf dem Revier lesen müssen. Und Sie haben recht, die Einstichlöcher werden nicht erwähnt. Das erstaunt Sie wahrscheinlich nicht, denn Sie sagen ja, dass in meinem Bericht auch nichts darüber stand, obwohl ich weiß, dass ich sie erwähnt hatte. Allerdings ist es wenig wahrscheinlich, dass dieser Rechtsmediziner, Gantz, der ja gewohnt ist, an Leichen rumzuschnippeln, sie übersehen haben könnte. Um ganz ehrlich zu sein, keiner, nicht einmal Sie, hätten sie übersehen können. Haben Sie die Leiche überhaupt gesehen?«
Stille am anderen Ende der Leitung.
»Hägerström?«
»Ich bin noch dran. Und ich denke nach. Das, was Sie da berichten, klingt ja ziemlich kurios. Es gibt, so wie ich es sehe, nur zwei mögliche Erklärungen. Entweder führen Sie mich an der Nase herum. Sie haben also keinen Deut über Löcher oder Todesursachen geschrieben und wollen lediglich meine Ermittlungen behindern. Das ist die wahrscheinlichste Lösung Ihres kleinen Mysteriums. Oder, etwas an der Sache ist verdammt faul. Etwas, dem ich noch auf den Grund gehen muss. Und ich habe die Leiche bisher noch nicht gesehen. Aber jetzt werde ich es tun. Nur, dass Sie es wissen.«
Thomas wusste nicht, was er antworten sollte. Hägerström gehörte der anderen Seite an. Aber der Typ verhielt sich eigentlich korrekt. Im Grunde müsste er einfach auflegen. Sich das, was ein Kollaborateur wie Hägerström da von sich gab, nicht antun. Außerdem sollten Schupos wie Thomas sich nicht in die Ermittlungen der Kripo einmischen. Dennoch kamen ihm folgende Worte über die Lippen, ohne zu wissen, warum: »Ich glaub, es ist am besten, wenn ich Sie begleite. Dann kann ich Ihnen zeigen, wo sich diese Einstichlöcher befanden.«
10
Erste Frühlingszeichen: kleine weiße Blumen auf den braunen Grasflächen, Gartenlokale, aufgetaute Hundescheiße. Dreizehnjährige Mädels in zu kurzen Miniröcken, obwohl es gerade mal vierzehn Grad waren. Bald würde er da sein: der schwedische Sommer. Warm. Hell. Voller Bräute. Mahmud hatte Sehnsucht. Jetzt ging es nur darum, bis dahin den Body zu formen und aus der Scheiße, in die er geraten war, wieder rauszukommen.
Er hing vor dem kleinen Laden ab. Die Haare nach dem Training noch feucht. Die Muskeln schmerzten. Angenehme Erschöpfung.
Wartete auf seinen besten Kumpel, Babak. Es war sechs Uhr, und sie müssten da drinnen allmählich schließen. Es irritierte ihn, dass er nicht rauskam.
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