Mach sie fertig
Laden rein.
Da drinnen: massenweise Leute.
Der Laden war klein wie ’ne Würstchenbude. Schweißgeruch und ’n Geräuschpegel wie auf dem Basar. Hinter dem Glastresen stand Babak. Den Schatten eines Dreitagebarts auf den Wangen, sauber gewachster Seitenscheitel, aufgeknöpftes Hemd. Mahmud würde es nie laut sagen, aber Babak sah nicht übel aus. Neben Babak: sein Vater und ein paar andere Verwandte. Der Vater in einem gefakten Armani-Shirt. Onkel und Cousins in Hemden. Sie drängten sich aneinander vorbei, verkauften und quatschten. Babak war mit einem Kunden beschäftigt. Mahmud liebte den Laden. Die Atmosphäre absolut unschwedisch: eine andere Welt, ein anderes Land. Die Leute handelten wie verrückt, schrien, um sich bemerkbar zu machen. Drei junge Schwarze feilschten um den besten Preis für eine Kiste mit gestohlenen Handys. Babaks Vater schlug mit den Armen aus und machte ein Gesicht, als hätten sie nach ’nem Date mit seiner Tochter gefragt. »Glaubt ihr, ich Goldesel? Ich geb höchstens Hundert für jedes.« Mahmud musste innerlich lächeln – der Kerl roch so stark nach Heimat, wie es nur ging. Eine Insel im Svenssonland.
In den Regalen lagen gebrauchte Handys, MP 3 -Spieler, Ladegeräte, schnurlose Telefone, Handykarten, Wecker. Unter dem Tresen Handygehäuse in unterschiedlichen Farben, Armbanduhren und eingeschlossene iPhones. Auf dem Tresen: Teller mit dem Abendessen von Babak und seinem Vater. Tomaten, rohe Zwiebeln, Fetakäse und Fladenbrot. Landestypisch.
Babak war mit dem Kunden fertig. Wandte sich Mahmud zu. »Habibi, gib mir fünf Minuten. Wir müssen nur noch den Laden zumachen.«
Eine halbe Stunde später: Sie standen zusammen auf der Straße. Gingen in Richtung U-Bahn-Station Skärholmen.
Mahmud musste lachen: »Ich liebe den Laden von deinem Vater. Absolutes Heimatgefühl.«
Babak schlug mit den Armen aus, ahmte seinen Vater nach. »Hast du gesehen, wie er mit den Brüdern gedealt hat, sie hatten nicht die geringste Chance.«
Sie sprangen über die Absperrung. Hörten den Fahrkartenkontrolleur hinter ihnen herrufen. Idiot – er konnte da drinnen in seinem Kasten sitzen und rufen, bis er heiser wurde.
Sie gingen den Bahnsteig entlang. Ausgespuckte Kaugummis bildeten ein Muster auf dem Boden. Mahmuds Laune besserte sich.
Die Bahn fuhr ein. Nach Hause zu Babak. Sie wollten sich für den Abend ein bisschen in Stimmung bringen.
Später bei Babak: Mahmud, Babak und Robert in der Wohnung in Alby. Eine Zweizimmerwohnung mit achtundvierzig Quadratmetern. Familienfotos und verschiedene Bilder aus Ägypten an den Wänden. Babak hatte nicht die Bohne mit Ägypten zu tun, aber aus irgendeinem Grund liebte er Sphinxen, Hieroglyphen und Pyramiden. Babak sagte immer: »Weißt du, die Ägypter hatten das größte Reich aller Zeiten. Sie haben all das erfunden, wovon ihr glaubt, dass die Europäer drauf gekommen sind. Die Schriftsprache, das Papier, Kriegsführung. Alles. Könnt ihr mir folgen?«
Im Wohnzimmer: zwei Ledersofas in hellem Leder mit dazugehörigen Couchtischen aus Glas – voll mit leeren Coladosen, Fernbedienungen für die Stereoanlage, den Fernseher, das DVD -Gerät, den Tuner und den Projektor. Die Verpackung der Xbox 360 er Spielkonsole: Halo 3 , Infernal, Medal of Honour. Rizlapapier, Waffenzeitschriften, Pornohefte, ein Briefmarkentütchen mit ein paar Gramm Gras.
Babak holte eine Cola-Flasche aus dem Kühlschrank. Setzte sich auf eines der Sofas. Mahmud blätterte in einer Waffenzeitschrift, Soldier of Fortune. Guckte sich schicke Armeemesser an, die die Gurkhakrieger benutzten. Nach härteren Burschen musste man erstmal suchen. Robert rollte einen Joint. Befeuchtete langsam das Rizlapapier. Stopfte Tabak und Marihuana rein. Klemmte das Ende nicht ab, das Gras quoll raus wie bei ’ner richtigen Tüte. Versengte das Ende des Joints.
Zündete ihn an. Nahm tiefe Züge. Im Hintergrund The Latin Kings. Dogges krasse Stimme erklärte die Situation: »Zerbrösel den Stoff, denn wir haben keine Knete.«
Robert reichte Mahmud den Joint. Zwischen Daumen und Zeigefinger. Nahm einen ordentlichen Zug. Schmeckte. Schmauchte. Schwebte. Sooo soft.
Er blies den Rauch langsam durch die Nase aus.
»Erinnert ihr euch, als wir noch zur Schule gingen? Da gab es ’nen Typen, der Wisam hieß. Wisam Jibril, glaub ich. Er war ’n paar Jahre älter als wir. Ich hab ziemlich heftige Sachen über ihn gehört.«
Robert wirkte völlig weggetreten. Nickte wie in Trance.
Mahmud
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