Mach sie fertig
Koteletten und Trucker Caps. Mahmud kapierte nicht, warum sie überhaupt reingelassen worden waren.
Die Mädchen aus gutem Hause saßen an Tischen und schlürften Wodka-Tonic oder ließen sich von den Jungs zum Schampus einladen. Kinder reicher Eltern, junge Mädels aus den besten Kreisen, Girlies, die so taten als ob.
Aber auch ’ne Mischung aus anderen Leuten: B-Promis. Dokusoapsternchen, Moderatoren, Künstlertypen. Umringt von Bräuten mit Markenhandtasche über der Schulter und Playboyschmuck um den Hals, die sich tanzend dem Nächstbesten im Lokal näherten.
Last, but not least: Jet-Set-Carl, der Topmann auf der Männerliste aller Mädels vom Stureplan, denen sie ohne zu zögern einen blasen würden. Selbst Mahmud und seine Kumpels kannten ihn. Dem Typen gehörten drei Lokale in der Stadt, er hieß eigentlich Carl irgendwas; Mahmud wusste nicht genau, wie. Das Einzige, was er wusste: Der Schnösel war ’n absoluter Jet-Set. Deshalb auch der Name.
Nicht viele echte Asys hier. Vielleicht ’n paar adoptierte oder integrierte Typen, die was mit Musik, Medien oder ähnlichem Zeug zu tun hatten. Ehrlich gesagt: Mahmud fühlte sich so wenig zugehörig wie nur was – obwohl die Schnecken ziemlich süß waren. Er knöpfte einen weiteren Knopf seines Hemds auf. Babak bestellte ’ne Flasche Dom Pé an der Bar.
Mahmud sah sein Spiegelbild im Eiskübel, in dem Babaks Champagner kam.
Ihm gefiel sein eigenes Aussehen. Dichte Augenbrauen, nach hinten gekämmtes schwarzes Haar mit so viel Gel drin, dass er drei Wochen lang dieselbe Frisur tragen konnte, ohne dass auch nur eine einzige Strähne aus der Form geriet. Füllige Lippen, kräftige Kinnpartie, perfekter Dreitagebart.
Er sah das Spiegelbild von Babak und Robert hinter seinem Rücken auf ihn zukommen. Wandte sich um, bevor sie den Tisch erreichten.
Babak erstaunt: »Wie hast du uns gesehen?«
Mahmud sagte: »Ey mein Freund, wenn so viele Katzen wie hier um einen herum sind, muss man auch Augen im Nacken haben, um keine von ihnen zu übersehen.«
Ein Lächeln auf den Lippen.
Sie lachten. Tranken Champagner. Taten ihr Bestes, um Blickkontakt mit den Mädels in ihrer Nähe aufzunehmen. Ohne Erfolg – es war, als wären sie die unsichtbaren Jungs in der Antimobbingwerbung. Schließlich ging Robert auf ein paar von ihnen zu. Sagte etwas. Bot ihnen Champagner an.
Sie ließen ihn abblitzen.
Kh’tas – Fotzen. Es war ungerecht.
»Wir ziehen weiter.«
Mahmud wollte zur Blue Moon Bar. Nach dem Libanesen fragen. Babak witzelte. »Nein, wir ziehen lieber jeder ’ne Line.« Ha, ha, ha.
Eine Stunde später. Der K-Rausch hatte sich gelegt. Und dennoch: Mahmud kam sich wie der schärfste Millionärsasy der Stadt vor, wie der smarteste Ghettodetektiv Nummer eins – Sherlock fucking Holmes. Er würde den Wisam-Typen finden. Ihn dazu bringen auszuspucken, wohin er Radovans Arlandakohle verfrachtet hatte. Ihn zwingen, sie rauszurücken. Dafür sorgen, dass Mahmud eine Chance erhielt, zu brillieren. Den Schutz der Jugos zu bekommen.
Robert glitt gemeinsam mit einer Schnecke, die minderjährig aussah, runter auf die Tanzfläche. Mahmud und Babak blieben wie immer an der Bar.
Dann erblickte er etwas, das er lieber nicht hätte sehen wollen. Der Geräuschpegel um ihn herum verstummte. Es brannte in seinem Kopf. Eine kleine Insel aus Panik um ihn herum – fünf Meter entfernt von ihm an der Bar: Daniel plus zwei Jungs aus der besagten Nacht.
Mahmud erstarrte. Heftete seinen Blick auf die Flaschen auf der anderen Seite des Bartresens. Versuchte ihn nicht von ihnen zu lösen. Verdammte Kacke. Was sollte er machen? Panik krachte in Wellen gegen seine Schläfen. Die Erinnerungen kamen zurück: das Knirschen in seinem Mund. Das Roulettegeräusch der surrenden Trommel. Daniels Grinsen.
Er bemühte sich, nicht rüberzuschielen. Musste Ruhe bewahren. Sahen sie ihn? Wenn sie auf ihn zukämen, wüsste er nicht, wie er reagieren sollte. Babak schien es nicht mitzukriegen. Die Leute im Hintergrund verschwammen vor seinen Augen.
Im Nachhinein konnte Mahmud sich nicht erinnern, wie lange er so dagestanden hatte. Mit totalem Brechreiz. Völlig starr. Wie viele angsterfüllte Gedanken ihm durch den Kopf geschossen waren.
Nach einer ganzen Weile schaute er auf. Sie waren weg.
Er pfiff auf Babak und Robert. Sah, dass Babak versuchte, ’ne Schnecke anzugraben. Kolaringe um die Nase des Mädels. Lippenstift auf Babaks Wangen. Schön für ihn.
Mahmud wollte weg. Und
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