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Mach sie fertig

Mach sie fertig

Titel: Mach sie fertig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lapidus
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Unwahrscheinlich. Er fragte sich, ob Hägerström ihm oder den Berichten glaubte. Wahrscheinlich Letzteres.
    Normalerweise war es andersherum. Jemand schlug zum Beispiel einen Fixer tot, aber spätestens wenn die Einstichlöcher in den Armen zum Vorschein kamen und die Untersuchungen zur Feststellung der Menge an Drogenpräparaten im Blut vorgenommen wurden, ging man davon aus, dass es sich um eine Überdosis handelte, und stellte die Ermittlungen innerhalb kürzester Zeit ein.
    In diesem Fall: die Misshandlung mehr als offensichtlich. Die Einstichlöcher unbeachtet.
     
    Er würde sich mit Hägerström vor dem Eingangsbereich des Krankenhauses Danderyd treffen. Ljunggren blieb im Streifenwagen sitzen. Sauer – er hatte den ganzen Weg von Skäris bis hierher darüber gemeckert, dass sie extra herkommen mussten. »Du weißt doch genau, dass sie dich nicht zwingen können, diesen Penner noch mal anzugucken.« Thomas antwortete, dass ein Kripobeamter ihn eigens darum gebeten hätte. Ljunggren ließ nicht locker: »Und was will er damit erreichen, dieser Hägerström? Du weißt ja, wo er vorher gearbeitet hat, oder?« Thomas murmelte nur: »Ich weiß, ’n Verräter.«
    Hägerström kam vor dem Eingang des Krankenhauses auf ihn zu. Er war kleiner, als Thomas ihn in Erinnerung hatte. Rollte sich sozusagen auf den Fußsohlen vorwärts, drückte sich am Ende jedes Schritts mit den Zehen nach oben. Thomas mutmaßte, dass er sich diesen Gangstil als Teenager angewöhnt hatte, um ein paar Zentimeter größer zu erscheinen, und ihn dann beibehalten hatte. Er war in Zivil gekleidet, Stoffjacke, Jeans und Schultertasche. Thomas dachte: typisch Kriminalinspektoren, sie begriffen nicht die Bedeutung der Autorität, die Uniformen im Umgang mit anderen Menschen vermittelten. Wenn sie überhaupt eine Uniform besaßen.
     
    Danderyds Leichenschauhaus befand sich ein ganzes Stück entfernt vom eigentlichen Krankenhausbereich. Zuerst passierten sie die unterirdischen Gänge der Klinik. Kamen auf der Rückseite wieder heraus. Zwischen kleineren Gebäuden, Spezialkliniken, ehemaligen Schwesternwohnheimen, Rehaeinrichtungen. In eine Art Park. Fußgängertunnel unter einer Straße hindurch. Weiter auf einem Kiesweg in der Nähe des Wassers.
    Sie gingen schweigend, bis Thomas sagte: »Sie hätten mich ja vorwarnen können, dass es ein halber Tagesmarsch bis dorthin ist. Im Hinblick auf die Steuerzahler ist das ja wohl eher Zeitverschwendung.«
    Hägerström wandte sich ihm zu. Blieb stehen.
    »Ich hatte mir gedacht, dass wir die Zeit zum Reden nutzen könnten.«
    »Aha.«
    »Sie wissen ja, ich komme von den Internen. Ich kenne solche Leute wie Sie. Euch gibt’s in allen Polizeirevieren Schwedens. Solche, die sich mit allem Möglichen beschäftigen.«
    Das war ein Angriff. Jeder Polizist wusste, was gemeint war, wenn man von einem Bullen sprach, der sich mit »allem Möglichen« beschäftigte. Manche Polizisten da draußen griffen oftmals etwas zu hart durch. Viele konzentrierten sich auf Demonstrationen – schlugen Tierschutzaktivisten und Antifaschisten blutig. Andere sorgten dafür, dass Heroinabhängige und Fixer, Säufer und Penner die Behandlung bekamen, die sie verdient hatten. Ein Teil der Bullen drückte bei weniger schweren Verbrechen ein Auge zu, wenn sie als Gegenleistung gewisse Angebote erhielten – unter der Hand erstandene Mietverträge für Wohnungen, Hehlerware, Gratiseintrittskarten fürs Derby in Råsunda. Andere verzichteten auf eine Anzeige wegen Prostitution gegen einen gelegentlichen Fick. Und dann gab es noch einige, nicht viele, die »alles Mögliche« machten – nicht nur manchmal zu hart durchgriffen oder im Verbrechensfall für gewisse Gegenleistungen ein Auge zudrückten –, sie waren selber in die Scheiße geraten. Schmutzige Businessmen. Verfaultes Fallobst. Gefallene Bullen.
    Die Sache war die, dass es einfach nicht stimmte. »Das war nicht gerade nett von Ihnen«, antwortete Thomas kalt.
    Hägerström pfiff auf den Kommentar. Fuhr einfach fort: »Aber Sie sind zugleich ein geschickter Schauspieler. Street smart könnte man es nennen. Ich kenn mich aus in Ihren Kreisen, Ihr setzt Euch keinem unnötigen Risiko aus. Und deshalb werde ich den Gedanken nicht los, dass Sie vielleicht gerade dieses Mal ehrlich gewesen sind. Als Sie oben bei mir in Kronoberg waren, erschien mir Ihre Reaktion spontan. Und Ihren Anruf neulich Abend hätten Sie nicht getätigt, wenn Sie nicht wirklich etwas gewollt hätten.

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