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Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Titel: Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Reinhardt
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bis zum Vesuv in Sachen Eleganz und Kunstsinnigkeit als tonangebend. Zudem genoss der regierende Marchese Francesco II. als Feldherr großes Ansehen, hatte er doch 1495 den Franzosen in der Schlacht bei Fornovo standgehalten. Ausnahmsweise sollte Machiavelli in Mantua keine Geheimnisse lüften, sondern nur einen Soldvertrag ratifizieren lassen. Doch das klang einfacher, als es war. Francesco Gonzaga machte Sonderwünsche geltend: Wenn sein eigenes Herrschaftsgebiet in Gefahr war, wollte er von seinem Amt entbunden werden. Das war eine riskante Klausel, denn auf einen solchen Notstand konnte man sich in diesen kriegerischen Zeitläuften leicht berufen. Trotzdem zeichnete die Signoria diese Sondergenehmigung ab.
    Doch damit nicht genug. Der Markgraf bestand auf einem weiteren Zusatzparagraphen: Gegen Ludwig XII. von Frankreich und gegen den Kaiser wollte er auf keinen Fall ins Feld ziehen. Da Florenz auf Gedeih und Verderb mit Frankreich verbündet war und mit Maximilian von Habsburg bisher keinerlei Streit hatte, verstand sich das eigentlich von selbst. Doch weil es der hohe Herr nun einmal so wollte, wurde auch diese Bestimmung in den Vertrag übernommen. Dann fand Gonzaga ein drittes Haar in der Suppe. Für alle militärischen Unternehmungen, die nicht der Verteidigung von Florenz und der Rückeroberung Pisas dienten, wollte er vorher eine Genehmigung des französischen Königs eingeholt wissen. Das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Was war dieser condottiere überhaupt noch wert, wenn man ihm auch noch diese Sonderregelung zugestand? So gut wie nichts, befanden der Gesandte und seine Regierung. Und so kehrte Machiavelli im Mai 1505 ohne unterschriebenen Vertrag aus Mantua zurück.
    Florenz war als Arbeitgeber für hochgeborene Kriegsunternehmer nicht attraktiv – das war Machiavellis Erkenntnis aus dieser Mission. Und sein Fazit zu seiner Dienstreise nach Siena im Juli 1505 lautete: Florenz brauchte keinen Cesare Borgia, um sich zum Spielball und Gespött kleinerer Mächte zu machen. In Siena hatte sich der listenreiche Machthaber Pandolfo Petrucci vom Saulus zum Paulus gewandelt – so schien es zumindest. Die Spatzen pfiffen von den Dächern, dass er bei Ponte a Cappellese mit von der Partie gewesen war. Jetzt aber gebärdete er sich als guter Freund der Republik. Machiavellis Diagnose fiel schon nach wenigen Unterredungen mit Petrucci eindeutig aus: Hände weg von diesem Intriganten, er treibt ein doppeltes Spiel mit uns!
    Machiavellis Heer
    Seine nächste Reise im Auftrag der Republik führte Machiavelli Anfang 1506 ins Mugello. Die Bewohner dieser florentinischen Gebirgsprovinz galten als besonders robust und daher als gute Soldaten. Kurz danach meldete sich der Chef der Zweiten Kanzlei aus dem Casentino, dessen Bevölkerung gleichfalls als besonders wehrtüchtig galt. Der Zweck beider Unternehmungen war denn auch derselbe: Rekruten mustern und ausheben.
    Die eigenen Untertanen zu bewaffnen war eine ebenso alte wie umstrittene Idee. In grauer Vorzeit hatte Florenz ein Bürgerheer ins Feld geschickt. Doch mit der Professionalisierung des Kriegswesens im 14. Jahrhundert erwies sich das Aufgebot der Kaufleute, Handwerker und Ladenbesitzer als nicht mehr konkurrenzfähig. Gravierende politische Bedenken taten ein Übriges. Je stärker das Patriziat die Republik dominierte, desto gefährlicher musste es werden, den Mittelstand zu bewaffnen: Aus der kleinsten Streiterei drohte so ein Bürgerkrieg zu werden. Dagegen waren die condottieri und ihre Söldner das kleinere Übel. Darüber waren sich alle Mächtigen Italiens zu Beginn des 16. Jahrhunderts einig.
    Machiavelli allein war anderer Meinung. Eine wohlgeordnete Republik hatte von einer Milizarmee nichts zu befürchten, aber viel zu erhoffen. Rom hatte mit seinen bewaffneten Bürgern die Welt erobert. In Rom war überhaupt nur Bürger, wer Militärdienst leistete. Warum sollte das nicht auch in Florenz möglich sein? Doch in diesem Punkt ließen die Regierenden nicht mit sich reden. So mussten sie sich in einer Denkschrift ihres Sekretärs harte Wahrheiten anhören:
Jeder weiß, dass jedes Imperium, jedes Königreich, jedes Fürstentum, jede Republik, ja jeder Mensch, der anderen befiehlt, bis herab zum Kapitän einer Barke, über Gerechtigkeit und Waffen verfügen muss. Von Gerechtigkeit habt Ihr nicht viel, von Waffen gar nichts. Dabei könntet Ihr das eine wie das andere bekommen, nämlich durch ein ordnungsgemäß beschlossenes und

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