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Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Titel: Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Reinhardt
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in einer potentiell bedrohlichen Lage. 1507 hatte der französische König wie so viele seiner Vorgänger die Oberhoheit über Genua gewonnen. Diese Eroberung wurde ihm von Julius II., der aus der genuesischen Untertanenstadt Savona stammte, verübelt; offenbar sah der Papst dadurch seine Ehre beschädigt.
    Im selben Jahr 1507 schlossen Frankreich und Spanien in Savona einen Frieden, den der Papst gegen sich gerichtet sah. Zudem wurde in Savona über die Notwendigkeit einer Reform der Kirche an Haupt und Gliedern gesprochen. Dieses Thema war für die Päpste seit jeher ein Warnsignal: Die Mächtigen dieser Welt drohten unter dem Vorwand der kirchlichen Erneuerung mit Konzil und Absetzung, um ihre politischen Forderungen durchzusetzen. Umso hellhöriger reagierte Julius II., als Ludwig XII. 1509 eine Reihe von kirchenpolitischen Entscheidungen traf, die in Rom nicht gebilligt wurden. Der französische König sah sich dabei jedoch im Recht; die Pragmatische Sanktion von 1438 hatte ihn de facto zum Herrn der französischen Nationalkirche gemacht, über deren lukrative Bistümer er verfügen konnte. Doch ein Papst, der so sehr auf die Würde des Heiligen Stuhls und auf seine persönliche Ehre bedacht war, sah darin eine unerträgliche Herabwürdigung seines Amtes und seiner Person. Ludwig XII. wiederum fühlte sich gekränkt, als der Papst im Februar 1510 aus der Koalition gegen Venedig austrat und mit der Serenissima einen Frieden schloss, der diese zugleich rettete und demütigte: Die stolze Markusrepublik musste nicht nur die nach 1503 in der Romagna eroberten Gebiete zurückgeben, sondern auch noch für diesen «Raub» feierlich Abbitte leisten. Für den französischen König war das päpstliche Ausscheren Verrat aus purem Eigennutz.
    Gewiss, die ehemals so schöne Freundschaft zwischen dem Papst und dem König war getrübt, doch ausreichende Motive für den jetzt anhebenden Kampf bis aufs Messer konnten die politischen Beobachter in diesen wechselseitigen Nadelstichen nicht erkennen. Je mehr die Auseinandersetzung eskalierte, desto intensiver wandten sich beide Seiten an die Öffentlichkeit. In diesen Medienkampagnen hatte Julius II. das feinere Gespür für die richtigen Töne: Befreit Italien, unser geschundenes Vaterland, vom Terror der gallischen Barbaren! Diese Parole zündete in weiten Kreisen der Mächtigen und der Gelehrten. Ähnliche Kampfrufe hatte bereits der erste große Humanist Francesco Petrarca um die Mitte des 14. Jahrhunderts angestimmt.
    Aus dem Munde Julius’ II. klang dieser Aufruf allerdings widersprüchlich. Zum einen hatte er sich bislang mit den Franzosen bestens verstanden. Zum anderen wollte er sie mithilfe von Völkerschaften vertreiben, die als sehr viel «barbarischer» einzustufen waren als die angeblich so wüsten gallischen Horden, deren verfeinerten Lebensstil die italienische Oberschicht in Wirklichkeit sehr wohl zu schätzen wusste. Im März 1510 hatte Matthäus Schiner die zwölf regierenden Orte der Schweiz zu einem Militärbündnis mit dem Papst überredet, das diesem günstige Konditionen bot: 6000 Mann standen fünf Jahre lang zur freien Verwendung des Heiligen Vaters auf Abruf bereit! Dafür zahlte Julius II. den politischen Führungsschichten in den einzelnen Kantonen sowie im Wallis hohe «Pensionen» und den Söldnern lukrative Gehälter.
    Im Juni 1510 fühlte sich der Papst stark genug, um den Kampf gegen Frankreich zu eröffnen. Ein französischer Kardinal wurde in der Engelsburg gefangen gesetzt, als er sich zu seinem König begeben wollte. Kurz darauf sagte der Papst dem französischen Botschafter ins Gesicht, dass er Ludwig XII. für seinen persönlichen Feind halte, und wies ihm die Tür. Als Verbündete des allerchristlichsten Königs geriet die Republik Florenz dadurch in eine unbehagliche Situation. Machiavellis Mission trat in ihre zweite Phase ein: Auf die Theorie folgte die Praxis, nach der Analyse der Situation kam die diplomatische Aktion. Es wurde Zeit, den Chef der Zweiten Kanzlei als Kundschafter an den französischen Hof, den zweiten Brennpunkt des Konflikts, zu schicken.
    Machiavellis Instruktion vom 20. Juni 1510 stellte der gonfaloniere Piero Soderini selbst aus und unterstrich damit die Bedeutung der Mission. Machiavelli sollte den französischen Monarchen der Ergebenheit der Republik versichern und zugleich deutlich machen, in welch bedrängter Lage sich diese durch Frankreichs unselige Feindschaft mit dem Papst befand. So mündete

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