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Macho-Mamas

Titel: Macho-Mamas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michèle Binswanger , Nicole Althaus
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versorgen.
    Emotional hielten die Väter Distanz; Haushalt und Fürsorge für die Kinder überließen sie den Frauen. Dieses soziale Muster spiegelt sich in der Literatur. Väter erscheinen als Männer, mit denen man jahrelang zusammenleben kann, ohne sie je kennengelernt zu haben. Sie sind eine prominent besetzte Leerstelle, fremde Herrscher im eigenen Reich, wie es der Schriftsteller Joseph Roth beschreibt. Dafür wimmelt es von Söhnen, die ihren oder auch nur einen Vater suchen.
    Der neue Vater ist anders. Wie er ist, weiß er selber nicht so genau. Zu seinem Leidwesen gibt es keine Gebrauchsanweisung für die neue Vaterschaft. Immerhin haben Kultur- und Lifestyle-Magazine im vergangenen Jahrzehnt damit begonnen, den neuen Vater zu beschreiben und zu klassifizieren. Und auch die Väter selbst haben sich zu Wort gemeldet. Sie schreiben Bücher und treten im Fernsehen auf. Sie geben zu verstehen, dass man nicht ein beklagenswerter Fußsoldat der Emanzipation sein muss, um zu Hause mitzuhelfen. Sie begreifen die Rolle des aktiven Vaters als Kontinent, der auf Landnahme wartet und auf dem sie als Helden auftreten.
    Besonders verbreitet sind sie in urbanen Gegenden mit einem hohen Anteil an jungen Familien. Dort fahren die Teilzeit arbeitenden Väter mit den Kinderwägen im Park umher, schlürfen Cappuccino und wickeln das Baby stoisch, wenn auch leicht zerknirscht, in aller Öffentlichkeit, wenn es seine Windeln bis über den Hals des Bodys hinaus vollgemacht hat. Die neuen Väter übernehmen auch die eher unangenehmen Aufgaben der Kinderbetreuung, weil sie etwas erfahren haben, was Generationen von Vätern vor ihnen unbegreiflich war: Sich mit seinen Kindern abgeben zu können, ist ein Privileg.
    Allerdings hat die Wandlung ihren Preis. Die neuen Väter scheinen die Zeit mit ihren Kindern zwar sehr zu schätzen, sie aber als gewöhnungsbedürftiger und anstrengender zu empfinden, als sie es sich vorgestellt haben. Abseits der medialen Begeisterung über die neuen Möglichkeiten ist die Vollzeitbeschäftigung mit Kleinkindern für Väter ein besonderes Risiko. Zwar gilt für beide Eltern gleichermaßen, dass sie durch die Elternzeit berufliche Nachteile in Kauf nehmen. Bei Müttern wird das als normal erachtet, bei Vätern nicht. Sie setzen sich bewusst der Gefahr aus, nicht für voll genommen zu werden. Sie ernten schräge Blicke, sowohl im Büro als auch unter Freunden, auf den Spielplätzen von Müttern, die ihr Territorium mit der altbewährten Mischung aus aggressiver Freundlichkeit und subtiler Missbilligung verteidigen. Auch Väter fühlen sich von den ausufernden Diskussionen über Schoppentemperatur und der Konsistenz von Milchstuhl intellektuell unterfordert. Auf den Punkt gebracht, ist der neue Vater ebenfalls ein Versuchskaninchen – das Versuchskaninchen der männlichen Emanzipation. Und die hat nicht nur mit Babykacke und Breimahlzeiten zu tun, sondern vor allem mit dem Brei in unseren Köpfen.
    Männer stehen nicht nur unter dem Druck, ihre Leistungsfähigkeit neu mit der Geschicklichkeit beim Windelwechseln und der raschen Zubereitung von Rüeblibrei zu messen. Um sich nämlich dort beweisen zu können, müssen sie erst ideologische und strukturelle Hindernisse überwinden. Oft arbeiten sie in kleinen und mittleren Unternehmen, deren Geschäftsstruktur keine Elternzeit vorsieht. Die der Mutter ist gesetzlich geregelt, weil die körperliche Beanspruchung sie erzwingt, beim Vater wird dem Wunsch nach einer Auszeit mit Rationalisierungsdruck begegnet. In großen Unternehmen, in denen Ausfälle mit flexibler Personalkraft kompensiert werden können, mag es einfacher sein, das männliche Recht auf Vaterzeit einzufordern. Bislang aber ist der Vater noch mehr «weg vom Fenster», wenn er sich gleich lang wie eine Mutter aus dem Berufsleben verabschiedet.
    Warum sollen die Männer etwas auf sich nehmen, bei dem sie so viel Widerstand überwinden müssen? Bislang galt: Die Frauen müssen es von ihnen einfordern. Und das ist nicht von der Hand zu weisen: Ohne die Ansprüche der Mütter geht es nicht. Aber eine Änderung kann nur dadurch erzwungen werden, dass nicht bloß die Forderung der Mütter, sondern auch andere Faktoren zu spielen beginnen. Eine weitere Forderung ist die an die Wirtschaft, die sich pragmatisch nur einer Bewegung beugt, die stark genug ist, dass sie nicht anders kann, als ihre Interessen dem gesellschaftlichen Bedürfnis anzupassen. Eine weitere ist der Mann selbst, der nicht nur

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