Macho-Mamas
erreichen ist, wenn man sie zu einer Sechzigprozentstelle zusammenzieht. Nicht in erster Linie, weil zwei Arbeitnehmer mehr kosten als einer, sondern weil zwei Mitarbeiter, die nur selten im Team präsent sind, sowohl an der Stimmung wie auch an der Leistung dieses Teams weniger interessiert sind als jemand, der drei von fünf Tagen für dieses Team arbeitet. Diese Erfahrung spricht nicht gegen Teilzeitstellen, sondern gegen kleine Teilzeitstellen. Es ist bekannt, dass Teilzeitarbeitende mehr leisten als das, wofür sie bezahlt werden. Warum also nicht ein größeres Pensum annehmen und mit der Chefin aushandeln, wann man ins Büro kommt und wann man zu Hause arbeitet?
Eine Chefin, die selber Mutter ist, wird bei guter Leistung auf diesen Handel eingehen, wenn es irgend geht. Nicht weil sie ein besserer Mensch ist. Oder ein besserer Chef. Sondern weil sie aus eigener Erfahrung weiß, dass die große Mehrheit der Mütter ein solches Entgegenkommen nicht ausnutzen, sondern im Gegenteil mit Leistung honoriert. Schließlich haben sie mehr zu verlieren als alle anderen Arbeitnehmer: Sie sind weniger flexibel und deshalb weniger begehrt auf dem Arbeitsmarkt.
Überhaupt nimmt, wer beide Seiten kennt, die Mutterschaft von Mitarbeiterinnen nicht nur als organisatorischen Mehraufwand und Kostenfaktor wahr, sondern sieht darin sogar Vorteile. Als Macho-Mama von einer ihrer Mitarbeiterinnen, einem Genie in Multitasking, auf das sie sich stets hatte verlassen können, um ein Gespräch gebeten wurde, rechnete sie mit dem Schlimmsten: einer Kündigung. Ihr war zu Ohren gekommen, dass die Konkurrenz an der Mitarbeiterin interessiert war. In Gedanken zählte sie bereits die Wochen, die ihr noch bleiben würden, als die Mitarbeiterin ihr eröffnete, sie sei schwanger und sie wolle nach dem Babyurlaub siebzig Prozent arbeiten. Macho-Mama umarmte die Schwangere, noch bevor sie ihr gratulierte. Sie kriegt bloß ein Baby, dachte sie. Und dann: Etwas Besseres hätte mir nicht passieren können.
Macho-Mama musste wohl eine Vertretung für den Babyurlaub organisieren und die Pensen und Aufgaben neu verteilen. Doch sie wusste nun, dass ihre Mitarbeiterin sich mittelfristig nicht würde abwerben lassen. Nicht wenn ihr keine Steine in den Weg gelegt würden. Zu gut konnte sie sich daran erinnern, welch große Anpassungsleistung das erste Baby einer berufstätigen Mutter abverlangte, und dass in den ersten zwei Jahren kaum genügend Energie und Zeit für Bewerbungsschreiben, Probezeiten und Positionssicherung an einer neuen Arbeitsstelle übrig blieb. Mit anderen Worten: Die anderen Umstände machten zwar Umstände, sicherten ihr aber zugleich eine exzellente Mitarbeiterin.
Auch von dieser Seite kann man die Schwangerschaft einer Angestellten betrachten. Verschiedene Blickwinkel erweitern das Verhaltensrepertoire in einer Firma und bereichern sie. Im Fachjargon heißt das Diversity. Ein Schlagwort, mit dem sich Firmen heute gerne schmücken. Nebst der ethnischen Vielfalt hat man sich bisher fälschlich nur auf die Genderfrage konzentriert. Dabei wurden einmal mehr die Mütter übersehen. Mütter sind zwar keine Wunderwesen, an denen die Bilanzen genesen, aber sie bringen einen anderen Erfahrungsschatz in die Firma ein als kinderlose Frauen. Gezielte Mütterförderung dürfte künftig für die Wettbewerbsfähigkeit einer Firma immer wichtiger werden. Die Mehrheit der Frauen werden nämlich irgendwann Mutter. Und von flexiblen Karrieremodellen profitieren auch Väter.
6
Die Tücken des Alltags
Dieses Buch wurde nicht am Reißbrett entworfen, sondern ist aus dem Leben heraus entstanden. Über mehrere Jahre haben wir auf dem Mamablog täglich unseren Mütteralltag seziert, die Fachliteratur nach Studien durchsucht und nach Neuigkeiten und Thesen gefahndet, die sich mit der modernen Elternschaft befassen. Die einzelnen Momentaufnahmen sind wie Teile eines Puzzles: Sie haben sich nach und nach zu einem Bild gefügt. Die für dieses Kapitel ausgewählten Blogs aus jüngerer Vergangenheit spiegeln den praktischen Alltag, aus dem die Thesen dieses Buches erwachsen sind. Sie sind die Probe, ohne die keine Theorie bestehen kann. Und sie zeigen, dass auch Macho-Mamas meistens mehr Mama sind als Macho.
Mutter werden
Die Faust des Kosmos (M. B.)
Wenn man schwanger ist, fragt man sich immer wieder, ob gebären wirklich so schlimm sei. Nicht jede Geburt dauert zweiundsiebzig Stunden, ist eine Taxi-Sturzgeburt oder eine
Weitere Kostenlose Bücher