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Macho-Mamas

Titel: Macho-Mamas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michèle Binswanger , Nicole Althaus
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Plazenta-zieht-sich-nicht-zusammen-und-ich-wäre-fast-verblutet-Geburt. Leider aber, muss ich zugeben, sind auch ganz normale Geburten nichts für Weicheier.
    Am meisten überraschte mich bei meiner Schwangerschaft, wie ein positiver Urintest so viele negative Folgen haben kann. Womit ich nicht mal die Stützstrümpfe, das saure Aufstoßen und die allgemeine Schlappheit meine, sondern die Myriaden von Gefahren, die Schwangeren plötzlich zu drohen scheinen und die mit allerlei Tests eingedämmt werden sollen. Ich kam mir vor wie der Einkaufswagen einer fröhlichen WG. Jeder darf etwas hineinwerfen. Kaufen Sie jetzt – bezahlen Sie in neun Monaten! Und dann kam die schockierendste aller Fragen: «Wo wollen Sie gebären?» Gebären? Ist das nicht so eine Art Urban legend? Und sowieso erst in neun Monaten? In vierzig Wochen? Allerdings hatte ich auch keine Lust, auf dem Schragen zu enden wie die Gebärende bei Monty Python, die den Muttermund auf- und die Klappe zuzumachen hat, damit die Maschine mit dem «Ping» besser zur Geltung kommt. Ich meldete mich also in einem Geburtshaus an.
    Die vierzig Wochen erspare ich Ihnen. Nur so viel: Sie fühlten sich an wie die Rückführung in ein früheres Leben als Walross. Als der Geburtstermin näher rückte, wurden gewisse Fragen zunehmend dringlich. Wie schlecht gewählte Untertitel legten sie sich über ganz alltägliche Tätigkeiten. Man fährt beispielsweise gerade seinen Bauch mit dem Velo spazieren, und da reihen sich auf der Straße plötzlich Buchstaben zu Sätzen: Wie zum Teufel werd ich das schaffen? Sind all diese Menschen, die hier so arglos herumspazieren, tatsächlich einmal geboren worden? Wie sehr wird es schmerzen? Und vor allem: WAR DAS DA NICHT GERADE EINE WEHE?
    Und dann kam er, der Tag, an dem der Geburtstermin sein sollte. Ich war ganz der aufgeräumte Pfadfinder, horchte auf meinen Uterus, um allfällige scheue Wehen in freier Wildbahn zu ertappen. Irgendwo ging die Sonne auf. Dann ging sie wieder unter. Geschehen war nichts. Der Tag war vorübergezogen wie ein Schiff am Horizont und hatte mein verzweifeltes Winken ignoriert. Mein Kopf begann zu meutern. Weigerte sich, auch nur eine einzige Minute weiter auf diese blöden Wehen zu lauschen. Und der Körper eilte ihm zur Seite, bekundete seinerseits, er sei des Wartens müde und werde erst mal keinen Schritt mehr tun, wenn es nicht endlich losgehe. Das sagt er zu mir, der Verräter? Dabei ist doch alles seine Schuld.
    Ein Tag über Termin. Sengende Sonne. Nichts zu trinken. Und die Crew im Generalstreik. Was kommt nach Tag eins? Leere. Ein vertrocknetes Tal. Aber dann stellte ich fest, dass es eine Weltverschwörung geben muss. Denn jenseits des Tages eins nach Termin kam – Achtung: Tag zwei. Zwei? Nie gehört. Ich hatte mich längst in mein Schicksal immerwährender Schwangerschaft gefügt. Und ich hieß mein neues Selbst willkommen, zwanzig Kilo schwerer, mit einer Neigung zu Wassereinlagerungen und Flatulenz. Dann kam Tag drei. Es war der 11. September 2001, der Tag des Anschlags. Vor Schreck überhörte ich den ersten kleinen Krampf in meinem Bauch. Und auch den zweiten, dritten, vierten. Alle weiteren Krämpfe der folgenden Stunden.
    Irgendwann begann ich zu hecheln. Mein Mann rief ein Taxi. Der Fahrer war Inder und beobachtete mich so furchtsam im Rückspiegel, dass ich tat, als sei alles in bester Ordnung. In den Wehenpausen stellte ich mich tot. Und die Wehen beatmete ich, indem ich die Idioten verfluchte, die den Verkehr verstopften. Was den Fahrer nicht merklich besänftigte. Bloß nicht im Taxi gebären!, betete ich während der Fahrt. Ich wurde erhört. Im Geburtshaus zog man mich aus, hängte mich an den Wehenschreiber und hievte mich dann in die Wanne. Jetzt waren die Wehen stark. Als würde man gehäutet und dann einen Hang hinuntergerollt. Aber das Gute dran: es gab Pausen. Sie reichten zwar nicht, um eine Zigarette zu rauchen, aber ich rauchte ja sowieso nicht mehr. Dafür ließ ich mir von meinem Mann die Stirn tupfen.
    Irgendwann sagte die Hebamme: «Pressen!» Der Befehl war mir aus Filmen bestens bekannt. Leider hatte ich trotzdem keine Ahnung, was er bedeutete. Aber das machte nichts. Denn im selben Moment stieß von oben eine kosmische Faust durch meinen Schädel in den Uterus und presste. Ich schrie. «Noch mal!», schrie die Hebamme. «Gleich ist es so weit!» Bevor ich mich fragen konnte, warum meine Foltermagd mich freundlich wie ein Käsebrot anschaute, kam wieder die Faust.

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