Macho-Mamas
Karriere zwar nicht geplant, aber ihre Berufswünsche auch nicht in vorauseilendem Gehorsam auf eine mögliche Mutterschaft zugeschnitten haben. Und sie betonen, dass ihr Partner sie zu Hause entlastet und auf dem Weg nach oben unterstützt habe.
«Ich habe nicht nur zwei Kinder, sondern auch einen Mann», antwortete etwa Susanne Ruoff, die neue Schweizer Postchefin, auf die obligate Vereinbarkeitsfrage des Tages-Anzeigers nach ihrer Wahl im Dezember 2011. Mehr sagte sie dazu nicht, und doch sagte sie damit alles: Eine Frau braucht zwar heute keine gute Partie mehr, um an Status zu gewinnen, aber die Wahl des Partners ist für eine weibliche Karriere, die Mutterschaft nicht ausschließt, immer noch zentral.
Die Vorbildfrage
Frauen brauchen Vorbilder, heißt es gern. Es gebe zu wenig berühmte Wissenschaftlerinnen, Künstlerinnen und Politikerinnen, die Geschichte geschrieben haben. Zu wenig Chefinnen, die konsequent Frauenförderung betreiben. Das stimmt natürlich. Doch wenn gefragt wird: Wo bleibt der weibliche Kolumbus? Dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass die gerade ein Kind geboren hat, als es darum ging, gen Westen zu fahren. Es gibt viel zu wenig Mütter in sämtlichen Schlüsselpositionen.
Das behaupten wir nicht, weil wir glauben, Mütter würden einander aus Solidarität weiterhelfen, sondern weil wir überzeugt sind, dass Hindernisse nur als solche erkannt und abgebaut werden können, wenn sie einmal übersprungen werden. Im Fall der Mütter ist das noch nicht geschehen. Daran haben auch die Frauen, die auf den Chefsessel geklettert sind, nichts wesentlich geändert. Die haben nämlich das bei weitem größte weibliche Karrierehindernis gar nicht bezwungen, sondern umgangen: Die wenigsten von ihnen haben Kinder geboren. Die wenigsten haben einen Babybauch ins Büro getragen und erfahren, was er dort auslöst. Das ist der Grund, warum Mütter meist von kinderlosen Frauen genauso wenig Verständnis erfahren wie von Männern. Das haben viele Mütter in den vergangenen Jahrzehnten am eigenen Leib zu spüren bekommen, bewiesen aber wurde es erst vor kurzem: Der Working Mother Report , eine amerikanische Studie, hat 2010 erstmals landesweit untersucht, ob Mütter anders denken als kinderlose Frauen, Männer und Väter, und wo sie im Arbeitsleben die größten Stolpersteine orten. Die Ergebnisse sind ernüchternd und erhellend zugleich:
› So schätzen etwa kinderlose Frauen und Männer den Fortschritt der Chancengleichheit im Berufsleben sehr viel größer ein als Mütter und Väter. Und sie glauben weniger, dass Frauen mit Kindern bereit sind, im Büro eine Zusatzanstrengung zu leisten, oder dass sie aufsteigen wollen. Männer und Frauen denken also ähnlicher, als man vermuten möchte. Das Geschlecht beeinflusst Denken und Wahrnehmung weniger als die Erfahrungen, die man teilt. Eine Tatsache, die wenig überrascht, aber viel bewirkt. Etwa das schlechte Gewissen, wenn das Kind einmal krank ist. Oder die beschämend kleine Anzahl Mütter auf der Beförderungsliste.
› Auch das Gerücht, dass der größte Feind der Frau eine Frau ist, wird durch die Studie leider bestätigt: Manager sind Müttern offenbar freundlicher gesinnt als Managerinnen. Chefs schätzen Frauen mit Kindern wesentlich leistungswilliger und karriereorientierter ein als ihre Kolleginnen. Auch das kann nicht wirklich überraschen, wenn man bedenkt, dass kinderlose Frauen oft bewusst für ihre Karriere auf Kinder verzichtet haben und das nun als Bedingung für genügend Ehrgeiz, Einsatz und generell für den Aufstieg sehen.
Eine Frauenquote allein, so wird deutlich, wird den Müttern also nicht weiterhelfen. Weil sie wohl Frauen nach oben befördert, aber nicht die Hindernisse aus dem Weg räumt, die der weiblichen Mehrheit, den Müttern, im Weg stehen. Eine Tatsache, der sich die eine Macho-Mama erst bewusst wurde, als sie tatsächlich aufstieg und plötzlich auf der anderen Seite stand. Nun war sie die Chefin. Sie bestimmte, wie groß oder klein die Arbeitspensen ausfallen, wann Sitzungen einberufen und wann Präsenz verlangt wurde. Sie realisierte schnell: Alle Wünsche, die sie als Mutter hegte, konnte sie als Chefin nicht realisieren. Aber manch einer Tatsache begegnete sie als Chefin anders, weil sie Mutter war. Hatte Macho-Mama als Teilzeit arbeitendes Mami kleine Pensen noch für unattraktiv, aber unproblematisch gehalten, so sah sie nun als Chefin plötzlich, wie viel mehr mit zwanzig und vierzig Prozent zu
Weitere Kostenlose Bücher