Macho-Mamas
Und noch mal. Und noch mal. Und dann war es vorbei.
Ich dümpelte friedlich im Nirwana herum, als eine Stimme mich zurückholte. «Gratuliere, es ist ein Mädchen», sagte sie und legte mir ein Bündel auf die Brust. Das Bündel hatte Augen. Und blickte mich argwöhnisch an. Ein Kind, wer hätte das gedacht? Mein Kind. Dies war der erste Tag meines neuen Lebens als Mutter. Ich habe ihn nie bereut.
Stillen jenseits der Stille (N. A.)
Stillen kann wunderschön sein. So relaxed und praktisch. Jedenfalls am Anfang – solange man noch im Wochenbett liegt, bekocht und bedient wird. Also im Schnitt etwa eine Woche nach Geburt. Danach kollidiert das entspannte Hinsetzen, Brust auspacken, Baby ansetzen, Bindung genießen mit diversen anderen Mutterpflichten, die in der Öffentlichkeit stattfinden: Einkaufen, Arztbesuch, Schulbesuch, Verwandtenbesuch, überhaupt allerlei Besuch. Jedenfalls war das bei mir so. Denn ich bin erstens kein Genie der Logistik. Nie ist es mir gelungen, sowohl Baby, Geschwisterkind als auch Haushalt perfekt ums Stillen herum anzuordnen. Und zweitens brachte die häusliche Isolationshaft schon nach einer Woche Charakterzüge in mir hervor, die sehr ungesund sind – für das Baby und sein Geschwister.
Also blieb mir nichts anderes übrig, als den Busen auch mal vor Publikum auszupacken. Leider gab es damals den Stilltreff Starbucks noch nicht. Und so realisierte ich schnell, dass ich gerade mal den Ort für das Busenauspacken wählen, nicht aber die Reaktionen darauf beeinflussen konnte. Wo ich auch fütterte, begegnete ich Menschen, die mir ermunternd zulächelten, und andere, die mir zu verstehen gaben, dass sie in der Mutterbrust keine Futterquelle sehen wollen, auch nicht, wenn ein Baby dranhängt. Bei diesen Zeitgenossen handelte es sich keineswegs nur um Männer. Und weil diese Menschen genauso ein Recht darauf haben, sich gestört zu fühlen, wie ich darauf, mein Baby zu stillen, war für mich das Füttern vor Zuschauern alles andere als entspannt.
Weitaus schlimmer allerdings war das Melken. Jede stillende Frau, die nach den sechzehn Wochen staatlich bewilligter Babypause wieder in die Berufswelt einrücken muss oder darf – tja, die ist fortan einem ganz anderen Rhythmus ausgesetzt als dem ihres Kindes. Dem ihrer Milchpumpe nämlich. Mpfff-tschsch, mpfff-tschsch, geht dieser nervtötende Rhythmus, der jede Frau zur Milchkuh degradiert. Und das ist lediglich die hörbare Seite der Folter, die Muttermilch auf Pump bedeutet. Weit vielfältiger sind die spürbaren.
Wer sich zum ersten Mal hinsetzt, die Brust entblößt und eine Pumpe ansetzt, wird schmerzvoll daran erinnert, dass diese nicht dieselben Reflexe auslöst wie das süße Baby. Sie ist aggressiv und unerbittlich, ihr Hunger unstillbar. Was die ahnungslose Mutterbrust dazu verleitet, gar keine oder so viel Milch zu produzieren, dass sie damit eine ganze Säuglingsstation sättigen könnte. Häufig fängt sich die Mutter in der Folge mindestens eine Brustentzündung ein und merkt zudem, dass sie sich nicht einfach morgens und abends melken kann, sondern die Pumpe auch im Büro einsetzen muss. Womit wir bei den erniedrigenden Seiten des Stillens auf Pump angelangt sind.
Meist nämlich arbeitet Frau an einem Ort mit wenig Intimsphäre. In einem Großraumbüro etwa. (Stillen und der Status für ein Einzelbüro, also ein Chefposten, schließen sich laut Schweizer Arbeitnehmerstatistik fast gänzlich aus.) In einem Großraumbüro hat es per Definition zahlreiche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Und Stillen ist – ich hab es zweimal drei Monate lang ausprobiert, und das ist amtlich – endgültig nicht mehr relaxed, wenn frau sich mpfff-tschsch, mpfff-tschsch auf dem Bürostuhl vor Zuschauern melken lassen muss.
Alternativ steht selbstverständlich jeder Mutter die Toilette fürs Pumpgeschäft zur Verfügung. Können Sie sich vorstellen, wie sinnlich das Stillen wird, wenn im Stall daneben jemand ein anderes Geschäft erledigt? Nein? Eine sechsmonatige Stillpflicht, wie sie die Weltgesundheitsorganisation und mit ihr diverse andere Stilllobbys propagieren, ist im neuen Jahrtausend und in der westlichen Welt eine Zumutung. Jedenfalls solange die nötige Infrastruktur in den Büros fehlt.
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