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Machos weinen nicht

Machos weinen nicht

Titel: Machos weinen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
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Garten. Er ähnelte der Orangerie in der Nähe des Taurischen Palastes. Man verspürt Lust, sich zu recken und aus dem Fenster zu sehen, und vor dem Fenster liegt Schnee. Die Delegierten saßen in Liegestühlen, tranken Cola aus Dosen und unterhielten sich.
    Ich suchte und fand Papauskas. Heute trug er Shorts und ein Hemd von LL Bean. Vermutlich auch im Secondhandladen gekauft.
    »Wie hast du geschlafen? Ganz nettes Wetterchen hier im Januar, was? Bei mir im Zimmer wohnt irgend so ein Philippinenkamuffel. Und bei dir? Hat mich die halbe Nacht nicht schlafen lassen, der Schweinehund.«
    »Ja-a.«
    »Übrigens, hast du gesehen – es sind auch Russen hier. Sowjets, meine ich. Irgendwelche Georgier, Burjaten – zehn Kasachen. Mädchen sind auch dabei. Hast du sie nicht gesehen?«
    »Nei-ein.«
    Ich trank den Kaffee aus, rauchte die Zigarette zu Ende und aß eine anonyme Frucht. Gelbes Fruchtfleisch und innen drin ein enormer Kern, handtellergroß. Vielleicht eine Mango.
    »Hast du dir das Programm geholt? Geh zum Organisationskomitee.«
    »Wo ist das?«
    »Haus vier. Siehst du das Dach über den Palmen? Das da hinten?«
    »Und was steht im Programm?«
    »Heute ist free-day. Wir amüsieren uns auf eigene Faust. Abends gibt es in der Kantine Tanz und Verzehr von malaiischen Nationalgerichten. Die Eröffnung des Kongresses ist morgen. Um zehn Uhr vormittags Ortszeit. Die Delegierten werden gebeten, in ihrer Nationaltracht zu kommen. Hast du so was?«
    »Mhm. Bastschuhe. Ich hab sie nur noch nicht geputzt, ist doch nicht schlimm, oder?«
    Das Kongress-Center ähnelte einem Pionierlager. Gebäude im Kolonialstil, üppige Vegetation. Die Palmen ragten weit höher empor als die Dächer. Unter einigen lagen die Schalen von Kokosnüssen. Über die Wege schritten strenge und konzentrierte Malaien. Man bekam Lust, ihnen ins Gesicht zu schauen und einschmeichelnd zu lächeln.
    Vor Haus vier standen Fahnenstangen mit Flaggen. Im Organisationskomitee sprach gerade ein Mädchen mit Anstecker zu einem Grüppchen seltsam gekleideter Frauen. Vielleicht repräsentierten sie auf dem Kongress den Voodookult. An den Wänden hingen Bekanntmachungen. Ich betrachtete sie alle aufmerksam. Etwas Russisches war nicht dabei.
    »Kann ich Ihnen helfen?«
    »Ich bin Journalist. Aus Russland. Ich will über den Kongress schreiben. Brauche ich irgendeine besondere Akkreditierung?«
    »Nein, Sir. Für die Journalisten ist dasselbe Programm vorgesehen wie für die Delegierten. Die Presseverlautbarungen können Sie täglich hier im Organisationskomitee bekommen.«
    Ich nahm das Kongressprogramm in die Hand, blätterte es durch und fragte, ob ich mir einen Stadtplan mitnehmen dürfe. Die Karte war in fröhlichen gelb-blauen Tönen gehalten. Der Bereich des Kongress-Centers war mit einem dicken roten Kreis umrandet. Daneben war zu lesen: »Sie befinden sich hier.«
    Die Straßennamen sagten mir überhaupt nichts.
    »Können Sie mir einen Rat geben, was man sich in Ihrer Stadt anschauen sollte?«
    »Wofür interessieren Sie sich denn? Fahren Sie ins Zentrum. Hier – und hier auch, da ist es sehr schön. Viele alte Moscheen. In diesem Bezirk können Sie ...«
    »Apropos Moscheen. Gibt es in Kuala Lumpur buddhistische Kirchen?«
    »Buddhistische, Sir? Wir sind ein islamisches Land.«
    »Keine einzige buddhistische Kirche?«
    Das Mädchen drehte lange die Wählscheibe des Telefons und holte Erkundigungen ein. Die malaiische Sprache hörte sich an wie eine Katze, die unter einen Schneeräumwagen gekommen ist.
    »Ich habe alles geklärt, Sir. Das buddhistische Kloster Sumbun befindet sich hier. Das ist gar nicht weit weg. Die Gegend heißt ›Distrikt Mandalujong‹. Können Sie das behalten, oder soll ich es Ihnen aufschreiben? Allerdings ist das Kloster nicht jeden Tag für Besucher geöffnet. Vom Kongress-Center ist das – ich denke, etwa eine Stunde zu fahren. Wissen Sie, wie Sie dorthin kommen?«
    »Also, eigentlich bin ich zum ersten Mal in Kuala Lumpur.«
    »Am besten nehmen Sie den Autobus. Die großen Busse haben Air-Condition. Und sind nicht sehr teuer. Obwohl den Weißen – ich meine den Europäern – unsere Jeepneys meist lieber sind. Das ist so eine Art Kleinbus. Sie werden sie erkennen, Sir. Das sind solche – bunten. Es ist ein bisschen eng darin, aber den Weißen gefällt es.«
    »Danke.«
    »Wollen Sie allein in die Stadt gehen? Ich würde Ihnen empfehlen, jemanden mitzunehmen. Es ist für Weiße in der Stadt nicht ungefährlich. Und

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