Machos weinen nicht
Eingang ein Plakat: »Ihre Sicherheit wird von der Regierung der Republik Malaysia garantiert.«
An den Wänden blinkten und rasselten Spielautomaten. In Plastiksesseln saßen Frauen in gelben Saris mit Punkten auf der Stirn. Hinter den riesigen Fenstern sah man das Rollfeld. In den Flugzeugsilhouetten lag etwas Freudianisches. Auf den Rümpfen leuchteten gelb die Embleme unbekannter Fluggesellschaften.
Nach zwanzig Stunden Flug war ich etwas wacklig auf den Beinen. Vielleicht lag das auch am Bier. An der Uniform des Offiziers der Passkontrolle waren schöne silberne Knöpfe angenäht.
»Zweck des Besuchs?«
»Ich bin akkreditiert beim Kongress – äh – beim Religionskongress.«
»Oh! IYC! Welcome to Malaysia, Sir!«
Papauskas wartete hinter dem Drehkreuz auf mich.
»Was ist das, Ai-Uai-Si?«
»So heißt unser Kongress. Wusstest du das nicht? International Youth Congress.«
Die Grenzsoldatinnen hatten böse Gesichter, wie französische Bulldoggen. Ich ging durch den Metalldetektor. Irgendwas begann zu piepsen. Die Frauen stürzten sich auf mich, zerrten mich beiseite und begannen, die Nähte meiner Kleider abzutasten. Eine knallte mir ihren Gummiknüppel gegen die Beine. Bei der Zollkontrolle fragte man mich, ob ich Fleisch einführe. Ich wunderte mich und sagte Nein.
Wir fuhren eine kurze Rolltreppe hinunter.
»Da sind sie ja!«
Vor der Rolltreppe standen etwa zwanzig Malaysier, alle in den gleichen weißen, über die Hose hängenden Hemden. Ein Schild IYC-Delegates ragte über ihnen in die Höhe. Wir gingen zu ihnen. Papauskas sagte, die delegates seien wir.
Die Malaysier waren klein und graugesichtig. Ich schüttelte etliche Hände und antwortete, ich sei aus Russland gekommen. Breiter als alle anderen lächelte ein Mädchen mit kleinen schwarzen Zähnen.
»Ich heiße Denti. Und du? Bist du ein delegate? Komm, ich nehme deine Tasche.«
Der Lama erschien erst nach einer Weile. Er legte die Hände vor der Brust zusammen und verbeugte sich. Zwischen den Malaysiern sah er aus wie ein Nikolaus mit abrasiertem Bart. »Gehen wir?«
»Sie sagen, wir müssen noch warten. Sie wollen erst sehen, ob noch jemand gekommen ist.«
»Ich warte draußen.«
Sich durch die schwitzende Menge zu drängen war schwierig. Die Türen des Flughafens öffneten sich automatisch. Der Teufel soll diesen Fahrenheit holen. Im Gebäude arbeitete eine Klimaanlage, aber draußen natürlich nicht. Sind Sie schon mal mit einer Lederjacke bekleidet in eine Tasse mit kochend heißer Bouillon gesprungen?
Von dem hell erleuchteten Gebäude führte in beide Richtungen eine Hochstraße. Auf dem Asphalt stand etwas geschrieben. Die Autos und Fahrradrikschas glitten irgendwie falsch auf die Aufschrift zu. Erst nach einer Minute merkte ich, dass hier Linksverkehr herrschte.
Im Autobus zog ich meine Jacke endlich aus. Mein T-Shirt kam direkt aus der Waschmaschine, aber ohne geschleudert worden zu sein. Außer uns hatte unser Empfangskomitee noch ein paar trübe lateinamerikanische Typen auf dem Flughafen aufgegabelt. Als Letzte betraten zwei noch ganz junge Soldaten mit Gewehren den Bus. Sie trugen salatgrüne Uniformen und Stiefel mit Galoschen.
»Hast du nicht gefragt, wohin sie uns bringen?«
»In irgendein Kongress-Center.«
»Da werden wir wohnen?«
»Ja. Angeblich soll es das komfortabelste Hotel in ganz Lumpur sein.«
Draußen war es irgendwie viel zu schwarz. Staubige Palmen glitten vorbei, mit Lichtergirlanden behängt wie Weihnachtsbäume. Dann fuhren wir in die Stadt. Die Wolkenkratzer waren gelb, die Minarette der endlosen Moscheen giftgrün. Wenn der Bus an einer Ampel hielt, betrachtete ich die winzigen Fußgänger.
Der Fahrer hupte, und ein Metalltor wurde uns geöffnet. Der Bus fuhr lange durch schmale Alleen. Unsichtbare Bäume klammerten sich mit ihren Zweigen an die Scheiben. Durch das Laub schimmerten Fenster. Ich stieg aus. Die Luft roch nach Gewürzen und Benzin. Sogar auf der Straße kam sie mir ein bisschen verräuchert vor. Aber vielleicht riechen die Tropen ja so?
Vor dem Eingang standen mehrere Mädchen mit Staff- Ansteckern.
»Hier lang, bitte. Bitte etwas leiser, Sir. Die Delegierten schlafen schon.«
Wir gingen alle in einen großen, beleuchteten Saal. An den Wänden standen Tische. An jedem lächelte ein malaiisches Gesicht. Von Tisch zu Tisch gehend, füllte ich eine Menge Fragebögen aus. Man nickte mir zu und sagte: »Welcome!«
Am letzten Tisch saß ein Mädchen mit einem fetten Muttermal neben
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