Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Machos weinen nicht

Machos weinen nicht

Titel: Machos weinen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
Armwrestling zu machen, und brach mir dabei fast den Arm ab. Ich versuchte, beleidigt zu sein. Niemand interessierte sich für mich. Jemand schrie, es sei Zeit, die Banja zu heizen. Die Mädchen kamen aus den Hinterzimmern, blinzelten ins helle Licht und griffen sofort nach dem Alkohol. Ein baumlanger, adlernasiger Bursche wiederholte immerfort: »Ey, was schmeißt du dich an mich ran? Ich bin besoffen, nicht du, stimmt‘s? Also, was schmeißt du dich so ran? Bist du nicht besoffen, dann lass mich in Ruhe, kapiert?«
    Ich stand auf der Vortreppe. Den Schneewehen nach zu urteilen, waren die Gäste zu faul, die zwanzig Meter bis zu der Holzkabine zu laufen. Was machte ich eigentlich hier? Ich kehrte ins Haus zurück. Karina saß weder am Tisch, noch war sie auf der Veranda. Ein paarmal wäre ich fast gefallen.
    Ich entdeckte sie im allerletzten Zimmer. Dort waren die Wände mit Holz verkleidet, und es gab kaum Möbel. Auf dem Bildschirm des Fernsehers stöhnte und verrenkte man sich: »Fantastisch, das ist fantastisch ...« Auf dem Bett lagen durcheinander nackte Gestalten. Sie war ebenfalls nackt. Auf ihren Wangenknochen schwammen blutrote Alkoholblumen.
    Ich schnappte noch einen Satzfetzen von ihr auf, der mit dem Wort »Jungs!« begann. Neben ihr lag ein blonder Mann mit zottigen Beinen. Den Schoß hatte er mit einem großen Spiegel bedeckt, über den weiße Kokainwürmer krochen. Vielleicht war es auch etwas Billigeres, woher sollte ich das wissen? Alles zusammen – schwarzer Spiegel, weißes Pulver – erinnerte an die Milchstraße. Die Astronomin Karina beugte ihr schönes Gesicht zu ihm hinunter.
    Alles Weitere ist mir nur punktuell im Gedächtnis. Die Theke des Dorfladens. Der Bürgersteig des Litejny-Prospekts, an dem ich mir das Knie zerschrammte. Als Karina sich über den Zottigbeinigen beugte, ähnelte ihre große, sonnengebräunte Brust einer von einem LKW zerquetschten Katze. Jungs! Fickt – euchindenmund! Ich versuchte, irgendeine seltene alkoholische Widerlichkeit hinunterzuschlucken – und war einen Augenblick später plötzlich zu Hause. Ein verbundener Arm – ihre langen warmen Beine – Regen auf dem Fensterbrett.
    Ich hatte Lust, sie zu küssen. Karina hielt mir ihre Lippen hin, aber es wollte nicht klappen. Unter der Decke schauten eine Hüfte und ein Stückchen flacher Bauch heraus. Es sah aus wie ein Poster des »Playboy«. Ich rollte mich auf die Seite. Verzog das Gesicht, als ich mir den linken Arm stieß.
    »Zufrieden?«
    Für das Debüt war der Sex ziemlich grob ausgefallen. Wahrscheinlich hatte ich mich zu lange vor ihrem reinen Körper gefürchtet, als dass ich mich gleich hätte umstellen können. Die Wohnung war so leer, dass ich hörte, wie die Tropfen in das Waschbecken in der Küche fielen. Ich stand auf und schaltete den Fernseher ein. Einen Augenblick später schliefen wir schon wieder miteinander.
    Dann wurde es draußen dunkel. Licht machten wir nicht, und deshalb kam es mir so vor, als blickten mich alle Gegenstände im Zimmer mit verächtlich verzogenen Lippen an. Aber ich konnte trotzdem nicht aufhören, und sie sträubte sich nicht. In den Pausen rauchten wir viel. Manchmal zappte ich durch die Programme. Soweit ich mich erinnere, sprachen wir überhaupt nicht. Nur einmal sagte sie, wir hätten ein Präservativ nehmen sollen.
    Ich hatte Angst, sie würde wegfahren. Später am Abend begann ich davon zu reden, dass die Nähte an meinem Handgelenk fürchterlich wehtäten. In Wirklichkeit spürte ich die linke Hand fast gar nicht. Karinas Kleider lagen verstreut auf dem
    Fußboden. In der Nacht drehte ich sie ein paarmal vorsichtig auf die Seite. Sie versuchte, wach zu werden und sich so zu legen, dass ich es bequemer hatte.
    »Lass nur ... Bleib liegen ... Ich kann das allein ...«
    Das Bett quietschte und stieß gegen die Wand, hinter der meine Eltern schliefen. Mir war es egal. Vielleicht war es der Blutverlust, vielleicht der zwei Wochen lange Rausch, aber ich zitterte wie im Fieber. Mein Magen erinnerte an einen verwundeten Schmetterling.
    Am Morgen duschten wir gemeinsam. Ich küsste ihre Haut, aber sie flüsterte: »Warte ... Warte doch!« Als sie sich anzog, fragte sie, ob wir nicht ein bisschen rausgehen sollten, und ich ging zu meinem Vater, um mir Geld zu borgen. Seine Augen hinter der Brille ähnelten der Leinwand eines Stereofilmtheaters. Wenn ich ihn nicht um Geld, sondern um seinen Skalp gebeten hätte, hätte er ihn sich wahrscheinlich einfach vom Kopf gezogen

Weitere Kostenlose Bücher