Machos weinen nicht
Dimas Portemonnaie und – die Lederjacke. Die kossucha! Seine geliebte kossucha! Er suchte, er hoffte, dass sie irgendwo liegen geblieben war. Er lief durch die zerbombte Wohnung und schaute unter die Schränke. Er konnte nicht glauben, dass die Bettlerin mit dem verunstalteten Bauch seine teure Jacke geklaut hatte! Die kossucha! Sein tolles biker-jacket!
Eine Zeit lang sah er, wenn er auf die Straße ging, den Passanten ins Gesicht, in der Hoffnung, die Diebin zu treffen. Das war dumm. Er spuckte drauf, machte Schulden und kaufte sich eine andere Jacke. Wie sich herausstellte, von sehr viel schlechterer Qualität. Das Leder der neuen Jacke war nicht weich, der Schnitt war schlecht. Fast sofort fielen mehrere der glänzenden Nieten ab.
In den letzten paar Monaten war alles ringsum von sehr viel schlechterer Qualität.
Zwölftes Rezept – Ein paar Trullas und Ljulja-Kebab
Z u dem Zeitpunkt, als er im Casino kündigte, ließ sich das Mädchen schon in einem Wagen mit Blaulicht ins Regierungsgebäude chauffieren. Sie hatte eine steile Karriere gemacht. Abends ging sie mit Politikern und Mafiosi aus und spielte mit ihnen Préférence. Ihr Partner beim Kartenspiel war ein Typ, der dadurch berühmt geworden war, dass auf seine Anordnung hin bei bitterstem Frost von minus fünfunddreißig Grad die Miliz mehrere hundert Obdachlose aufgegriffen hatte, ihnen die warmen Sachen weggenommen und sie in die Wälder gebracht hatte, rund zweihundert Kilometer von Petersburg entfernt.
Als das Mädchen sich bei der Zeitung beworben hatte, war sie vom Redakteur auf eine harte Probe gestellt worden: Bewältige sie die Aufgabe, dann könne sie bleiben, wenn nicht – dann tschüs. Die Aufgabe war lächerlich: Sie sollte in den Haupttrakt des Hotels Oktjabrskaja zur Pressekonferenz des Führers der vaterländischen Stalinisten, Anpilow, gehen. Kaum jemand weiß, dass der Haupttrakt nicht das große Gebäude gegenüber dem Moskauer Bahnhof ist, sondern das kleinere, das hinter den Straßenbahngleisen an der Ligowka steht.
Während sie durch die Korridore des Hotels irrte und die Zimmermädchen fragte, wo der Genosse Anpilow auftrete, hatte der den Journalisten schon längst gesagt, was er von ihnen hielt, und erholte sich von seinem Auftritt. Aber sie wollte UNBEDINGT bei der Zeitung arbeiten. Als sie entdeckte, dass die Konferenz schon vorbei war, ging sie zu Anpilow aufs Hotelzimmer. Der erschöpfte Stalinist hatte sich hingelegt, um fernzusehen und dazu vielleicht eine Flasche eiskaltes Bier zu trinken. In zipfeligen, schlabberigen Unterhosen und Socken öffnete er die Tür. Sie stellte sich vor, Anpilow entschuldigte sich, und statt dreißig Zeilen von der Pressekonferenz brachte sie dem Redakteur ein großes Exklusivinterview.
Noch am selben Abend bekam sie eine Festanstellung. Zunächst beauftragte man sie mit der harten journalistischen Tagelöhnerarbeit. Pressekonferenzen, Meetings, Streiks, Kongresse von Splitterparteien. Unter den politischen Journalisten von Petersburg gibt es viele Alkoholiker und komplett Behämmerte in der Art von Ljoscha Rejn, der auf einer Party der Nowosti seine leukoplastumwickelte Brille in die Tasche seines mit Asche und Schuppen übersäten Jacketts steckte und in aller Ruhe begann, die sechzigjährige Korrektorin auf dem Tisch zu vergewaltigen. Die Frauen, die als politische Journalistinnen arbeiten, sehen nicht einfach nur schlecht aus, sondern geradezu monströs. Verfilzte, herabhängende Haare, fehlende Vorderzähne, schmutzige Füße in Sandalen. Vor diesem Hintergrund blieb jeder Blick sofort an ihr hängen. Als sie, ein jüdisches Mädchen, zum Kongress der nationalistischen Parteien ging, liefen ihr die kahl geschorenen, schwarz gekleideten Faschisten scharenweise durchs Foyer nach und baten sie wie Schuljungen um ihre Telefonnummer.
Die Wende in ihrer Karriere kam etwa neun Monate, nachdem der junge Mann sie kennen gelernt hatte. Gleich nach dem ersten April. Man hatte dringend einen guten Aprilscherz gebraucht, aber wie üblich fiel niemand etwas Besseres ein als der grüne Affe, der aus dem Zoo entlaufen sei und die Petersburger mit einem unheilbaren Fieber infiziere. Der Redakteur quälte sich eine Woche und entschied dann, man könne ja schreiben, dass sie, die etablierte politische Journalistin, Wjatscheslaw Marytschew geheiratet habe, einen Duma-Abgeordneten, der bei Sitzungen gern als Saddam Hussein geschminkt oder mit einer vorgeschnallten weiblichen Brust erschien.
Der junge
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