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Machos weinen nicht

Machos weinen nicht

Titel: Machos weinen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
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Stunde später saß der junge Mann in einem tiefen Sessel und trank steuerfreien Wermut. Die Bekannte erzählte, dass sie als Zwölfjährige, als sie mit wippenden Zöpfchen aus der Schule gekommen sei, im Treppenhaus vergewaltigt worden sei. Direkt neben der eigenen Wohnungstür. Mehrere Male nacheinander ... Draußen wurde es hell, nach dem Martini tauchte Likör auf. Bevor sie sich auszogen, hatte das Mädchen diese Geschichte sechsmal erzählt. Sie hatte so aufrichtiges Mitleid mit sich selbst, dass er dachte: Die Vergewaltiger hätten sie erwürgen sollen, bevor sie gegangen sind.
    Erst am Abend des folgenden Tages wachte er wieder auf und sagte als Erstes, die Bekannte solle ihm irgendwas zu essen machen. Lange rätselte er, woraus das Gericht, das sie brachte, sich zusammensetzte. Es sah aus wie trockenes Brot, das man mit einem rohen Ei getränkt und dann mit dem aus einer Wurst gepulten Fett dekoriert hatte.
    »Nie hat bei mir im Herbst was geklappt. Daran ist nur der Herbst schuld, ich habe damit nichts zu tun. Als Kinder wissen wir, wie es RICHTIG ist. Aber dann wachsen wir heran und fürchten uns zu begreifen, dass in der Welt um uns herum nichts richtig ist. Worte, die man sich für die Beziehungen zu einer Frau, zu den Freunden, den Eltern ausdenkt – was redet man nicht alles daher. Die Welt, in die wir geraten sind, ist nicht schlecht. Nur hat man vergessen, uns ihre Spielregeln zu erklären ...«
    Dann fuhr er zu ihr. Sie ließ ihn bei sich übernachten, und vorher redeten sie sogar noch etwas miteinander. Als er einschlief, flüsterte er dem Mädchen etwas ins Ohr. Er wusste noch nicht, dass es ihre letzte Nacht sein würde.
    Dreizehntes Rezept – »Chwantschkara« und Chinkali
    I n diesen zwei Jahren versuchte er viele Male, von ihr wegzufahren. Ein paar Monate, nachdem sie angefangen hatten sich zu treffen, rief ihn ein Kardinal an, Monsignore Renato. Der Kardinal organisierte einen religiösen Kongress in Dublin und fragte, ob der junge Mann dort nicht einen Vortrag halten wolle. Er sagte, gern, und machte sich sogar daran, einen Text für den Vortrag zu entwerfen. Aber dann zog er los, mit ihr sein geliebtes helles Bier zu trinken – hatte Sex mit ihr in der Ankleidekabine des British House – , kaufte Rosen und hörte die ganze Nacht die modischen DJs im »Tunnel«.
    Am Morgen fuhren sie zu ihr nach Hause, so betrunken und orientierungslos, dass das Mädchen, als es im Bad ihren Vater erblickte, sagte: »Du willst schon ins Bett? Na, dann gute Nacht ...« Am nächsten Tag ging er zum Lufthansabüro am Wosnessenski-Prospekt und gab unter Entschuldigungen die ihm zugesandten Tickets zurück.
    Nach Dublin kam dann noch Paris. Ein Jahr war vergangen, es war ihr zweiter Herbst. Sie hatten sich mal wieder gestritten, und am Tag darauf rief ihn Makejew an, der Besitzer der Galerie »Petropolis«. Die Galerie bestand seit zehn Jahren, und Makejew beabsichtigte, dieses Ereignis zu feiern, und brauchte einen Pressesekretär. Als Honorar für diese Tätigkeit versprach er dem jungen Mann, ihn Weihnachten mit nach Paris zu nehmen.
    Die Petersburger Galeristen sind arm. Ihr Tag vergeht im Belomor-Dunst zwischen trüben Leinwänden. Sehnsüchtig halten sie nach einem dickbäuchigen Deutschen Ausschau, hinter dessen Schulter ein Zimmer im »Hilton« mit Bar und Jakusi hervorlugt. Makejew war anders. Das »Petropolis« handelte mit teuren Skulpturen aus Mammutzähnen. Einen Raum für seine Galerie hatte Makejew gleich neben der Eremitage gemietet. Nicht ein einziges Mal im Leben war es dem jungen Mann gelungen, ihn nüchtern anzutreffen. Aber trotzdem war er überzeugt: Wenn Makejew so etwas verspricht, dann heißt das, zu Weihnachten wird er in Paris sein.
    Sie verabredeten sich für Montag, elf Uhr vormittags, um alles im Detail zu besprechen. Als er kam, war Makejew schon betrunken. Albern kichernd, mit geröteten Wangen, manchmal aufstoßend, aber kein einziges Mal aus dem Konzept kommend, erklärte er, wie die bevorstehenden Feierlichkeiten aussehen sollten. Es war ihm nichts Besseres eingefallen, als alle mit Getränken zu bewirten. Aber das mit Schwung und Witz. Zur Feier des Jubiläums sollten die Gäste einen ganzen Monat lang trinken. Und zwar nicht irgendwelches Bier, sondern guten Kognak. Jedes Glas sollte durch einen Toast eingeleitet und auf einer Schachuhr verbucht werden, Auslassungen wären verboten.
    Der junge Mann hatte den Verdacht, dass außer Makejew selbst niemand in der Stadt diesen

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