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Machos weinen nicht

Machos weinen nicht

Titel: Machos weinen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
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Mann lieh ein teures Hochzeitskleid aus, Serditow beauftragte einen Pizzalieferanten, eine Kiste Sekt zu bringen. Der Fotograf schoss mehrere Bilder, wie Marytschew, vor Anstrengung ganz rot im Gesicht, das erwachsene, schwere Mädchen auf den Armen trug.
    In jenem Jahr fiel der erste April auf einen Montag. Montag ist der freie Tag der Massenmedien. Die Zeitung mit dem Aprilscherz kam am Dienstag, dem zweiten, heraus, den Witz verstand niemand. Die alten Weiblein aus Marytschews Partei überschütteten die Redaktion mit Glückwunschkarten. Die Politiker aus seinem Bekanntenkreis beeilten sich, ihm zu der erfolgreichen Heirat zu gratulieren. Bald darauf bot man ihr eine Stelle im Regierungsgebäude an. Zuerst eine kleine, dann eine etwas höhere. In ihrem letzten Herbst hatte sie es bereits zu einem eigenen Büro mit italienischen Möbeln gebracht.
    Er ging in jenem Herbst endgültig von Baltika zu Stepan Rasin über. Ich weiß nicht, ob Sie es bemerkt haben, aber in der letzten Zeit schmeckt das Baltika immer mehr nach Azeton. Zuerst dachte der junge Mann daran, Newskoje zu probieren, aber es stellte sich als noch schlechter heraus. Trinken Sie sechs Dosen davon (keine Flaschen, sondern unbedingt Dosen!), und der Bürgersteig stürzt Ihnen entgegen wie eine gelangweilte Braut. Nach der Trial-and-Error-Methode suchte er sich Stepan Rasin aus und verkehrte mit ihm in jenem Herbst mehr als mit ihr. Wenn ihm von den letzten Monaten überhaupt etwas in Erinnerung geblieben war, so waren es die trübsinnigen verkaterten Vormittage, seine eigenen fettigen Haare, die Umzüge von einer Wohnung in eine andere. Überall wurde er in der Küche empfangen und bekam schlechtes, billiges Essen und Alkohol. Was wirklich passierte, was nicht – er wusste es nicht.
    Er versuchte immer noch zu schreiben. Viel kam dabei nicht heraus. Einmal in der Woche klapperte er die Redaktionen ab, um ihnen seine alten, schon vor vielen Jahren veröffentlichten Artikel unterzujubeln. Einmal saß er zehn Stunden hintereinander am Computer, und als das Telefon klingelte, knirschte in seinen Augen feiner Flusssand. Am Apparat war eine Bekannte. Früher hatten sie einmal zusammengearbeitet, und jetzt riefen sie sich alle halben Jahre an. Sie sagte, der Verlag, für den der junge Mann schreibe, stehe kurz vor dem Bankrott und werde ihm wahrscheinlich keine Kopeke bezahlen. Wenn er Genaueres wissen wolle – sie sei ganz in der Nähe, in einem Café. Auf das Geld des Verlages rechnete er und sagte, nervös geworden, er werde sofort kommen.
    Es stellte sich heraus, dass es gar nicht um den Verlag ging. Die Bekannte langweilte sich einfach ohne männliche Aufmerksamkeit. Er wurde böse und wollte wieder gehen, blieb aber dann doch. Das Café war klein. Ein angesäuselter Typ in weißer Joppe wartete ab, bis ein Gast ausgetrunken hatte, um sich dann die leere Flasche vom Tisch zu holen. Wohin sollte er gehen? Sollte er sich anhören, wie sein eigenes Mädchen, von der Arbeit zurückgekehrt, sich zum hundertsten Mal über ihren fetten Büronachbarn beschwerte, der gegen sie intrigierte – wie sie verlangte, dass er sie bemitleidete – wie sie den Gesprächsfaden verlor? Es war so weit gekommen, dass sie einmal sogar unter ihm einschlief, noch bevor der Sex zu Ende war. Früher war sie nicht so gewesen – oder doch?
    Sie trafen sich zwei Frühlinge und drei Herbste. Auf der Straße kauerte er vor ihr nieder und schnürte ihr die Schuhe zu. Er sagte, er wolle von ihr Kinder, und sie antwortete, wenn er das unbedingt brauche, solle er sie doch selber zur Welt bringen. Würde es so weitergehen? Zweimal pro Woche sehen sie sich, dreimal pro Woche haben sie Sex. Sie hatten sogar aufgehört, sich zu streiten. Sie würden sich ja doch fremd bleiben – einsam und gleichgültig mit dem Finger auf die Wunden des anderen weisen – oder?
    Als das Café schloss, zog er zusammen mit seiner Bekannten in den Club »Rotschopf« um, der in jenem Herbst groß in Mode war. Auf der Bühne des Clubs jaulte eine Sängerin. Es gibt nichts Schauderhafteres auf der Welt als Männer in Jacketts, die zu einem Lied von Filipp Kirkorow versuchen, Breakdance zu tanzen. Er erzählte ein paar traditionell komische Geschichten. Seine Bekannte lachte und zuckte dabei mit ihren straffen Wangen.
    Er wunderte sich überhaupt nicht, als sie sich plötzlich vor die Stirn schlug und sagte, dass bei ihr zu Hause eine große, im Duty-free von Pulkowo gekaufte Flasche Martini stünde. Eine halbe

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