Mach's falsch, und du machst es richtig
Hinweisen. Es wird Sie angesichts des bisher Gesagten nicht wundern, wenn sie sich in engen Grenzen halten und durch eine gewisse Unschärfe auszeichnen. Aber mitunter können auch Andeutungen hilfreich sein. Hoffe ich zumindest. Irgendwie.
Weil es im Zusammenhang mit unserem Belohnungssystem so viele Unwägbarkeiten gibt, können wir nur von Fall zu Fall entscheiden, worin die beste Strategie besteht. Daher folgen hier auch bloß ein paar grundsätzliche Hinweise.
Suchen Sie nach versteckten Belohnungen in Ihren Angeboten: Deutlich leichter hingeschrieben als getan. Dennoch sollten wir die kleinen Versprechen, mit denen wir andere zu motivieren versuchen, daraufhin betrachten, ob sie nicht etwas Unerwünschtes oder Gegenteiliges forcieren. Wenn wir zum Beispiel versuchen, unsere Kinder durch kleine Belohnungen zu dirigieren, sollten wir stets mitbedenken, daß diese Belohnungen das Ziel überwuchern könnten, indem sie sich in den Vordergrund drängen. Wer seinem Kind in Aussicht stellt, es dürfe nach der Erledigung seiner ungeliebten Hausaufgaben endlich das neue Computerspiel ausprobieren, kann damit eine solche Vorfreude auslösen, daß die Konzentration des Kindes und die Qualität der Hausaufgabe darunter leiden. Muß nicht sein, kann aber. Eine wichtige Voraussetzung, daß es mit unseren Versprechen einigermaßen klappt, besteht darin, unsere Belohnungsarrangements so überschaubar wie möglich zu halten.
Dieser Hinweis zielt auf das Grundsatzproblem, daß wir mit dem Design unserer Versprechungen
immer
in den Lauf der Ereignisse eingreifen. Wir werden also mit den Resultaten der eigenen Pläne ebenso stark konfrontiert wie mit den Versuchen der Kinder, sich gegen die Pläne zu wehren bzw. sie zu erfüllen. Wer einem Kind etwas verspricht, läuft also stets Gefahr, daß es zwar smarter und fleißiger wird – jedoch nur in der Übung, sich die Belohnungen zu organisieren, und nicht in Mathe oder Latein.
Lassen Sie das mit den Belohnungen sein: Manchmal zumindest. Denn es gibt Konstellationen, in denen Sie damit Schaden anrichten. Wenn nämlich Menschen aus eigenem Antrieb tätig werden oder sind, können von außen kommende Belohnungen einen paradoxen Effekt erzielen: die Begeisterung für diese Tätigkeit senken, anstatt sie zu steigern. Eine durchaus nachvollziehbare Reaktion. Wer beispielsweise als Hausbewohner den Gehweg vor der Tür fegt, wird schlagartig damit aufhören, wenn man ihm ein paar Euro dafür in die Hand drückt. Denn er mag damit begonnen haben, weil ihm gerade langweilig war oder weil er einen Vorwand benötigte, eine Viertelstunde vom Schreibtisch wegzukommen, oder weil ihn die welken Blätter störten – aber sicher nicht, um damit ein paar lächerliche Euro zu verdienen (auf deren Auszahlung er in einem anderen Kontext durchaus bestehen mag). Ändern sich während eines Wenn-dann-Spiels plötzlich die Regeln, so ist es wahrscheinlich, daß eine gewisse Unruhe in die Sache kommt, wenn sie nicht gleich ganz in sich zusammenbricht. Bestand die Belohnung fürs Fegen (und dessen Sinn) in dem einen Fall darin, eine Pause zu erhalten bzw. den Anblick eines blitzblanken Bürgersteigs, so wurde im anderen Fall daraus eine mies bezahlte Hilfsarbeit. Und wer hat darauf schon Lust? Achten Sie also darauf, ob die Menschen, die Sie zu belohnen trachten, das nicht schon selbst übernommen haben. Und halten Sie sich im Zweifel zurück mit Ihren paar Euro. Wenn Menschen bereits etwas tun und sie nicht durch rohe Gewalt dazu gezwungen werden, dann
muß
sich darin irgendeine Form von Belohnung für sie verstecken, und mag sie auch noch so klein sein. Glauben Sie mir, andernfalls hätten sie längst damit aufgehört.
Belohnen Sie erwünschtes Verhalten: Weil wir uns irren können, bedeutet das noch lange nicht, das mit den Belohnungen bleibenzulassen. Ganz im Gegenteil. Haben Projekte Ergebnisse gebracht, die Ihnen gefallen, und sollten Sie daran interessiert sein, daß die Menschen in dieser Weise weitermachen, sollten Sie über eine angemessene Belohnung nachdenken. Sie dient als Verstärker und läßt die Menschen lernen. Klingt nach einer Selbstverständlichkeit, ist es aber nicht. So glaubt zum Beispiel eines der wichtigsten Regelwerke unserer Gesellschaft, ganz ohne Belohnungen auskommen zu können: die StVO, also die Straßenverkehrsordnung. Schon vor vielen Jahren hat der Hamburger Diplom-Psychologe Björn Fast in einem Interview mit der
Zeit
[125] darauf hingewiesen, daß unseren
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