Mach's falsch, und du machst es richtig
Heiligen Krieg gegen die Feinde Allahs gewinnen.»
Und die Polizei im indischen Bundesstaat Madhya Pradesh schließlich habe ihren Beamten im Jahr 2004 eine Belohnung für den Fall versprochen, daß sie sich einen Schnurrbart wachsen lassen, berichteten die BBC News. [118] Die Begründung: So ein Schnurrbart sei ein «wirksames Instrument», um die Einhaltung der Gesetze zu erreichen, habe der Polizeichef Mayank Jain vom Distrikt Jhabua der Zeitung
Asian Age
gesagt. Das Ergebnis der Aktion (Stand Mitte Januar 2004 ): «Zehn Polizisten erhielten bereits 30 Rupien ( 66 US -Cents) pro Monat für ihre Bemühungen.» Also für ihre Schnurrbärte. Wir sehen: Unser Belohnungssystem ist ein universal einsetzbarer Mechanismus – wenn wir denn wissen, womit genau wir ihn füttern müssen, um das Gewünschte zu erreichen.
Die größte paradoxe Macht geht von Versprechen aus, die wir wie Ostereier an kaum auffindbaren Stellen verstecken – ohne etwas davon zu ahnen. Wozu das führt, entdecken wir erst, wenn es zu spät ist.
Selbst für den Fall, daß wir endlich zu wissen glauben, wodurch wir oder andere zu verführen sind, können wir uns nicht darauf verlassen. Denn schon im nächsten Augenblick kann alles anders sein. So reicht etwa vielen schon eine harmlose Erkrankung, die sie eine Woche ins Bett zwingt, um über die eigenen Prioritäten – und damit Verführbarkeiten – ins Grübeln zu geraten: War es bis zum Vortag noch die Aussicht auf einen neuen, gutdotierten Job, die sie magisch anzog, so ist es nun das Versprechen des Arztes, bald wieder gesund zu sein, das sie mit Glücksgefühlen erfüllt, während die Sache mit dem Job irrelevant geworden ist – um ein paar Wochen später wieder ungemein wichtig zu werden, wenn die Krankheit vergessen ist. Wir haben es schließlich mit lebendigen Systemen zu tun, die sich ständig ändern und neu definieren und deren Zukunft sich daher auch nicht so einfach festlegen und vorhersagen läßt.
Weil jeder von uns andere Vorstellungen von Belohnungen entwickeln kann, ist es auch weiter nicht verwunderlich, daß manche Menschen Versprechungen an Orten entdecken, wo es für andere nichts zu entdecken gibt, und daß sie Dinge für lohnend halten, die andere nicht einmal wahrnehmen. Daß sie also Lust aus einem Arrangement ziehen, das anderen völlig unattraktiv erscheint. Wollen Sie ein harmloses Beispiel dafür kennenlernen, begleiten Sie mich bitte kurz in unser Badezimmer. Dort steht seit ein paar Monaten ein kleiner Wecker, der dazu in der Lage ist, die Funksignale unserer neuen elektrischen Zahnbürsten zu empfangen und auszuwerten. Schaltet man die Bürsten ein, kann man auf dem kleinen Weckerdisplay verfolgen, wie lange man bereits seine Zähne putzt. Nach exakt zwei Minuten erscheint ein lachendes Gesicht, hängt man noch eine Minute dran, bekommt es kleine Grübchen in den Wangen, und noch eine Minute später zwinkert es einem verschwörerisch zu: «Gut gemacht, Streber!» Ein leicht zu durchschauendes Belohnungssystem. Das freilich noch ein paar weitere Anreize bereithält, die niemand bedacht haben dürfte. Wenn doch, dann dürften sie ihm egal gewesen sein.
So überraschte ich die Kinder vor kurzem dabei, wie sie ihre beiden Zahnbürsten gleichzeitig eingeschaltet und an den Rand des Waschbeckens gelegt hatten. Sie wollten nicht nur das Gesicht zum Lachen bringen, ohne dafür ihre Zähne putzen zu müssen, sondern auch dabei zusehen, wie der Wecker verrückt spielte, indem sie ihn mit den Funksignalen der beiden gleichzeitig laufenden Geräte traktierten. Es war tatsächlich lustig zu beobachten, wie die eigenartigsten Zeichen über die Anzeige huschten, unterbrochen von ein paar flackernden digitalen Zahlen. Durch einen weiteren Versuch der beiden Kinder weiß ich, daß sich der Wecker auch aufs schönste irritieren läßt, wenn man mit einer der beiden laufenden Zahnbürsten ins Nebenzimmer geht; deren Signale durchdringen sogar die Wand. Mit den eindrucksvollen Effekten eines Funksignalgewitters hatten die Programmierer ganz offensichtlich nicht gerechnet. Und mit dem Entdeckerdrang der Kinder, der mit jedem sinnlosen digitalen Zeichen und mit jeder Variante des lächelnden Zähneputzgesichts belohnt und von neuem angestachelt wurde, ebensowenig.
Konstruieren wir komplexe Arrangements, um andere zu motivieren, müssen wir damit rechnen, daß andere darin Belohnungen entdecken, die nicht beabsichtigt waren. Alles bisher Gesagte weist darauf hin: Allein der
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