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Mach's falsch, und du machst es richtig

Mach's falsch, und du machst es richtig

Titel: Mach's falsch, und du machst es richtig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ankowitsch
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etwas ungeplant, aus heiterem Himmel tun – und nicht, weil man es uns befohlen hat. Erfüllen hingegen kann der andere unsere Bitte nur, wenn er ihr
nicht nachkommt
. Dann kann er tatsächlich aus freien Stücken etwas für uns tun – aber jetzt, auf Befehl? Ausgeschlossen! Doppelt ungemütlich wird die Situation, weil wir auf die Nichterfüllung unserer Wünsche meist mit Enttäuschung reagieren und sie den anderen auch spüren lassen. Der muß sich also bestraft fühlen, weil er auf Befehl nicht spontan sein kann, und zwar deshalb, weil das schlicht nicht klappen
kann
.
    Wer sich umsieht, wird feststellen, daß wir in unserem Beziehungsalltag immer wieder in ungemütliche Situationen geraten bzw. andere hineinmanövrieren. Etwa wenn sich unsere langjährigen Lebensgefährten darüber beschweren, wir würden sie
nie aus freien Stücken
zum Essen einladen. Oder wenn wir zu hören bekommen, wir könnten doch einmal
mit Lust und Laune
im Haushalt helfen. Von ganz ähnlicher Qualität sind Aufforderungen, wir sollten nicht stets darauf warten, was andere sagen, sondern
endlich selbst aktiv werden
 – und vor allem nicht so gehorsam sein; letzteres geht eher an die Adresse allzu braver Jungs, denen Väter auch gerne hinterherrufen, sie sollten sich «wie richtige Jungs benehmen». Es gibt weitere Varianten solch vertrackter Kommunikationsformen. Dazu reicht es manchmal schon, daß wir zu jemandem sagen: «Bitte, komm her zu mir!», gleichzeitig aber abwehrend die Arme vor der Brust verschränken. Oder über einen Kuchen, den uns jemand gebacken hat, sagen «Schmeckt gut!» und dazu ein Gesicht machen, als müßten wir einen gekochten Hausschuh essen, der zu lange am falschen Platz gelegen hat. Hier übernimmt unsere Körpersprache die Aufgabe, einer verbalen Behauptung zu widersprechen. In den Rang eines geflügelten Wortes schließlich hat es die unerfüllbare Aufforderung gebracht: «Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß!»
    All diese Aussagen funktionieren nach demselben paradoxen Grundmuster und bringen daher ihre Adressaten in dieselbe ausweglose Lage wie all jene, denen wir befohlen haben, spontan zu sein. Es ist das Verdienst von Wissenschaftlern um Gregory Bateson und Paul Watzlawick, sich nicht nur eingehend mit dieser folgenschweren Form menschlicher Kommunikation beschäftigt, sondern auch gezeigt zu haben, wie wir sie sinnvoll einsetzen können. Daher verdankt dieses Buch dem österreichischen Psychotherapeuten auch sehr viel. Watzlawick bezeichnet die oben aufgeführten paradoxen Kommunikationsformen als «Doppelbindungen» und beschreibt sie – stark formalisiert – so: Von einer Doppelbindung sprechen wir, wenn wir einem anderen eine Mitteilung geben, «die a) etwas aussagt, b) etwas über ihre eigene Aussage aussagt und c) so zusammengesetzt ist, daß diese beiden Aussagen einander negieren bzw. unvereinbar sind. Wenn also die Mitteilung eine Handlungsaufforderung ist, so wird sie durch Befolgung mißachtet und durch Mißachtung befolgt.» [153]
    So werden wir den Wunsch nach einer freiwilligen Essenseinladung nicht erfüllen können, wenn wir sie aussprechen, weil sie nicht freiwillig, sondern erzwungenermaßen erfolgt ist; so werden wir den Wunsch nach fröhlicher Mitarbeit im Haushalt auch dann nicht erfüllen, wenn wir den Besen schwingen, weil wir es aus Pflichtgefühl tun und nicht aus Lust und Laune; so werden wir nicht selbständig handeln, auch wenn wir es versuchen, weil wir ja aufgrund einer Aufforderung damit angefangen haben; so werden wir erst recht gehorsam sein, wenn wir nicht mehr gehorsam sind, weil man uns ja befohlen hat, nicht mehr gehorsam zu sein; und so werden wir uns nicht wie ein richtiger Junge benehmen, wenn wir es zu sein versuchen, weil sich richtige Jungs nicht befehlen lassen, sich wie richtige Jungs zu benehmen.
    So absurd diese Beispiele auch erscheinen mögen: Sie führen häufig dazu, daß wir uns in all jenen Beziehungen unwohl fühlen, in denen sie zur täglichen Routine gehören. Denn wir ernten durch unsere Unfähigkeit, all die einfach klingenden Wünsche zu erfüllen, nicht nur die strafenden Blicke jener, die sie ausgesprochen haben. Verschärfend kommt hinzu, daß uns der Abstand und damit die Einsicht fehlen, diese paradoxen Wünsche als das zu erkennen, was sie sind: als unerfüllbar. Oder genauer formuliert: als nur erfüllbar, wenn wir das Gegenteil dessen tun, was man von uns will. Und das ist eine Entscheidung, die im Alltag der

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