Macht des Schicksals - Spindler, E: Macht des Schicksals
Frage, die sie die ganze Zeit über beschäftigt hatte. „Sam, wenn dieser Skandal publik wird, wenn herauskommt, dass Alyssa Dassante meine Mutter ist ... könnte ich das Weingut verlieren?“
„Ganz sicher nicht“, antwortete Sam und klang fast empört. „Das ist nicht dein Fehler, und Ambrose müsste verrückt sein, diese Möglichkeit überhaupt ins Spiel zu bringen.“
Rachel lächelte schwach, auch wenn sie nicht völlig überzeugt von seinen Worten war. „Ich schätze, du hast Recht.“
„Gut, und jetzt komm mit.“ Er legte einen Arm um ihre Schultern und führte sie aus seinem Büro. „Ich möchte dein Urteil über meinen neuesten Sauvignon Blanc hören.“
Die Frau rannte. Sie presste ihr kostbares Bündel gegen ihre Brust und rannte durch den Wald, immer schneller und schneller. Jedes Mal, wenn das Geräusch von Schritten näher kam, blickte sie hinter sich, um zu sehen, wie groß der Abstand zu ihren Verfolgern war. Angst stand ihr ins Gesicht geschrieben, und ihr Herz schlug schmerzhaft gegen ihre Rippen.
Bitte, Gott, betete sie. Lass nicht zu, dass sie mich einholen. Nicht, solange mein Baby nicht in Sicherheit ist.
Hinter ihr schloss der Feind auf.
„Alyssa! Es bringt nichts, noch länger fortzulaufen.“
„Gib uns das Baby, Alyssa! Es gehört uns, nicht dir!“
„Du bist eine Mörderin, Alyssa! Du hast Lillie nicht verdient!“
Nein! Sie würde ihnen nicht das Baby geben. Niemals. Tränen liefen ihr übers Gesicht, während sie Lillie noch fester an sich drückte. „Weine nicht, mein kleiner Liebling“, murmelte sie, als das Baby zu weinen begann. „Und hab keine Angst, du bist in Sicherheit. Niemand wird dich wegnehmen. Wir fangen ein neues Leben an, nur du und ich.“
Während sie lief, sah sie sich in Panik um. Wo war das Kloster? Sie rannte schon seit Stunden, sie hätte längst dort ankommen müssen. Was war, wenn sie sich verlaufen hatte? Was, wenn man sie einholen würde?
Dieser Gedanke erfüllte sie erneut mit Panik. Man durfte sie nicht zu fassen bekommen. Sie konnte nicht zulassen, dass diese schrecklichen Menschen ihr Baby großzogen und zu einem von ihnen machten.
Sie keuchte vor Erschöpfung und Angst. Dann sah sie die Lichtung, die wie ein Leuchtfeuer wirkte. Am anderen Ende der Lichtung stand das rosafarbene Gebäude, das sie kannte. Das Kloster! Danke, Gott, danke!
Sie hatte fast das Tor erreicht, als sich eine Hand auf ihre Schulter legte ...
Rachel schreckte aus dem Schlaf hoch. Schweißgebadet und zitternd setzte sie sich auf, schaltete aber das Licht nicht an. Der Geschmack von Angst – Alyssas Angst – war in ihrem Mund. Der Traum war so lebendig gewesen, dass sie noch immer die Schritte hinter sich hören und die unerbittliche Hand spüren konnte, die sich auf Alyssas Schulter legte.
Sie schnappte nach Luft und schob die Decke zur Seite, um aus dem Bett zu klettern, ohne ihren Morgenmantel überzustreifen.
Auf der Terrasse sorgte die kühle Brise dafür, dass ihre feuchte Haut eiskalt wurde, was Rachel aber gar nicht wahrnahm. Im Moment zählte nur der Traum. Oh, Gott, er war so real gewesen, die Frau so lebendig, so sehr ... ein Teil von ihr. Und das Baby! Rachel hatte tatsächlich durch die Decke hindurch die Wärme von Alyssas Körper gespürt, sie hatte das Schlagen ihres Herzens gefühlt und den melodischen Klang ihrer Stimme gehört, als sie ihrem Kind sagte, es müsse sich nicht fürchten.
„Mom.“
Das Wort klang nicht länger fremdartig in ihren Ohren. Sie fühlte sich mit Alyssa verbunden, ein Band, das nichts und niemand zerstören konnte. Und mit dieser Erkenntnis ging eine andere einher.
Sie musste Alyssa Dassante finden.
Sie musste ihre Mutter finden.
10. KAPITEL
„Mr. Dassante, hier spricht Harold Mertz.“
Sal Dassante, der in seinem Wohnzimmer saß und sich wie an jedem Nachmittag den Sherry gönnte, der ihm eigentlich verboten war, wurde sofort hellhörig. Seit wie vielen Jahren hatte er nichts mehr von dem ehemaligen Cop des Police Department gehört? Fünfzehn, zwanzig Jahre? „Wie geht es Ihnen, Harold?“
„Oh, ich kann mich nicht beklagen. Ich bin jetzt im Ruhestand, wie Sie bestimmt wissen.“
„Nein, das wusste ich nicht.“ Und es interessierte ihn auch nicht wirklich. „Ich hoffe, Sie genießen die viele Freizeit.“
„Darauf können Sie wetten. Ab und zu gehe ich angeln, spiele Ball mit meinen Enkeln, mache den Babysitter.“ Er kicherte. „Sie wissen ja, wie das ist.“
Nein, Harold, das weiß ich
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