Macht des Schicksals - Spindler, E: Macht des Schicksals
bei dieser Frau war“, sagte Gregory nach einer kurzen Pause, „würde er sie nicht als Alibi nennen wollen. Warum bin ich nicht darauf gekommen?“
„Weil Männer oft über das Offensichtliche hinwegsehen.“
Sie hörte ihn lachen. „Und Frauen nicht?“
„Das habe ich doch gerade bewiesen, oder? Aber Spaß beiseite. Mein kleiner Verdacht stellt mich vor ein großes Problem.“
„Und das wäre?“
„Sage ich Courtney etwas davon, oder halte ich den Mund?“
„Sag ihr nichts“, erwiderte Gregory. „Erstens weißt du nicht, ob du mit deiner Vermutung richtig liegst. Zweitens ist es nicht deine Sache, ihr das zu sagen. Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass er sie nicht zum Ball einlädt, was sie wahrscheinlich ohnehin schon vermutet.“
Er ist nicht nur ein guter Dad, dachte Rachel lächelnd, er ist auch ein intuitiver Dad. „Ich glaube, du hast Recht.“
Sie unterhielten sich noch einige Minuten, wobei sie ihm auch erzählte, dass JoAnn die Grippe hatte und nicht wie sonst üblich die Führung über das Gut übernehmen konnte. Rachel hatte sich bereit erklärt, für sie einzuspringen. „Ich habe eine entsetzliche Angst“, gab sie zu und lachte nervös. „Ich habe seit meinem zehnten Lebensjahr keine Führung mehr geleitet.“
„Du schaffst das schon, Spaulding.“
„Danke.“
„Guten Morgen, mein Name ist Rachel Spaulding.“ Sie lächelte freundlich, während sie in die Runde der kleinen Menschenmengen blickte, die sich für die erste Morgenführung angemeldet hatten. „Ich bin eine der Winzerinnen hier, und da unsere eigentliche Führerin heute wegen Krankheit ausfällt, springe ich für sie ein.“
Ihre Kehle war mit einem Mal wie ausgetrocknet, und Ginnie drückte Huberts Hand ganz fest. Dass sie ihrer Tochter so von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen würde, hätte sie niemals erwartet, als sie und Hubert sich für eine Führung durch Spaulding Vineyards angemeldet hatten. Als Rachel wenige Minuten zuvor den Raum betreten hatte, war der Schock so gewaltig gewesen, dass es Ginnie einen Moment lang schwindlig wurde.
Dank Huberts Arm, den er um sie gelegt hatte, war sie wieder Herr über ihre Sinne geworden, und nun betrachtete sie aus der Ferne und mit stolzgeschwellter Brust durch die getönten Gläser ihrer Brille ihre Tochter. Was für eine hübsche und freundliche junge Frau war doch aus ihr geworden. Ein Lächeln, ein freundliches Wort, und sofort fühlten sich die Fremden wohl.
„Ruhig, Chérie “, flüsterte Hubert ihr ins Ohr, während sie seine Hand nach wie vor fest umschlossen hielt. „Verrat dich nicht.“
Rachel führte die kleine Gruppe bereits zu einem weitläufigen Hof voll mit schwerem Gerät. „Wie Sie sehen können, ist die Presse vorüber“, sagte sie, während sie sich umdrehte und rückwärts gehend weitersprach. „Aber hier findet sie statt. Die Trauben werden mit Lastwagen von den Bergen hergebracht, die Ladung wird in diese Presse abgeladen, die auch als Entstieler dient.“
Während Rachel mit der flachen Hand den großen Metallcontainer berührte, zog Ginnie an dem Schal, den sie sich um den Kopf gelegt hatte, und prüfte, ob er nicht verrutscht war. Im Sonnenschein wies Rachels Haar die gleichen roten Farbtupfer auf wie ihr eigenes. Es war zwar ein Detail, das ihr gefiel, das ihr zugleich aber auch Angst einjagte. Wie schwierig würde es für einen übereifrigen Reporter sein, die Ähnlichkeit zu erkennen und zu spekulieren? Entspann dich, dachte sie und versuchte, sich auf das zu konzentrieren, was Rachel sagte. Hier sind keine Reporter.
Sie ließ Huberts Hand los und folgte der Gruppe, während sie versuchte, angemessenen Abstand zu ihrer Tochter zu wahren. Es fiel ihr nicht leicht. Sie konnte ihren Blick einfach nicht von Rachel abwenden, sie bekam nicht genug von ihrer Stimme, von ihrem Lachen, von ihrer Art, wie sie jeden in der Gruppe direkt ansah.
„Ignorieren Sie bitte den Staub“, sagte Rachel, als sie im zweiten Keller einen kleinen Bautrupp passierten. „Wir bauen hier ein wenig um.“
Ginnie fühlte Wut in sich aufsteigen. Hier wurde nicht nur umgebaut. Der Zeitung zufolge hatte jemand vor wenigen Nächten versucht, Rachel zu töten. Und obwohl die Polizei sich nach Kräften bemühte, lief der Täter immer noch frei herum.
„Irgendwelche Fragen?“ Rachel hatte sich wieder der Gruppe zugewandt und sah Ginnie direkt an.
Die schluckte und schüttelte den Kopf, dankbar darüber, dass ein Mann vor ihr die Hand hob und
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