Macht des Schicksals - Spindler, E: Macht des Schicksals
sie, wenn sie mich ausfindig machen, Hubert. Vielleicht die größte Story ihrer Karriere. Du hast doch den Artikel gestern Abend in der Lokalzeitung gesehen. Seit die Presse weiß, dass Lillie lebt, macht mein Verschwinden wieder Schlagzeilen. Ein Reporter hat sogar vorgeschlagen, die Polizei sollte Rachel benutzen, damit sie Alyssa in eine Falle lockt.“ Sie musste sarkastisch lachen. „Wenn sie wüssten, dass Alyssa schon längst öffentlich aufgetaucht ist.“
„Darum habe ich auch darauf bestanden, dass wir dieses Haus mieten, anstatt in einer der reizenden Pensionen zu wohnen“, erwiderte Hubert. „Wir sind einfach nur ein ganz normales Paar aus Frankreich, das in einem Weinland Urlaub macht.“
Er hatte Recht. Das kleine Cottage, das Hubert gemietet hatte, war an einem Hügel am nördlichen Ausläufer des Tals gelegen, fernab der Hauptstraße und gut dreißig Meter vom nächsten Nachbarn entfernt.
Ginnie sah sich um in dem kleinen, aber gemütlichen Wohnzimmer mit den altmodischen braun-gelb karierten Polstermöbeln und Schlingenteppichen. Sie hätte hier bis in alle Ewigkeit bleiben können, aber sie wusste, dass das nicht möglich war.
„Glaubst du, wir haben genug Wein gekauft?“ fragte sie plötzlich, als ihre Gedanken zu Rachel zurückkehrten.
Hubert lachte. „Wir haben sechs Kisten gekauft, Chérie. Sechs Mal so viel wie alle anderen.“
„Wir sollten vielleicht doch noch ein oder zwei Kisten mehr holen ... wir könnten sie an unsere Freunde verschenken.“
„Bist du sicher, dass du nicht nur nach einem Vorwand suchst, um nach Spaulding Vineyards zurückzukehren?“
Ginnie lächelte. „Bin ich so durchschaubar?“
Hubert hob sein Glas und hielt es gegen Licht. „So wie dieses Wasser.“ Er stellte das Glas zurück und nahm ihre Hand. „Wir werden wieder hinfahren“, sagte er sanft. „In ein paar Tagen. Auf diese Weise werden wir keine Aufmerksamkeit erregen. Einverstanden?“
„Ja, das ist perfekt.“ Ginnie ließ ihren Kopf auf das Kissen sinken und schloss die Augen. „Alles ist perfekt.“
Gegen dreizehn Uhr kehrte Rachel in die Keller zurück und traf dort zu ihrer Überraschung auf Detective Crowley, der auf sie wartete.
„Gibt es Neuigkeiten?“ fragte sie und hoffte darauf, dass er nicht nur gekommen war, um noch mehr Fragen zu stellen. Bei Spaulding war die Routine wieder eingekehrt, und sie konnte sich nicht vorstellen, dass sie und ihre Mitarbeiter eine weitere Störung hinnehmen sollten.
„Ich habe Neuigkeiten“, sagte er mit finsterem Gesichtsausdruck. „Allerdings nicht das, was Sie erwarten.“
„Wieso? Was ist passiert?“
„Joe Brock ist verschwunden.“
Obwohl sie nicht glauben wollte, dass Joe der Täter war, verspürte sie ein Gefühl der Besorgnis. „Verschwunden? Wie meinen Sie das?“
„Seine Frau rief in der Wache an und meldete, er sei verschwunden. Offenbar ist er irgendwann in der Nacht abgehauen. Sie hat nicht mal mitbekommen, dass er aufgestanden ist. Als sie am Morgen in den Schrank sah, stellte sie fest, dass seine Kleidung verschwunden war. Außerdem hat er in den letzten zwei Tagen an einem Geldautomaten insgesamt sechshundert Dollar abgehoben. Offenbar hatte er alle Vorbereitungen getroffen, um die Stadt zu verlassen.“
„Oh, Joe“, sagte sie, ohne zu merken, dass sie seinen Namen laut gesprochen hatte.
„Es kommt noch schlimmer“, sagte der Detective und wartete, bis ein Arbeiter außer Hörweite war. „Er hat seine Waffe mitgenommen.“
Sie wusste nicht, ob es ihre Nerven waren oder das melodramatische Element der Situation war, das sie auflachen ließ. „Wollen Sie sagen, dass er diese Waffe auf mich richten wird? Dass er es zwei Mal nicht geschafft hat, mich umzubringen, und mich jetzt erschießen will? So wie in einem schlechten Western?“
Crowley fand es nicht lustig. „Sie können über Brock denken, wie Sie wollen, aber ich bin davon überzeugt, dass er die Stadt verlassen hat, weil er Angst vor etwas hat.“
„Würde es Ihnen nicht genauso ergehen, wenn die Polizei plötzlich bei Ihnen vor der Tür steht und Sie mit einem Mord in Verbindung bringt?“
„An Ihrer Stelle würde ich nicht zu selbstgefällig werden“, sagte Crowley säuerlich. „Wir wissen nicht, was in Brocks Kopf vor sich geht oder was er plant. Vielleicht will er sich umbringen, vielleicht ist er aber auch so wütend, dass er es auf Sie abgesehen hat.“
„Ich kann das einfach nicht glauben“, sagte sie, während sie noch immer
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