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Macht (German Edition)

Macht (German Edition)

Titel: Macht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertrand Russell
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Berufsverbänden formuliert. Sie sind sehr nachdrücklich: Während die Kirche und die Armee sich dem Duell entgegenstellen, blieb der Heereskodex unter Offizieren erhalten; das medizinische oder das Beichtgeheimnis bestehen selbst gegenüber dem Gesetz.
    Sobald ein junger Mann oder eine junge Frau Geld verdient, beginnen verschiedene Organisationen seine oder ihre Handlungen zu beeinflussen. Der Unternehmer ist in der Regel eine Organisation; und dazu besteht wahrscheinlich noch ein Unternehmerverband. Die Gewerkschaft und der Staat kontrollieren beide wichtige Aspekte der Arbeit; und abgesehen von solchen Dingen wie Versicherung und Betriebsvorschrift, kann der Staat durch Zölle und Regierungsverordnungen mit darüber entscheiden, ob der Beruf, den ein Mann sich ausgesucht hat, florieren oder von Krisen bedrängt sein soll. Die Prosperität einer Industrie kann durch alle möglichen Umstände bestimmt werden, durch die Währung etwa, die internationale Lage oder die japanischen Ambitionen.
    Heirat und Pflichten gegenüber Kindern bringen wiederum einen Menschen in Beziehungen zum Gesetz und ebenso zu einem Moralkodex, der in der Hauptsache von der Kirche herkommt. Wenn er lange genug lebt und arm genug ist, kann er sich schließlich einer Altersrente erfreuen; und sein Tod wird vom Gesetz und der Zunft der Mediziner sorgfältig überwacht, auf dass man sicher sei, dass er nicht durch eigenen oder fremden Willen eingetreten ist.
    Gewisse Dinge bleiben, die durch persönliche Initiative entschieden werden. Ein Mann kann zu seinem Vergnügen heiraten, vorausgesetzt, dass die Braut dazu bereit ist; er hat möglicherweise in seiner Jugend eine gewisse Freiheit in der Wahl seiner Lebensumstände; er kann seine Freizeit verbringen, wie er will, innerhalb der Grenzen, die ihm sein Einkommen vorschreibt; wenn er sich für Religion oder Politik interessiert, kann er der Sekte oder Partei beitreten, die ihn am meisten anzieht. Außer in Ehesachen hängt er noch von Organisationen ab, selbst wenn er frei wählen kann: Sofern er nicht ein ganz ungewöhnlicher Mensch ist, kann er keine Religion stiften, keine Partei gründen, keinen Fußballklub organisieren noch seine eigenen Drinks mixen. Was er kann, ist, eine Wahl unter fertigen Alternativen zu treffen; aber der Wettbewerb lässt alle diese Alternativen so anziehend wie möglich erscheinen, innerhalb der von den wirtschaftlichen Bedingungen gesetzten Grenzen.
    Soweit gesehen ist also die Wirkung der für zivilisierte Gesellschaftsformen bezeichnenden Organisationen die Erweiterung der Freiheit eines Menschen, verglichen mit der – sagen wir eines Bauern in einer verhältnismäßig unentwickelten Gemeinschaft. Betrachten wir das Leben eines chinesischen Bauern im Vergleich zu dem eines westlichen Lohnempfängers. Er muss zwar als Kind nicht zur Schule gehen, aber von einem sehr frühen Alter an muss er arbeiten. Es ist mindestens so wahrscheinlich wie nicht, dass er in früher Kindheit aus Not stirbt, und weil ihm ärztliche Hilfe fehlt. Wenn er am Leben bleibt, kann er seinen Lebensunterhalt nicht wählen, sofern er nicht bereit ist, Soldat oder Bandit zu werden oder das Wagnis auf sich zu nehmen, in eine große Stadt überzusiedeln. Der Brauch lässt ihm nur ein Mindestmaß an Freiheit in Bezug auf die Ehe. Er verfügt praktisch über keine Freizeit, und wenn er welche hätte, könnte er nichts Erfreuliches mit ihr anfangen. Er lebt immer auf der Grenze der Existenz, und in Zeiten der Hungersnot stirbt ein großer Teil seiner Familie mit großer Wahrscheinlichkeit. Und so schwer das Leben für den Mann ist – es ist noch viel schwerer für seine Frau und seine Töchter. Selbst die Ärmsten unter den Arbeitslosen in England führen ein Leben, das im Vergleich zu dem des durchschnittlichen chinesischen Bauern paradiesisch ist.
    Wir kommen zu einer anderen Kategorie von Organisationen, nämlich zu solchen, die einen Menschen verhindern sollen, anderen Böses zuzufügen, die wichtigsten davon sind Polizei und Strafrecht. Soweit sie sich mit gewaltsamen Verbrechen, also mit Mord, Raub und überfall abgeben, vermehren sie Freiheit und Glück aller – eine kleine Minderheit besonders wüster Individuen ausgenommen. Wo die Polizei nicht auf dem Posten ist, errichten Räuberbanden sehr schnell eine Terrorherrschaft, die die Freuden des zivilisierten Lebens allen, außer den Gangstern, unzugänglich macht. Es gibt da natürlich eine Gefahr: Die Polizisten können selber Gangster

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