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Macht: Geschichten von Erfolg und Scheitern (German Edition)

Macht: Geschichten von Erfolg und Scheitern (German Edition)

Titel: Macht: Geschichten von Erfolg und Scheitern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Kraus
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der er einen Blick in sein Haus und seine Seele gewährt, sind so widersprüchlich zum Bild des unterkühlten Sonnenkönigs, das mit dem abstürzenden Börsenkurs von ihm gezeichnet wurde wie diese Zuschreibung in sich. Ist die verbindliche Revisionsbereitschaft ein Ergebnis der Selbstanalyse nach dem aufsehenerregenden Abstieg? Mitgefühl mit denjenigen, die Geld verloren haben? Ein Ausdruck der Demut nach den Jahren der Verschmähung aus den eigenen Kreisen? »Nein, dafür brauchte es nicht die Erkenntnisse des Scheiterns«, versichert er. Er sei eigentlich immer schon jemand gewesen, der sich Gedanken gemacht hat über sich und seinen Führungsethos. Auch wenn das nicht immer so rüberkam. Korrekturversuche, Imagebildung, das hat er den Experten im Konzern überlassen. Obwohl ihm nicht alles gefiel, was im Sinne des Unternehmens richtig gewesen ist: »Ich habe eine dicke Haut, deshalb habe ich nie versucht, meinen Wikipedia-Eintrag zu beeinflussen«, versinnbildlicht er seine fehlende Bereitschaft zur Retusche. Aber vor seiner Frau hat er die ungnädigen Zeitungsartikel oft versteckt. Sie sei viel empfindlicher als er bei ungerechter Kritik, aber auch beherzter im Schutz ihres Privatlebens. Als junger Sony-Manager hat er mal ein paar Journalisten zu sich nach Hause eingeladen, die darauf folgende Geschichte war lausig, das war ihm eine Lehre. Seine Frau hatte das kommen sehen. Danach hörte er auf sie. Und ließ fast alle Türen verschlossen.
    »Man ist so abgeschottet als Telekom-Chef und bekommt oft gar nicht mit, was um einen herum für Storys gebaut werden.« Ob es stimmt, dass in Hotels Fahrstühle für ihn gesperrt wurden? Er überlegt und erinnert sich an manch einsame Liftfahrt. Durchaus möglich, aber wenn dann nur aus Sicherheitsgründen, forciert von seinen eifrigen Beschützern. Dass der Eindruck, der daraus entsteht, ein anderer sein könnte, macht ihm dieses Beispiel sofort klar. Es habe »eine Firewall« um ihn herum gegeben, die irgendwann in beide Richtungen hielt. Das Magazin Wirtschaftswoche hat mal so etwas wie eine Karikatur von ihm gedruckt, erzählt er dann zum Beleg seines allzu festgeschnürten Korsetts, »alles andere als geschmackvoll, aber durchaus im Rahmen«. Die Telekom-Anwälte haben dennoch geklagt, er glaubt, sie tun es heute noch. Ein statuiertes Exempel, nie in seinem Sinne, aber mit der Konsequenz eines statuierten Urteils: »Was bleibt ist: Der Ron Sommer ist eitel.«
    Also eitel sei er nun wirklich nicht, versichert er mit Überzeugung, aber er weiß wohl um die Wirkung seiner eigenen Unnahbarkeit, die sich aus der Machtaura ergibt und früher oder später auch aus Selbstschutz: »Macht macht einsam und schafft Distanz.« Und auch, dass jeder einzelne seiner Kontakte, ob bewusst oder unbewusst, ein Multiplikator ist. Dass selbst unbemerkte Begegnungen Beachtung finden, in fremden Unterhaltungen. So wie es bei allen prominenten Menschen der Fall ist, die auch in den kleinen, unbewussten Momenten auf der Straße ihr Image beeinflussen. Der Grad der Bekanntheit bestimmt den Faktor der Multiplikation.
    »Ich bin von Natur aus nicht redselig, aber damals war ich auch oft total getunnelt mit all dem, was so in meinem Kopf vor sich ging.« Er glaubt, dass die natürliche Distanz zwischen Vorstand und Mitarbeiter ein wechselseitiges Phänomen ist: »Mir war schon klar, dass nicht alle ins Hotel gingen nach einer Tagung. Aber es ist eben lustiger, ohne den Chef unterwegs zu sein.« Einmal tadelt ihn sein Sohn nach einem Besuch im Telekom-Büro wegen all der übersehenen Mitarbeiter beim Gang durch das Gebäude. Er denkt schmunzelnd an die effektive familiäre Zivilisationsnachhilfe. Und ist froh darüber, dass seine Mitarbeiter ihn trotzdem als guten, vor allem ehrlichen Anführer wahrgenommen haben.
    Inzwischen fällt es ihm leichter, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Gerade heute hat ihn ein Mann am Parkhausschalter mit Namen angesprochen und sich für die Verzögerung entschuldigt, die es gar nicht gab. Dann plauderten sie kurz miteinander. Auch beim Wandern auf dem Berg wird er heute freudig begrüßt, anders als früher. Er sagt, er findet es toll und »Ohne Macht ist man mehr Mensch.« Unflätig war bisher nur einer, alle anderen sind höflich. An seinen Namen erinnern sich immer wenigere und manchmal fehlt denen sogar die Zuordnung. Kürzlich wurde er für einen Serienstar gehalten. Lindenstraße, nicht seine Sendung. Aber die Entwicklung sei doch insgesamt

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