Macht Musik schlau?
dieBewegungen erheblich zu (bei gleichzeitiger Abnahme der Fixationszeit des Lautsprechers) (s. Abb. 47 ). Die Autoren werten die Zunahme der Bewegungen als ein Zeichen des Unbehagens, welches die Babys während des Hörens der dissonanten Musik empfinden. Die Zunahme der Fixationszeit der Schallquelle wird dagegen als ein Indikator für das gesteigerte Wohlbefinden interpretiert. Beide Interpretation sind auf der Basis der aktuellen Literaturlage durchaus plausibel, denn es ist schon seit langem bekannt, dass Babys jene Objekte länger betrachten, die ihnen gefallen und die bei ihnen offenbar angenehme Gefühle auslösen. Ebenso ist bekannt, dass bei einer Zunahme unangenehmer Gefühle die motorische Aktivität zunimmt. Insgesamt bewerten die Autoren ihre Befunde als eine Bestätigung der These, dass Babys aufgrund angeborener Reaktionsmuster konsonante Musik, Klänge, oder Intervalle bevorzugen.
Obwohl in dieser Studie vier Monate alte Babys untersucht wurden, bedeutet dies noch lange nicht, dass hier ausschlieÃlich genetischbestimmte Mechanismen zum Tragen gekommen sind. Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass die Babys schon häufig konsonante Musik gehört und bereits unbewusst eine Vorliebe für diese Art der Musik entwickelt haben. Im Hinblick auf den Spracherwerb ist bekannt, dass bereits im 6. Monat Sprachlaute der Muttersprache und auch individuelle Aspekte der Muttersprache gelernt werden. Dies funktioniert nach dem gegenwärtigen Wissensstand auf der Basis von statistischem Lernen. Wahrscheinlich hängt die Stärke der neuronalen Verankerung linear von der Häufigkeit des Hörens dieser Laute ab. Das bedeutet, das häufig gehörte Sprachlaute sich stärker im neuronalen Sprachnetzwerk etablieren als selten gehörte Laute. In diesem Sinne könnte man sich vorstellen, dass sich auch bestimmte Merkmale von Musik und/oder Klängen im neuronalen Sprachnetzwerk verfestigen. Da Musik, Klänge und Gesang wahrscheinlich für das Baby, das noch nicht über eine ausgeklügelte und effizient funktionierende Sprachkompetenz verfügt, eine besondere Bedeutung für die Ãbermittelung von emotionalen Informationen haben, könnten sich schon früh die musikähnlichen akustischen Reize relativ fest im neuronalen Netz etabliert haben. Vielleicht gelingt dieses Lernen sogar bereits vorgeburtlich. Dafür existieren derzeit keine gesicherten Erkenntnisse. Unwahrscheinlich ist dies jedoch nicht, denn der Hörkortex, der für die Verarbeitung der akustischen Reize verantwortlich ist, ist ungefähr nach dem 5. vorgeburtlichen Monat einigermaÃen funktionsfähig. Wahrscheinlich kann das ungeborene Kind bereits im 6. bis 9. vorgeburtlichen Monat auf Klänge und/oder Geräusche reagieren.
Abbildung 47 : Zusammenfassung der Ergebnisse des Versuchs von Zeltner und Kagan (1996). Die Grafik wurde anhand der Originaldaten modifiziert. Dargestellt sind die Fixationszeit und die Bewegungsdauer, die für die Babys beim Hören von konsonanter und dissonanter Musik gemessen werden konnten. Man erkennt, dass beim Hören konsonanter Musik die Babys länger auf die Schallquelle schauen und sich weniger bewegen.
Mögen Affen Musik?
Man liest ja gelegentlich, dass Kühe, die schöne Musik hören (bevorzugt Mozart-Musik) mehr Milch geben sollen und dass Pflanzen bei Musikbeschallung besser wachsen würden. Eine vertiefte Diskussion dieser merkwürdigen Berichte will ich mir an dieser Stelle ersparen. Ich erlaube mir jedoch zu fragen, ob die uns evolutionär nahestehenden Affen auch so etwas wie Musikpräferenzen haben. Vielleicht mögen sie ja die gleiche Musik wie wir Menschen? Wenn dem so wäre, dann könnte man durchaus argumentieren, dass bestimmte Musik so etwas wie fest verdrahtete Präferenzmuster im Gehirn aktivieren würde, die dann mit bestimmten Gefühlen gekoppelt wären. Zwei Wissenschaftler von der Harvard Universität und dem Massachusetts Institute of Technology, MIT, in Boston haben im Rahmen von zwei Experimenten überprüft, ob bestimmte Affen (Pinseläffchen und Krallenaffen) Musikpräferenzenhaben (McDermott und Hauser, 2007). Die kleinen Krallenaffen werden auch als Liszt-Ãffchen bezeichnet, weil ihr Kopfschmuck an die Haarpracht des berühmten Komponisten Franz Liszt erinnert. Die Wissenschaftler haben eine Apparatur gebaut, die wie ein V aussieht und aus zwei Gängen besteht,
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