Macht nichts, Darling
konnte, fuhr Aloysius zu ihr herum und forderte kategorisch, sie habe diesen unverschämten alten Kerl fristlos zu entlassen.
Sally trat baß erstaunt einen Schritt zurück. Sie glaubte, nicht recht gehört zu haben. »Wen soll ich entlassen? Matt?« flüsterte sie schwach.
»Jawohl! Er beleidigt mich fortgesetzt! Siehst du diese Hosen?« Die Frage war überflüssig; das grelle Gelb darauf mußte jedem in die Augen stechen. »Vorhin setzte ich mich nachdenklich auf die Veranda — woanders kann man ja hier nicht in Ruhe sitzen — und was ist das Resultat? Meine teuren Hosen sind ruiniert, und zwar durch die grobe Fahrlässigkeit dieses jungen Mannes.«
»Aber Onkel, du wußtest doch, daß er jetzt die Veranda malt«, stammelte Sally, ohne seine Anklage damit aufzuhalten.
»Selbstverständlich verlangte ich von ihm, daß er mir die Reinigungskosten ersetzt. Eine mäßige Forderung, sollte ich meinen, denn falls sie nicht mehr zu reinigen sind, bin ich möglicherweise gezwungen, mir ein neues Paar zu kaufen.«
»Das wäre das erstemal, daß Sie in die Tasche greifen, seit Sie hier sind«, warf Matthew ein, und Archie prustete unbeherrscht heraus.
»Laß doch, Matt«, flehte Sally. »Es tut mir leid, Onkel, daß Matt grob geworden ist, aber — «
Ihr Schlichtungsversuch war ein Fehler, denn jetzt kam Archie seinem Verbündeten zu Hilfe. »Das mit der Schokolade war zuviel für ihn«, erklärte er geheimnisvoll, und Sally blickte nun vollends verwirrt von einem zum andern.
»Eine kleine eiserne Reserve zur Erhaltung meiner Kräfte — « begann Onkel Aloysius, aber Matthew fiel ihm wütend in die Rede: »Seine ganze verdammte Reisetasche ist voller Keks und Schokolade — hat er dir vielleicht je ein Krümchen davon angeboten?« Die Frage klang so dramatisch, daß Sally alle Mühe hatte, nicht herauszuplatzen. Darum also roch es so süß in Onkel Aloysius’ Zimmer! »Aber Matt«, sagte sie sanft verweisend, »es geht dich doch nichts an, was Onkel Aloysius in seiner Reisetasche hat.«
Sie stach in ein Wespennest. »Wenn du denkst, ich schnüffle in seinem stinkigen Zeugs herum, kennst du mich schlecht, Sally! Ich wollte mir bloß meine Taschenlampe holen, die ich ihm letzte Nacht geliehen habe — jeder anständige Mensch gibt geliehene Sachen von selber zurück und dabei bin ich über die Tasche gestolpert, und die Tasche ist aufgesprungen, und drin waren kiloweise Keks und Pralinen. Und du kriegst nie irgendwas, außer von Archie, und mästest den alten Schnorrer noch obendrein wie einen Kapaun.«
Onkel Aloysius ignorierte hochmütig all diese Anwürfe und wiederholte lediglich seine Forderung, Matthew sei fristlos zu entlassen.
Sally holte tief Luft. Es war schlimm, einen alten Mann beleidigen zu müssen, der noch dazu ihr Großonkel war, aber... Noch in diesem gespannten Moment fiel ihr ein, daß ihr Vater Onkel Aloysius nie erwähnt hatte, außer einmal, lachend: »Dieser verrückte alte Spökenkieker in Australien...« Also es stimmte schon mit der Verwandtschaft. Aber Matthew stand ihr unvergleichlich viel näher, er war der treueste Freund ihres Vaters gewesen, und nun war er ihrer — ihr bester, zuverlässigster Freund. »Du weißt nicht, was du sagst, Onkel«, erwiderte sie. »Ich trenne mich nicht von Matthew, für nichts und niemanden. Er gehört hierher wie ich. Wir haben alles miteinander geteilt, solange ich lebe. Wenn seine Anwesenheit dich stört, dann... es tut mir leid, aber dann mußt du eben gehen, nicht er.«
Es war heraus. Sie hatte praktisch ihren ältesten Blutverwandten vor die Tür gesetzt. Und sie schämte sich dessen, besonders angesichts der triumphierenden Mienen von Matthew und Archie, der so weit ging, Matt unter unmanierlichen Freudebekundigungen fast die Hand aus dem Gelenk zu schütteln und ihn zu einer sofortigen Mopedfahrt einzuladen, »damit wir das in der Dorfkneipe feiern können«.
Völlig unvorhergesehen und verblüffend aber war Onkel Aloysius’ Reaktion auf Sallys Ultimatum. Er war weder empört noch gekränkt, höchstens ein wenig ärgerlich — aber längst nicht ärgerlich genug, um deswegen von seiner großen Aufgabe abzulassen. »Wie du willst, liebe Nichte«, sagte er achselzuckend, »obwohl es mich jammert, dich weiterhin in den Klauen dieses alten Ignoranten zu sehen. Fortan ist er Luft für mich. Ich werde meines Weges gehen und ihn nicht mehr beachten«, und damit ging er, die unvermeidliche Kamera über der Schulter, mit gesammelter Miene auf die
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