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Macht nichts, Darling

Macht nichts, Darling

Titel: Macht nichts, Darling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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von oben eine bessere Übersicht zu gewinnen. Hier wurde Sally zum erstenmal ein wenig enttäuscht, denn Judith sagte: »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, warte ich so lange hier. Leider habe ich mir neulich ein bißchen den Fuß verstaucht, und beim Steigen spüre ich’s noch. Sie bleiben ja nicht lange, nicht wahr?«
    Sally widerstand heroisch der Versuchung, Simon zum Verweilen bei Judith zu überreden, und folgte den andern hügelan. Vom Gipfel sah man weit ins Land und konnte sich vom Wert der ausgedehnten Besitzung überzeugen, und Sally lauschte hingerissen den Kommentaren der hier Ansässigen. Unversehens rutschte ihr der sehnsüchtige Satz heraus: »Es muß herrlich sein, wenn man das Land ordentlich bearbeiten kann, wenn man genügend Leute und Geld dazu hat und sieht, wie alles vorankommt, statt...« Hier stockte sie und schaltete schleunigst auf ihren frischen Normalton um. »Aber ich glaube, wir müssen jetzt wieder hinunter. Judith wartet schon eine ganze Weile. Zu dumm, daß sie sich den Fuß verknackst hat. Ich wußte noch gar nichts davon, aber das ist eben echt Judith: Sie macht kein Aufhebens um ihre Wehwehchen, wenn es nicht unbedingt sein muß.«
    Sie gingen bis zu der Bank zurück, an der sie Judith verlassen hatten, fanden sie aber leer. »Wahrscheinlich ist sie schon wieder bei Tante Dorothy«, meinte Sally und verabschiedete sich von ihren beiden Begleitern. »Komm, Simon, wir wollen sie fragen, was sie vielleicht noch sehen möchte.«
    »Gleich. Ich muß nur noch einen Moment in den Wollschuppen. Ich habe gestern mein Abrechnungsbuch dort vergessen. Kommst du mit, oder erträgt dein feines Näschen den Gestank immer noch nicht?«
    »Den Hieb kannst du dir sparen, Simon. Du weißt ganz genau, daß ich das letztesmal nur gesagt habe, um von der armen Nan und ihren Niesanfällen abzulenken. Bei Judith ist gottlob kein Mantel der Barmherzigkeit nötig, nicht? Sie benimmt sich in jeder Situation tadellos, und — «
    Sie verstummte wie vor den Kopf geschlagen, denn Simon hatte eben die Tür des Wollschuppens aufgestoßen — und da war Judith. Und sie benahm sich durchaus nicht tadellos. Sie lag in den Armen eines großen und gutaussehenden jungen Mannes.
    Beim öffnen der Tür fuhren beide herum, und Sally hätte beinahe den Kopf verloren und Fersengeld gegeben, wenn Judith sie nicht mit frappierender Kaltblütigkeit zurückgerufen hätte. Dabei stand sie immer noch Hand in Hand mit dem Fremden und schämte sich offenbar nicht besonders, obwohl ihr sonst blasses Gesicht rosig angehaucht war. Sally stotterte eine Entschuldigung, die Judith mit einem beklagenswert leichtfertigen Lachen unterbrach.
    »Nicht nötig, Sally... Und Sie, Mr. Hunter, schauen Sie bitte nicht so verlegen drein. Darf ich Ihnen Jan Fraser vorstellen. Sally?«
    »Ich erinnere mich«, sagte Sally, deren Enttäuschung sich schnell in Erbitterung verwandelte. »Herdenaufseher hier und Bücherkunde bei Ihnen.«
    Die Bemerkung mochte ja blöd sein, aber das saubere Pärchen brauchte daraufhin nicht gerade so einen Blick lächelnden Einverständnisses zu tauschen... Sally nahm ihnen diesen Blick ebenso übel wie die Vereitelung ihrer hochherzigen Pläne. Für Simon war Judith natürlich erledigt; er hielt nichts von Mädchen, die wahllos herumflirteten, und Judith hatte sich in flagranti ertappen lassen. Das Ganze war Sally ein Rätsel. Sie hätte die Hand dafür ins Feuer gelegt, daß Judith nicht »so eine« war, aber sie kannte den jungen Mann doch erst seit ganz kurzem. Wie man sich doch in einem Menschen täuschen konnte!
    Jan hatte Judiths Hand inzwischen losgelassen und wandte sich an Simon. »Sie wundern sich vermutlich sehr über mich, Mr. Hunter. Darum halte ich es für besser, wir sagen Ihnen die Wahrheit — oder was meinst du, Judith?«
    »Ja. Ich hätte es Sally sowieso bald erzählt, und Mr. Hunter hat jetzt natürlich ein Recht darauf, es zu wissen.«
    Sallys Gefühle schlugen plötzlich grundlos in freudige Rührung um. »O Judith«, rief sie, »heißt das, ihr seid verlobt — oder ernsthafte Liebesleute — oder so was Ähnliches?«
    »Wir sind ernsthafte Liebesleute«, bestätigte Judith lächelnd, »aber wir sind nicht verlobt. Wir sind verheiratet.«
    Dies hätte eigentlich wie eine vernichtende Bombe einschlagen müssen, dachte Sally später, aber als sie das Paar so dastehen sah und die rosenrote, strahlende Judith schöner fand denn je, fühlte sie nur einen eigenartigen Stich — der Freude? Aber gab es denn

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