Macht nichts, Darling
Seite stand, sie so oft wie möglich besuchen und sie, sobald eines der Gastzimmer wieder frei war, einmal übers Wochenende auf die Farm einladen. Aber vor allem mußte sie Judith demnächst mit List oder Gewalt auf Luthens einführen.
Sie schüttete Alice, die sie an einem der nächsten Tage besuchte, diesbezüglich restlos ihr Herz aus. Doch zu ihrer leichten Enttäuschung malten sich starke Zweifel in Alices Gesicht. »Ich bin natürlich überzeugt, daß Judith so ist, wie du sagst, und ich würde mich freuen, wenn du sie mal zu mir mitbrächtest, aber — laß Simon jetzt lieber allein mit seinen Privatangelegenheiten fertigwerden. Du hast mit deinen eigenen überreichlich zu tun, wie ich sehe.«
Sie hatte mit stillem Grausen Sallys durcheinandergeratenen Haushalt in Augenschein genommen. Am problematischsten erschien ihr im Moment der windschiefe Pavillon nebst seinem triumphierenden Erbauer Archie, der soeben dabei war, sein Kunstwerk leuchtend gelb anzustreichen. Die Farbe hatte er trotz Sallys zaghaftem Einspruch selbst gekauft.
»Nichts wirkt so sonnig wie ein paar Kleckse Gelb«, hatte er voller Tatendrang angekündigt. »Vielleicht streiche ich hinterher auch noch die Fensterläden und das Verandageländer. Macht das alte Haus bestimmt gleich viel freundlicher.«
Sally hatte zu bedenken gegeben, daß die Schäbigkeit der nichtgestrichenen Teile dann nur noch mehr auffiele, aber Archies Blut war nun einmal in Wallung und durch nichts mehr zu zügeln. »Ich fürchte, er hinterläßt uns ein knallrotes Haus mit gelben Verzierungen«, sagte Sally zu Alice und Trevor, der seine Frau ausnahmsweise begleitet hatte. Daß Alister mit von der Partie war, verstand sich von selbst.
»Das ist noch das wenigste«, meinte Trevor zu dem angedrohten Farbenrausch. »Laß du lieber Simon in Ruhe und hör auf, dauernd seinetwegen die Fühler auszustrecken! Du hast im eigenen Hause genügend auf dem Hals und brauchst dich nicht auch noch um andere Leute zu kümmern.«
Trevor war von den Zuständen bei Sally einigermaßen erschüttert, insbesondere von Onkel Aloysius, der beim Mittagessen die Unterhaltung an sich riß und sich des langen und breiten über Sir Conan Doyles Untersuchungsmethoden erging, ungeheure Mengen in sich hineinschaufelte und Archie, der zwischendurch von seinem Pavillon reden wollte, grob den Mund verbot. Zur allgemeinen Erleichterung hängte der Alte sich nach Tisch die Kamera um und begab sich in den Busch, wo er am Vortag »etwas« gesehen zu haben erklärte.
Matthews übellaunige Randbemerkung, dieses Etwas sei vermutlich Daisys Kalb, überhörte er mit großartiger Verachtung und stakste hinaus.
Die Freunde, endlich wieder allein, fanden nicht gleich den Übergang von der deprimierten Stimmung, in der er sie zurückgelassen hatte. Selbst Sally entrang sich ein tiefer Seufzer. Hätte sie dem Alten doch nie geschrieben! Aber er hatte ihr so leid getan, unverheiratet und einsam, wie er war, und ohne eine Menschenseele, die ihn an seinem Lebensabend umsorgte. Nun saß ihr die Angst im Nacken, daß sie vom Schicksal zu dieser schönen Aufgabe auserlesen war.
Trotzdem war sie fähig, mit einem inneren Ruck alle damit verbundenen Zukunftsbilder von sich zu weisen und ihren Freunden zu erzählen, ihre Lage sei im Moment eigentlich recht hoffnungsvoll. Die Bank sei wieder einmal »abgewimmelt«, und Mr. Ford würde sicher bald einen finanzkräftigen Käufer schicken, der einen so anständigen Preis für die Farm zahlte, daß sie und Matthew nach Begleichung aller Schulden noch genug für den Erwerb eines kleineren Grundstücks übrig hätten, wo sie ein paar Milchkühe und Hühner halten, Gemüse ziehen und eine ertragreiche Obstplantage anlegen könnten. Dann brauchten sie sich auch nicht von ihren Lieblingstieren zu trennen: von dem alten Schäferhund Tip, vom Kater Jeremias, von der Milchleistungsrekordlerin Daisy und von Vaters hinterlassenem Pferd Trigger, das Sally so gern ritt, wenn sie dazu kam. »Wo wir hingehen, ist bestimmt eine Hindernisbahn in der Nähe«, schwärmte sie, bar jedes logischen Zusammenhangs, »Trigger ist doch so ein blendender Springer und braucht Training!«
»Und wo läßt du deinen Onkel?« unterbrach Trevor herzlos.
Sally speiste ihn obenhin mit der Versicherung ab, Onkel Aloysius würde nach Verkauf der Farm »natürlich« nach Australien zurückkehren, wo er ja mit der Elfenbevölkerung auf du und du zu stehen scheine.
Ihre Stimme klang wieder so hell und
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