Macht: Thriller (German Edition)
2013 entstehen hier 102 geförderte Mietwohnungen. Info: Wohnservice Wien. « Also so was! Ameisgasse. Das hätte nach seinem Geschmack ruhig etwas subtiler ausfallen können! Trotzdem war es ein gutes Gefühl, mit seinen Überzeugungen nicht alleine zu sein. Aiakos blickte zu den Porträtfiguren unter dem Thron Maria Theresias hinauf und tippte sich mit der Zeitung an den Bauarbeiterhelm. Er stand von der Parkbank auf, steckte das Blatt in den Arbeitsoverall und griff nach der Werkzeugkiste. In seiner Brusttasche vibrierte es. Ach je! Aiakos las die Nachricht vom Display. »Tsts!« Er schüttelte den Kopf. Schlafende Hunde soll man nicht wecken, das wusste inzwischen doch wirklich jeder. Aiakos schlenderte mit dem Werkzeugkasten davon. Als Werktätiger, der gewissenhaft seiner Arbeit nachging, hatte man dieser Tage nicht ein einziges Mal seine Ruhe!
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D as war ja leicht!« Josephine bestaunte das schwarze Täfelchen an der Absperrung vor dem Großen Turmbau von Pieter Bruegel dem Älteren in der Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums. Neben dem Ausschnitt aus dem Porträt des Kaisers von Hans von Aachen verkündete die weiße Serifenschrift: » Kaiser Rudolf II. und seine Sammlungen.«
Josephine betrachtete abwechselnd die Baustelle auf der Leinwand und das Konterfei auf der Beschriftung. Das Voynich-Manuskript und das Gemälde von Bruegel stammten beide aus der Privatkollektion Kaiser Rudolfs II.! Die Fäden verknoteten sich nicht nur in Gabriels Schatzkiste, sondern auch in der Wunderkammer des Alchimistenkaisers. Im Panoptikum dieses Bärtigen mit den Trinkeraugen, dem die Halskrause so unvorteilhaft auf den Vorbiss drückte.
»Was meinen Sie, bitte?« Die Asiatin mit Halstuch und im Uniformblazer, die ihnen von der Museumsleitung zur Seite gestellt worden war, legte den Kopf schief und sah Josephine mit großen Augen an.
»Nichts. – Das Gemälde hat Kaiser Rudolf II. gehört?« Josephine warf Gernot einen Blick zu, der hinter ihr auf der Besucherbank lümmelte.
Szombathy nickte und legte zum Zeichen, dass er den Wink verstanden hatte, die Hand auf die Aufbewahrungsbox. Er schloss die Lider und bettete den Nacken auf die Rückenlehne. Die Museumsluft, die Ölschinken und die Erdfarbenwahl der Saaltapezierungen drückten ihm aufs Gemüt. Im Bruegel-Saal ging es ja noch, aber auf dem Weg hierher hingen die Bilder neuerdings wieder in barocker Hängung. Rahmen an Rahmen, Groß und Klein, von ganz unten bis zu den Stuckreliefs an der Decke. Ein »Fischmarkt« hier, eine »Winterlandschaft« dort, ein »Bethlehemitischer Kindermord« von Cornelis van Haarlem weiter unten, eine Madonna mit Kind und Heiligen von Caspar de Crayer schräg gegenüber und zwischendrin dralle Nackte und Bodybuilder in antiken Rüstungen. Alles kunterbunt gemixt und die ganze Wand füllend. Die Besucher flüsterten und schlichen mit Audioguides und Broschüren durch die Säle, gut bewacht von der Saaldienerpatrouille. Gernot war nicht mehr bei den Niederländern in der Gemäldegalerie gewesen, seit er sie als Grundschüler mit seinem Vater besucht hatte. Jeden verdammten Sonntag.
Josephine verschränkte die Arme und zog die Brauen zusammen. »Ich meine, wie kam es dazu? – Bruegel ist doch beileibe keine große Nummer gewesen, eher eine große Unbekannte. Die Bilder des Niederländers sind den meisten Kunsthistorikern zu hässlich, zu derb gewesen. – Und Rudolf, der vielgepriesene Schöngeist, kauft sich ausgerechnet Werke von dem › Bauernbruegel ‹ für seine Kunstkammern?« Josephine breitete die Arme aus und machte einen Schritt zurück. »Die den Grundstein dieses renommierten Kunstmuseums bilden?«
»Ja, es stimmt.« Die Studentin strahlte Josephine an. »Lange Zeit wusste man über den älteren Bruegel gar nichts. Nicht seine Geburts- und Sterbedaten. Nicht, was seine Bilder zu bedeuten hätten. Zu vulgär, Sie verstehen. Aber zu seinen Lebzeiten wurde Bruegel für seine alptraumhaften Allegorien als › neuer Hieronymus Bosch ‹ gefeiert und bekam hochdotierte Aufträge. Und wie es scheint, hat seine Arbeit auch dem Kaiser gefallen. Die Wiener Version des Turmbaus zu Babel – es ist eine von zweien, die andere hängt im Museum Boijmans van Beuningen in Rotterdam – hat Rudolf II. von einem Bankier in Antwerpen erwerben lassen. Und das ist doch heute unser aller Glück, nicht wahr?« Sie lächelte.
»Über einen Strohmann aus dem Bankmilieu gekauft. Schau an!« Wotruba strich sich über den Mund.
»Nein,
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