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Macht: Thriller (German Edition)

Macht: Thriller (German Edition)

Titel: Macht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David G.L. Weiss
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das Polster und drückte es an ihre Brust. »Gut! Ich kann das nämlich nicht, wenn du – na, du weißt schon.«
    Szombathy küsste Josephines Schulter und legte seinen Arm um sie.
    »Hast du mal über Kinder nachgedacht?«, sagte Josephine nach einer Weile des stillen Dasitzens.
    »Wie bitte?« Gernot grinste und rutschte ein Stück nach hinten. »Heißt das, du hast meinen Antrag angenommen, und wir reden jetzt über Familienplanung?«
    Josephine schüttelte den Kopf. »Ich meine es ernst, Gernot. Gabriel, Gabriel wollte immer Kinder haben. Und Sophie und er haben Lilly gekriegt.«
    »Na und? Ist doch ein liebes Kind. Bisschen verdreht, aber OK.« Szombathy zuckte mit den Achseln. »Lilly wird ihren Weg schon machen. Irgendwie halt. Da mach ich mir gar keine Sorgen. Vielleicht in einer betreuten Wohngruppe, oder so, wenn die Alten sie loshaben wollen.«
    Josephine stierte vor sich hin. »Entschuldige, bitte«, sagte sie schließlich. »Mir geht grade etwas durch den Kopf.« Sie kletterte aus dem Bett, schlüpfte in den Morgenmantel und verschwand ins Wohnzimmer.
    Gernot starrte an die Decke. Er hörte, wie Josephine den Deckel von Gabriels Schachtel abhob und weglegte. Papier raschelte. Der Abend war dann wohl gelaufen.
    Szombathy stieg in seine Jeans und schlurfte in die Küche. Er setzte Kaffee auf, öffnete das Fenster und zündete sich eine Smart an. Dunkle Wolken mit silbernen Kanten glitten über den Nachthimmel. Sterne glänzten auf schwarzem Samt. Der Wind raschelte durch die Bäume, und der Verkehr brummte draußen an den Höfen vorbei. Alles könnte so schön sein, dachte er, wäre da nicht dieser Kopf auf seinen, auf jedermanns Schultern. Dieses Uhrgehäuse, in dem die Unruh das Werk auf Trab brachte und den Gang der Zahnräder regelte. Tick-Tack-Tick-Tack. Rastlos weiter, immer fragend, immer suchend. Solange die Feder es aushielt, und die Unrast die Lust antrieb, vor dem Horizont auf die Knie zu fallen und den Kopf durch den Stoff mit den Himmelslichtern zu stecken. Um mit eigenen Augen nachzuprüfen, was sich hinter Sonne, Mond und Sternen verbarg. Oder ob überhaupt etwas dahinter steckte. Wie der Mann mit Mantel und Stab auf dem Stich der Dürerschule von 1530. Der hatte Gernot fasziniert, seit er ihn als Kind zum ersten Mal angeschaut hatte. Auf dem Einband eines Ausstellungskatalogs aus dem Jahr 1970. »Die Epoche des überfließenden Sehvermögens!« Gernot lächelte und nickte. »Der Mensch im Weltraum.« Der Einband war silbern gewesen mit einem Loch. Es war im Himmelsgewölbe vor den Rädern und Sphären des Universums in der Grafik. Durch das Loch konnte man das Foto auf der ersten Seite sehen: Neil Armstrong im Raumanzug auf der Leiter der Landungsfähre. Fotos und Texte in dem Buch erzählten die Mondlandung ein Jahr danach. 1969, die neue Sicht auf die Welt.
    Gernot stützte sich gegen den Fensterrahmen und zog an der Zigarette. Kein Mond war zu erkennen heute. Er merkte auf sein Inneres und spürte, wie der Rauch seine Lungen füllte, und das Nikotin den Blutdruck in den Halsarterien hob. Er blies den Rauch in die Nacht hinaus und betrachtete den gelbbraunen Fleck im Filter zwischen seinen Fingerspitzen. Die Zigaretten brachten ihn wahrscheinlich irgendwann um, obwohl sie ihn anzogen, er sie brauchte. Es war im Grunde genau dasselbe, die Sucht nach dem Gift und nach dem Sinn. Beide endeten mit dem Tod.
    Und da sah Gernot Gabriel vor sich. »Erklär mir das, Gernot! Gib diesem Leben einen Sinn!«
    »Deinem?«
    »Nein. Dem hier!« Und Gabriel hatte auf sein blondes Kind gezeigt.
    Szombathy senkte den Blick und führte den Filter an die Lippen. Nach einiger Zeit schreckte er hoch und drehte sich um. Er roch Kaffee. Die Espressomaschine auf dem Herd fauchte und spuckte Dampf.
    »Gernot! Ich glaube, ich habe etwas. Sieh dir das an!« Josephines Stimme klang aufgeregt.

49
    A iakos rieb Finger und Daumen der rechten Hand gegeneinander. Die Haut an den Fingerspitzen und in den Handflächen war ganz rau und trocken vom Händewaschen. Zu dumm, dass er gerade heute die Handcreme vergessen hatte.
    »Ich bin wach!«, jubilierte die Radiomoderatorin. Verschiedene Stimmen wiederholten die Feststellung in diversen Dialekten. Die Moderatorin ging munter auf die x-te Wiederholung derselben Zuspielung ein und versprach aufs Neue, auch in den kommenden sechzig Minuten den Soundtrack für die ruhigen Stunden des Lebens bereit zu stellen, Nachtschwärmer und Schichtarbeiter hellwach durch die Nacht zu

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