Macht: Thriller (German Edition)
stützte sich auf dem Ellenbogen in die Kissen und strich Gernot mit dem Zeigefinger über den Nasenrücken.
Gernot lag ausgestreckt, die Hände hinter dem Kopf, neben ihr und starrte an die Decke. Er drehte sich auf die Seite, lächelte und zupfte Josephine ein paar hennarote Locken aus dem Gesicht. »Die sollen ruhig ein bisschen Abwechslung haben. Auf andre Gedanken kommen. Das Fernsehprogramm ist sowieso scheiße.«
»Hast du keine Freundin?«
Szombathy zog die Mundwinkel nach unten und schüttelte den Kopf. »Hat sich nie ergeben. Die, die ich wollte, wollten mich nicht. Und umgekehrt. – Und du? Wartet jemand auf dich? In Frankfurt?«
»Ich glaube nicht. Nein.«
Gernot lachte und rollte wieder auf den Rücken. »Du glaubst nicht? Was soll denn das bitte heißen? Entweder du hast jemanden, oder nicht. Von Freundschaft Plus halte ich nichts. Das ist wie Wassertrinken ohne Schlucken.«
Josephine zog die Beine an und legte die Stirn in Falten. »Machst du mir grade einen Antrag?«
»Ich? – Um Himmels willen! – Nein.« Gernot machte eine abwehrende Geste. »Wir kennen uns ja kaum.«
Josephine nahm ein Kissen und klatschte es Gernot aufs Gesicht. »Blödmann!«
Szombathys Brustkorb bebte. Er zog sich das Polster vom Gesicht und drückte Josephine die Daumen in die Seiten.
Josephine quietschte auf und wehrte so gut es ging die Arme ab.
Gernot ließ von ihr ab, schlug sein Kissen auf und setzte sich. »Wie viele waren es? Ich meine, zwischen Peter und mir?«
Josephine wickelte sich in die Decke und verschränkte die Arme. »Eines muss man dir wirklich lassen: Du hast Sinn für Romantik!«
»Entschuldige, du hast Recht. – Das war keine gute Frage.« Szombathy schlug die Decke zurück und schwang die Füße aus dem Bett. »Vergiss das, bitte. – Willst du was trinken? Ich bring dir was.«
»Mehr als du hoffst und viel weniger als du befürchtest.« Josephine ließ erst ihre Augen über Gernots Rücken wandern, dann die Finger über seine Wirbelsäule gleiten. »Warum hast du dich nie bei mir gemeldet, mir nie geantwortet? Warum bist du Soldat geworden, anstatt zu mir zu kommen?«
»Hat sich nie ergeben.« Gernot rieb sich über den Hinterkopf und hüstelte. »Naja. Meine Mutter hat darauf bestanden, dass ich in die Fußstapfen von Ferencz trete. In Wien. Hab ich gemacht. – Nicht so, wie sie es wollte. – Aber ich hab’s gemacht.«
»Nicht so, wie Rósza es gewollt hat?« Josephine zog die Brauen hoch. Sie hatte gut verstanden, was Gernot gemeint hatte mit »Hat sich nie ergeben«: Die, die er gewollt hatte, wollte ihn nicht. Dabei hatte sie ihn gewollt. Sie wollte ihn ja immer noch.
Gernot plumpste zurück in die Kissen und schlug die Beine übereinander. »Wenn es nach Rósza gegangen wäre, wäre ich Jurist geworden, wie Ferencz und Opa. Ich hab mich aber für des Kaisers bunten Rock entschieden.« Er kicherte. »Sie ist fuchsteufelswild geworden, die Gute. Wollte nie mehr mit mir reden, und so. Das hat sie aber nicht lange ausgehalten. Und ich auch nicht. Wenn man von daheim weg ist, schrumpeln die Differenzen zusammen, und das Gemeinsame sprengt jeden vernünftigen Rahmen …«
Josephine zog die Decke enger um sich. »Hast du jemanden getötet?«
Szombathy meinte, sich verhört zu haben, und sah Josephine an.
»Diesen Ahmed?«
»Nein!« Gernot formte über der Brust ein kleines Dach aus seinen Fingern und blickte finster. »Den haben andre auf dem Gewissen, nicht ich. Beschissene Eiferer, die selber nicht an das glauben, was sie verzapfen. Warum sprengen die sich eigentlich nicht alle selber in die Luft, wenn es für Märtyrer so geil wird im Paradies? Warum schicken sie Kinder und Idioten vor? – Hmmm? – Weißt du das?«
Josephine schüttelte den Kopf und richtete sich auf. »Und? Hast du jemanden getötet? Das war ja schließlich dein Beruf, oder nicht?«
Szombathy zog eine Augenbraue hoch. »Mein Beruf? Quatsch! – Josi, ich bin Peacekeeper gewesen, kein Tschetnik . Verglichen mit den bevölkerungsreichen Staaten sind unsere Kontingente ziemlich klein gewesen. Wir sind eigentlich kein einziges Mal unter ernstzunehmenden Beschuss geraten.« Er verstummte, schloss die Augen, kuschelte sich in den Polster und schmunzelte. »Mehr als du hoffst und viel weniger als du befürchtest …«
Zack! Das Kissen sauste auf Szombathys Kopf. »Blödmann! Ich meine es ernst!«
Gernot hob die Arme über seinen Kopf. »Nein! Habe ich nicht! Lass es gut sein!«
Josephine schlang die Arme um
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