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Macht: Thriller (German Edition)

Macht: Thriller (German Edition)

Titel: Macht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David G.L. Weiss
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hochmotivierte aber leider völlig uninspirierte Privatforscher, waren zunächst von einem Kultobjekt der Kelten überzeugt. Nicht völlig zu Unrecht, wie ich zugestehen muss, weil keine hundert Meter vor dem Strand von Alraching eine Opferstätte dieser Vorfahren verortet ist. Die hinzugezogenen Landesarchäologen stuften den Fund sofort als Fälschung aus den Dreißigerjahren ein, als ein Relikt des Dritten Reiches. Als Fälschung, stellen Sie sich das vor! Die eilig zusammengetrommelte Journalistenmeute überbot sich danach mit despektierlichen Bezeichnungen für den Goldkessel.«
    »Sie nehmen das persönlich?« Pogitsch schmunzelte und polierte die Patina von einer der Relieffiguren. »Alleine den Materialwert schätze ich auf mehr als 100 000 Euro. Was kümmert es die mächtige Eiche, das sich die Schweine an ihr reiben?«
    »Der schnöde Mammon ist mir schnuppe!« Der Mann schüttelte zornig den Kopf. »Ich nehme den Zeitungen die › Fälschung ‹ krumm! Bei diesem Objekt handelt es sich nicht um eine Fälschung, sondern um ein eigenständiges Kunstwerk!«
    »Natürlich.« Pogitsch rubbelte weiter. »Und Sie vermuten, Ihr Kessel ist ein Schwesterstück dieses Originals aus dem Chiemsee.«
    »Nein, Herr Pogitsch. Ich weiß es!«
    Pogitsch legte das Poliertuch aus der Hand und zog die Brauen hoch. »Wieso sind Sie sich so sicher?«
    »Weil mein Kessel aus derselben Werkstatt wie der Goldene Chiemsee-Kessel stammt. Er wurde von Meister Otto Gahr geschaffen.« Das Gesicht des Mannes wirkte plötzlich seltsam versteinert. »Sie kennen sein Werk, nehme ich an?«
    »Nein, leider. Da muss ich passen«, log Pogitsch. Die Gegenwart des nächtlichen Besuchers wurde ihm schlagartig unangenehm. Das Spiel aus Licht und Schatten an den Figuren auf dem Kessel wechselte vom Feierlichen ins Bedrohliche. Vielleicht war es doch ein Fehler gewesen, heute Abend nicht mit seiner Frau in das Haus im Grünen gefahren zu sein. Es wäre ihm leicht gefallen, vormittags wieder in der Werkstatt zu sein, um diesen Szombathy wegen seines Rings zu treffen. Zwei mysteriöse Objekte an einem Tag und so seltsam verbunden, das konnte unmöglich Zufall sein. Möglicherweise barg das Risiko aber auch die Chance, mehr in Erfahrung zu bringen. »Ist Otto Gahrs Meisterstempel an dem Objekt? Können Sie mir die Punze zeigen, bitte?« Pogitsch machte eine einladende Geste und beugte sich interessiert über den Kesselrand.
    »Nein, ist er nicht«, lächelte sein Gegenüber. »Bestimmte Gegenstände aus Edelmetall besitzen die Eigenheit, weder Meisterzeichen noch Punzen zu tragen. Aber das wissen Sie. Ich wiederum weiß von meinem Großonkel, dass beide Goldkessel von Otto Gahr gemacht wurden. Für, sagen wir, sehr extravagante Auftraggeber. Mein Großonkel hat 1945 den Kessel an sich genommen und ihn auf dem Speicher seines Hofes vor den Alliierten versteckt. Ich habe seine Angaben überprüft. Ich weiß aus den Bestandslisten der SS, dass ein › Goldkessel, keltisch ‹ mit dem Vermerk › Wewelsburg, Otto Gahr ‹ versehen worden ist. Bei der Quelle handelt es sich um eine › Depositarliste ‹ vom 11. April 1945. Auf der mir vorliegenden durch die Gauleitung Schwaben vorgenommenen Abschrift einer vierseitigen Liste aus dem SS-RSHA sind fünfunddreißig Kunstgegenstände aufgeführt, die von SS-Jagdverbänden von Bayern ins südböhmische Strakonitz verbracht werden sollten. Aber weder der Transport aus Aluminiumkisten noch die Listen haben einer wissenschaftlichen Überprüfung standgehalten. Der angegebene Zielort Strakonitz existiert nicht, und der unterzeichnende SS-Offizier hat auf dem Dokument seinen eigenen Namen falsch geschrieben.« Der Mann lachte auf. »Peng! Da platzte für so manchen der Traum vom Wewelsburg-Gral aus dem Chiemsee. Aber die Goldkessel, Herr Pogitsch, die sind real. Und sie stammen von Otto Gahr. Genau wie so manch anderes von historischer Bedeutung. Ich kann gar nicht glauben, dass ein Mann ihrer Fachmannschaft noch nie etwas von Otto Gahr gehört haben will.«
    »Nun, es ist schon spät«, brummte Pogitsch und sah demonstrativ auf die Uhr.
    Der Besucher lüpfte die doppelte Manschette seines Hemdes und bestätigte mit einem Nicken. »Sie haben Recht. Ich möchte ihre Gastfreundschaft nicht über Gebühr in Anspruch nehmen.« Er stand auf und schlüpfte in Mantel und Lederhandschuhe.
    Pogitsch registrierte Manschettenknöpfe und goldene Rolex, erhob sich und geleitete den Mann hinaus.
    »O, eine Bitte hätte ich noch!«

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