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Macht: Thriller (German Edition)

Macht: Thriller (German Edition)

Titel: Macht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David G.L. Weiss
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memorierte Psalm 23: » Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich. Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar. «
    Die Männer rotteten sich am Achterdeck zusammen und blickten ängstlich nach Südwesten. Da war er wieder, der Spuk. Jemand musste es dem Kommandanten melden und ihn holen. » Avanti! Avanti!« Schnell, bevor die Panik erneut losbrach.
    Weyprecht legte die Lutherbibel vor sich auf den Tisch. Die Männer durften nicht den Glauben an ihn verlieren. Das war das Gebot der Stunde. Weyprecht öffnete die Schublade. Er drehte die Trommel des Revolvers und setzte sich die Waffe an die Schläfe. Er hatte sie alle enttäuscht. Alle! Wilczek und die Finanziers, die Schulkinder, die mit ihren Sammelbüchsen durch die Städte der Monarchie gezogen waren, die Presse, die die Hoffnung in die Herzen der Menschen gesät hatte, die Fahne des Kaiserreiches wehe bald über dem Nordpol, und, was für ihn am schwersten wog, die dreiundzwanzig Seelen, die sich ihm auf Gedeih und Verderb verschrieben hatten. Weyprecht lachte bitter. Er wusste, die Augen der fünfzig Millionen daheim waren auf den Norden gerichtet, auf ihn und seine Nussschale in den Schrecken des Eises und der Finsternis. Er wollte ihren Blicken entsagen, schlafen, die Lider schließen und nichts mehr von all dem wissen.
    Eine Faust trommelte gegen das Türblatt, die Kajütentür flog auf. Weyprecht schleuderte den Revolver in die Schublade und richtete sich auf.
    »Capitano! Capitano! Es ist wieder soweit. Es geistert wieder!«, rief der Bootsmann Pietro Lusina. Auf der Schwelle machte Lusina kehrt. Er wollte den Kommandanten nicht kompromittieren. Der Bootsmann beschloss in der Sekunde, was er soeben gesehen, für immer in seinem Herzen zu begraben.
    Weyprecht zog sich den Mantel straff, warf sich den Pelz über und stapfte hinterher. Lusina war ranghöher als er, ein Linienschiffskapitän, trotzdem folgte er ihm bedingungslos. Dass es gerade Lusina gewesen war, der seine Flucht vereitelt hatte, betrachtete er als Zeichen. Nie mehr ein Wort davon! Er musste die Männer nachhause bringen, koste es, was es wolle. Payer wird nicht aufgeben. Nicht, ehe der Oberleutnant den Nordpol erreicht, oder sie alle auf dem Marsch dahin krepiert waren.
    Weyprecht hörte schon von weitem das Getuschel. Er teilte die pelzbehangenen Schultern und schob sich in die Mitte. Tatsächlich, da war es wieder, das blaue Leuchten in unmittelbarer Nähe des Schiffes. Sie hatten es schon mehrfach gesichtet, aber nur einmal vermerkt. Einmal war ausreichend fantastisch, versicherte der Expedition schon genug Spott und Skepsis von den Herren in den geheizten Studierstuben. Vor seinem geistigen Auge sah Weyprecht das selbstgefällige Schmunzeln unter den Bärten und bekam eine Stinkwut. Die wärmte wenigstens für einen Moment.
    Weyprecht traute ja kaum seinen eigenen Sinnen. Wie in den Malen zuvor leuchtete ein Eisberg in gespenstischem Blau. Das Licht durchdrang von innen das Eis, und die ganze Formation strahlte. Bestimmt fand einer von den Bärten im Anzug eine naturwissenschaftliche Erklärung für das Leuchten, Algen oder Mikroben mit der Fähigkeit zur Lumineszenz. Ob zutreffend oder nicht, beruhigend allemal.
    Weyprecht beobachtete die Angst in den Augen der Männer, ihr Suchen nach Antworten. Mit mikroskopischen Lebewesen brauchte er den Seeleuten nicht zu kommen, in ihren Köpfen war der Klabautermann realer. Weyprecht drehte sich nach Lusina um, aber der war ratlos. Weyprecht senkte den Kopf und zerrieb Eiswucherungen mit dem Stiefel. Er blickte auf und erfasste eine Silhouette zwischen den Eisklüften. »Eisbär!«, brüllte er und streckte den Arm aus. »Eisbär achtern!«
    Hunger und Gier verscheuchten die Furcht und versteinerten die Mienen. »Eisbär! Eisbär!«, schrien die Männer, liefen kreuz und quer über die Decks und bewaffneten sich.
    Die Jäger Johann Haller und Alexander Klotz sprangen als Erste von Bord. Die Tiroler nahmen die Fährte auf, hasteten und stolperten durch Eis und Schnee. Das Atmen brannte in ihren Lungen wie Feuer. Der Festschmaus durfte nicht entwischen.
    Haller legte an und schoss aufs Geratewohl. Er traf das Raubtier in die Flanke, kurz über dem Hinterlauf.
    Der Eisbär brüllte

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