Macht und Rebel
Aussage überleben wir auch noch, wie üblich.
Fundamentalkritisch? Ach, die Kritik wird einfach durch Umarmung entschärft, wie üblich.
Innovativ? Ach, die Idee machen wir marktgerecht, wie üblich. Für billiges Geld. Schon steht der »Neuerer« da wie ein altmodischer Trottel. Verlasst euch auf uns.
Gleich mehrere der alten Lagerhallen im Hafen sind zu Büroräumen und fancy Businessräumen umgewandelt worden, mit trendy Inneneinrichtung, gestaltet von Homoarchitekten, die sich während der Planung lauter Insiderwörter wie »leere Strukturen«, »Module«, »Junk-Space« oder »architektonische Readymades« an die Homoköppe geworfen haben. Wir fahren zu einem der Lager, die noch Lager sind.
Ein Kerl um die fünfzig, mit dem wir schon ein paar Mal geredet haben, schließt uns das Lager auf und zeigt auf die Kartons. Er hat es fertig gebracht, sich auf BEIDE Unterarme eine Frau tätowieren zu lassen, die vom Teufel gefickt wird. Arolf nimmt die Sonnenbrille ab, denn hier drin ist es schwarz wie die Nacht.
»So, Jungs, sagt Bescheid, wenn ihr fertig seid, dann schließ ich wieder ab. Sitze im Wachraum«, sagt der Kerl.
»Ist hier drin kein Licht?«, frage ich.
»War letztes Mal welches?«, fragt er.
»Nein«, sage ich.
»Siehste«, sagt der Kerl.
Mir fällt auf, dass er für einen, der so tut, als wäre er der schlimmste Typ auf Erden, einen hübschen Hintern im Overall hat. Etwas breit, aber fest. Wäre ich eine Frau mit Vergewaltigungsfantasien, würde ich verdammt noch mal darüber fantasieren, dass er es mir besorgt, und zwar HART. Auf sämtlichen Kartons steht RICE und noch ein paar asiatische Zeichen, die sicher auch RICE bedeuten. Auf Indonesisch oder so. Schwer zu sagen.
»LICE«, sagt Arolf auf Pseudochinesisch und trägt zwei Kartons zum Transit. Insgesamt sind es dreißig Kartons. Catos orange Scheißkarre steht mit offenen Rückklappen zum Lagertor, und wir laden ein. In den Kartons ist KEIN Reis. Wenn Reis drin wäre, könnte ich nicht jedes Mal zwei davon tragen. Und Arolf auch nicht, dabei ist der in jeder Hinsicht besser gebaut als ich. Als wir fertig sind, klopfe ich ans Fenster des Wachraums, und der Kerl blickt träge von seiner Lektüre auf, einem – ja, tatsächlich – einem Porno, den er, bevor er aufsteht, über seinen Kaffeebecher legt. Hat ein paar Tricks gelernt, wie er an störungsreichen Tagen seinen Kaffee warm hält.
»Bis denne«, sagt er und grüßt mit zwei Fingern.
»Mm«, sage ich und erwidere den Gruß. Arolf hat die Sonnenbrille wieder auf. Wir fahren rüber zum östlichen Rand des Zentrums. Die Straße ist voller Araber. Ich will lieber NICHT wissen, worüber die den ganzen Tag lang reden. Arolf parkt in der Tsargata direkt vor PUSH, nachdem er einem, der uns fast den Parkplatz weggenommen hätte, WICHSER zugeschrien hat, so laut, dass sich seine Stimme überschlug. Er räuspert sich, schaltet die Zündung aus und zündet sich eine an. Ich mir auch. Wir sitzen in dem orangen Transit. Und grausen uns beide davor, Fatty entgegenzutreten.
Bis zum heutigen Tage habe ich mich irgendwie der Linken zugehörig gefühlt. Warum? Weil sie rebellionsfreundlich ist? Was war nur mit mir los? Der einzige Grund, aus dem ich JEMALS rebellieren würde, wäre, dass eine Gang linksdrehender autonomer Teufel mir auf die Eier gehen würde. Es ist UNTER aller Kanone, anzunehmen, dass ich mich jemals vom UNTERgrund ÜBERreden ließe. Ich bin ÜBERhaupt sicher, dass die UNTERgrund-UNTERmenschen absolut ungeeignet sind, die Macht zu ÜBERnehmen. Wer wollte sich schon von deren UNTERentwickelten ÜBERzeugungen vorschreiben lassen, wie er zu leben hat? Ich nicht. Das ist ÜBER jeden Zweifel erhaben.
»Wie viel wiegt Fatty, was meinst du?«, fragt Arolf.
»Weiß der Teufel, so 120,130 Kilo?«, sage ich.
»Dann hat er noch zehn, fünfzehn Jahre, statistisch gesehen«, sagt Arolf.
»Tja. Klingt wahrscheinlich, wenn man bedenkt, was der so isst und dass er noch nie in seinem Scheißleben schlank war«, sage ich. »Er ist 36, 37, oder –?«
»Schon gehört, dass er wegen Munan ausgetickt ist?« Arolf liebt abrupte Themenwechsel.
»Nein.«
»Munan hatte einen Köter in Fattys Wohnung mitgebracht, einen fetten Golden Retriever. Gehört seinem Onkel oder so. Und das Vieh hat aus Fattys Klo gesoffen. So weit, so gut. Köter saufen aus Klos, weiß man. Fatty auch. Aber dann hat der Hund angefangen, Fattys Klobrille abzulecken, und da ist Fatty ausgetickt.«
»Wegen so was?«
»Ja,
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