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Macht und Rebel

Titel: Macht und Rebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matias Faldbakken
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findet er es mithin ganz sinnvoll, sagen wir mal: in Fattys Interessensgebiet zu investieren. Möglich, dass Thong mit vierzehn für Fatty etwas alt ist, aber die Investition könnte sich lohnen, denkt Rebel.
    Getrieben von seinem Jugendfetisch, hat Fatty u.a. einen unveröffentlichten Roman geschrieben, »Das Kleine, Kleine Mädchen und der Große, Große Penis«, als Versuch, wie er es nennt, »die Tabus kalt in den Arsch zu ficken«. In Wirklichkeit ist das Buch nicht mehr als eine Wichsvorlage, aus der überdies deutlich hervorgeht, dass Fatty – anders als in seinen Wunschträumen – a) noch nie ein kleines Mädchen angefasst hat und b) in keiner Weise über einen großen Penis verfügt. Was bekanntlich bei Fetten wie ihm selten ist.
    Drittens interessiert sich Rebel dafür, die Konventionen des Geschlechtsverkehrs ein bisschen umzudefinieren. Er hat sich oft gewundert, warum man beim Ficken so verdammt ernst sein muss. Man soll auf Tod und Verderben »ganz hin und weg« und »völlig hingegeben« sein, dabei muss jeder zugeben, dass man nach ein paar Mal mit demselben Partner ohne weiteres aussteigen und zum Beispiel den Mund aufmachen und etwas sagen kann. Warum nicht ein bisschen mit dem Intimpartner plaudern? Genau das will er heute versuchen, falls Thong mitspielt.
     
    Viertens muss Rebel zugeben, dass er, mal abgesehen von den oben angeführten objektiven Gründen, große Lust hat, Thong wiederzusehen.
     
    Folgendermaßen sieht sein Zustand aus, was eigentlich bedeuten müsste, dass alles okay ist:
    Er ist unterwegs zu einem Treffen mit einem minderjährigen, problembeladenen Mädchen, mit dem er danach höchstwahrscheinlich hemmungslos vögeln wird. Er muss morgen nicht zur Arbeit. Er hat Geld.
    Er hat brandneue Kleider, die ziemlich gut sitzen. Er hat zu Hause 138 GB freien Speicherplatz auf seiner Festplatte.
    Sein Handy ist voll aufgeladen.
     
    Und darum fragt er sich: Warum ist NICHT alles okay, verdammt nochmal? Das könnte mehrere Ursachen haben. Ein ganz offensichtlicher Grund ist, dass er KEINE langfristige Perspektive hat. So könnte es ihm ergehen: »Ach, ihr habt Leben auf einem anderen Planeten gefunden? Na und?« Eine zweite Ursache könnte darin liegen, dass er gerade vor einem Supermarkt eine vierköpfige Familie sieht. Ein niederschmetternder Anblick. Die Mutter ist nicht zur Stelle. Er sieht den Jüngsten, den Mittleren, die Große Schwester und Papa. Und jetzt kommt das Schlimme: Alle sehen sie einander ähnlich. Oder genauer: Alle sehen sie Papa ähnlich. Kinder, die ihren Eltern ähnlich sehen, gehören zum Schlimmsten, was es gibt. Papa hat eine Eistüte mit sieben (!) bunten Kugeln in der Hand und weiß weder, wie dumm noch wie abstoßend er ist. Eltern-Kind-Ähnlichkeit ist aus mehreren Gründen widerwärtig und deprimierend:
     
Eltern-Kind-Ähnlichkeit tritt selbstverständlich besonders stark in Familien voller hässlicher, unbegabter und dummer Menschen in Erscheinung.
Vor allem die schlechten Eigenschaften (Hässlichkeit, Dummheit) schlagen in der Folgegeneration durch.
Es ist immer wieder erschreckend, dass hässliche und dumme Menschen aus Mangel an Selbsterkenntnis neue hässliche und dumme Versionen ihrer selbst in die Welt setzen.
Den Jüngsten, den Mittleren, die Große Schwester und Papa so nebeneinander zu sehen – wie Rebel es jetzt tut –, ist wie eine Vier-Bild-Diashow eines völlig überflüssigen Lebens durchzuklicken. Klickt man auf Papa, sieht man den Jüngsten in rund 42 Jahren. Der Jüngste weiß nicht, dass er einmal genauso dumm sein wird wie Papa, denn noch ist er – zu seinem Glück – noch dümmer als Papa. Und Papa in seiner Beschränktheit sieht nicht, wie deprimierend es ist, sich selbst und sein ödes Leben noch einmal in die Welt gesetzt zu haben.
     
    Rund zehn Meter von der hässlichen Familie entfernt, lässt gerade ein anderer Rotzbengel einen Luftballon platzen, und Rebel bekommt seine Hypothese bestätigt. Alle vier Idioten reagieren GENAU gleich und glotzen den Luftballonzerplatzer mit GENAU demselben dämlichen Gesichtsausdruck an. Rebel weiß nicht, was am deprimierendsten ist; dass Papa dreinschaut wie ein dussliger Vierjähriger, oder dass ein Vierjähriger dreinschaut wie ein ungebildeter, fetter Lohnarbeiter und Pornokonsument, nur drei, vier Jahrzehnte zu früh. Und jetzt kommt das Paradox: Rebel hat IMMER NOCH Lust zu ficken! Aber genau diese Erkenntnis lässt ihn Niedergeschlagenheit empfinden, egal wie viele Gigabyte er auf

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