Macht und Rebel
ein etwas schief zusammengebauter Vierzehnjähriger, mit ihr über das schreckliche Erlebnis reden wollen, aber erstens ist Papa nicht zu dem Treffen erschienen, und zweitens hat Ada ihrer Mutter und Kloakim folgende Überlegung serviert:
»Ich hab nur einfach die Augen zugemacht und mir vorgestellt, dass du mich fickst, Kloakim. Da hat es nicht wehgetan. Er hatte fast dieselbe Technik wie du, weißt du. Es tut nur weh, wenn man sich dagegen wehrt. Bei Vergewaltigungen und sonst auch.« Und da sind Mama und Kloakim ausgerastet. Sie schrien im Duett, sie solle bloß aus ihrer beider Leben abhauen und ja nie wiederkommen. Das nahm Klein-Ada ernst, packte ihren niedlichen Spice-Girls-Rucksack und stahl einen Haufen Geld aus Papas heimlichem Geldlager, von dem Johanne, Ehefrau und Mutter, nichts weiß, aber von dem ihre große Schwester ihr erzählt hat – das Geld liegt hinter seinen Porno-DVDs, ein geniales Versteck, denn Frau Johanne denkt, er weiß nicht, dass sie von dem DVD-Lager weiß, aber er weiß natürlich, dass sie davon weiß, und recycelt daher das DVD-Versteck als weiteres Versteck, denn er ist schlau genug, zu begreifen, dass sie nicht schlau genug ist, hinter der einen Lüge (dem DVD-Lager) nach einer zweiten Lüge zu suchen, denn sie denkt, er wüsste nicht, dass sie von Lüge Nummer eins weiß (dem DVD-Lager) –, um dann den Zug in die Hauptstadt zu nehmen.
Es ist ungefähr 19 Uhr, als sie an der Wohnungstür ihrer Schwester Ina klingelt, hier bereits unter dem Namen Thong bekannt. Thong macht auf und ist stinkig, lässt sie aber rein. Als Erstes deutet sie auf die Tangastrings, die über Adas Hosenbund schauen:
»Sagt'n Mama dazu?«, und Ada, die wir jetzt Thong Jr. nennen können, antwortet:
»Hä… nix.«
Diese dünnen Tangastrings sind es gewesen, die den 17-jährigen »Vergewaltiger« dazu angeregt haben, Thong Jr. zu »vergewaltigen«. Der »Vergewaltiger« kam frisch vom Dorf, hatte keine Geschwister und noch nicht mitbekommen, dass man heutzutage nach dem Windelstadium die Windeln gegen String-Tangas eintauscht. Er hat sich von der Ähnlichkeit von Thong Jr.'s Hüftpartie mit jenen Hüftpartien faszinieren lassen, die er in – Überraschung! – seines Papas vielen, vielen DVDS gesehen hat, welche dieser ausgerechnet im Kühlschrank versteckte, weil nämlich die Dame des Hauses in höchstem Maße idealistisch und eine Feministin der alten Schule ist und unter gar keinen Umständen die Kühlschranktür aufmacht. Irgendeine idealistische Vorstellung hat seinerzeit auch dafür gesorgt, dass sie und ihr Mann Jan (jetzt DVD-Jan) aufs Dorf rauszogen. Und das Ergebnis? Ein 17-jähriger Sohn, Schüler und »Vergewaltiger«, der jedesmal, wenn er Magermilch für seine Cornflakes holt, Titel wie diese hier zu lesen kriegt: ANALOGIE & METAWHORES, KING THONG, 9 1/2 FREAKS, BANALSEX ODER FROM THE VIEWPOINT OF ONE-EYED JACK.
Genug davon; Thong und Thong Jr. setzen sich ins Wohnzimmer, machen sich jede eine Zigarette an und besprechen, dass Thong Jr. bei Thong wohnen bleiben soll, bis die zu Hause sich beruhigt haben, mit anderen Worten nie, aber woher sollen die Mädchen das jetzt wissen? Zunächst wird Thong Jr. mit einer Gang Einwandererjungs bekannt gemacht, die im Wohnzimmer rumsitzen, darunter diejenigen, die Rebel gestern für seine Zwecke ausgenutzt hat, danach hilft sie Thong und deren Freundin Silvia, die ebenfalls hier wohnt, natürlich ebenfalls ein Problemkind, die Einwandererjungs vor die Tür zu setzen und Hausputz zu machen. Zwei Stunden darauf klingelt Thongs Handy. Es ist Rebel.
Die fünfte Überraschung des Tages:
Rebel ist unterwegs ins EASTSÜD, um Thong zu treffen. Er hat nur ein paar Stunden zu Hause gesessen, bevor er sie angerufen hat. Dafür gibt es mehrere Gründe:
Erstens hat er heute nacht einen Paradigmenwechsel in seinem Menschenbild erlebt. Dieses hat lange so funktioniert – und es ist schwierig, zu sagen, ob das ein Mangel ist oder nicht –, dass Rebel Kontakte ausschließlich zu Menschen haben konnte, die ENTWEDER extrem intelligent (lies auch: lustig) ODER extrem gutaussehend sind. Heute Nacht ist also die Kategorie »jung« dazugekommen, was sein soziales Spielfeld um 33% erhöht, und so was passiert ja nicht alle Tage. Jetzt kann er also wählen zwischen:
den extrem Intelligenten
den extrem Gutaussehenden
den extrem Jungen
Zweitens weiß Rebel, dass junge Mädchen Fattys größte Schwäche sind. In seinem soeben angelaufenen Kampf gegen Fatty
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